In Lüneburg sind weiterhin kontinuierlich Demo und Kerzenzüge, wo u.a. auch Peter Guhl am 20. Februar auf dem Marktplatz sein Märchen erzählte (siehe Video und Text) und am Folgetag ein geniales Lied dort von allen Menschen gesungen wurde. Dieses Lied (siehe Text ) könnte in Zukunft bei allen Mittelstands-Demos gesungen werden.

Hier Text vom Lied, zuerst gesungen auf dem Marktplatz von Lüneburg, 21.2.2024

„Im Januar der Bauer den Trecker betankt; er muss protestieren – dem Staat sei’s gedankt..“

Im Januar der Bauer den Trecker betankt; er muss protestieren – dem Staat sei’s gedankt.

Er fährt auf den Straßen in die Hauptstadt, und zeigt der Regierung: Euch habe ich satt!!!

So sehen es viele und schließen sich an; ein jeder der klug ist und nachdenken kann.

Frustriert ist der Handwerker und Spediteur, doch auch andr’e Bürger, die ärgern sich sehr.

In allen Bereichen wächst Bürokratie und Zeit für die Praxis bleibt wenig wie nie.

Die Höfe, sie sterben, Betriebe geh’n ein.

Das kann doch nicht sinnvoll für unser Land sein.

Wenn wir jetzt nicht handeln, dann ist es zu spät, dann hat unser Bauer das Letzte gesät.

Bald wird uns’re Nahrung genmanipuliert oder aus Laboren uns künstlich serviert.

Wir geh’n auf die Straße, wir zeigen Unmut und hoffen natürlich, dass alles wird gut und stehen zusammen, fest Hand in Hand – für unsere Zukunft im Mittelstand.

Und hier das Märchen von Peter Guhl, aus seiner Rede auf dem Marktplatz Lüneburg, 20.2.2024 „Denk ich an ….“

Denk ich an Kutschen in der Nacht …

Wenn ich abends nicht einschlafen kann, habe ich oft einen Film vor Augen:

Eine riesige prunkvolle Kutsche wird von ganz vielen fleißigen Pferden gezogen. Vorne sitzen die Kutscher, die sagen, wo es lang geht.

Hinter den Kutschern sitzen ganz viele, die aufpassen sollen, dass die Pferde auch genau das tun, was die Kutscher wollen.

Auf einer schönen breiten und glatten Straße macht die Fahrt allen viel Spaß. Die Pferde traben, es geht den Pferden gut, sie verdienen sich gutes Heu und Hafer dazu und dadurch geht es ordentlich voran durch die blühenden Landschaften. 

Hinten auf der Kutsche sitzen auch ganz viele Pferde. Es werden ständig mehr, weil alte Pferde, die die Kutsche lange Jahre gezogen haben, es sich verdient haben, nun bequem mitzufahren.

Kranke Pferde sitzen auf der Kutsche und die, die sich um die alten und kranken Pferde gut kümmern.

Viele junge Pferde, Fohlen sitzen dort, die noch lernen müssen, wie man die Kutsche später richtig zieht. Und die, die Ihnen beibringen sollen, wie das funktioniert mit der Kutsche und dem ziehen.

Aber ich sehe auch, dass die Pferde, die die Kutsche ziehen immer weniger werden. Es sind nicht genug Fohlen geboren in der letzten Zeit. Jedenfalls weniger, als alte und kranke Pferde aus dem Geschirr genommen werden und sich auf die Kutsche setzten dürfen.

Einige junge Pferde wollen sich auch gar nicht anspannen lassen, einige haben die Schritte nicht richtig gelernt.

So wird es für die Pferde immer schwerer, die Kutsche zu ziehen.

Jetzt kommt eine lange Strecke, die zusätzlich auch noch bergauf geht. Die Straße ist kaum noch zu erkennen und sie hat viele Schlaglöcher.

Die Kutscher ändern dabei oft die Richtung, keines der Pferde kann erkennen, wo es genau hingehen soll. Ob die Kutscher es überhaupt wissen?

Hin und wieder wechselt der Chefkutscher. Der neue Chefkutscher verspricht jedes Mal, dass es bald mehr Heu und Hafer geben soll für alle Pferde. Und dass die Straße bald viel besser wird. Und dass man bald die inzwischen gar nicht mehr so prunkvolle Kutsche reparieren wird.

Dazu gibt es erstmal immer ganz neue Regeln für die Reise. Und viele neue Pferde, die neben ihm in der ersten Reihe Platz nehmen und auch die Zügel halten sollen.

Einige von ihnen haben selbst gar nicht erlernt, wie man eine Kutsche zieht. Trotzdem dürfen sie lenken. Darum kommt die Kutsche manchmal vom Weg ab, rutscht gar in Schieflage.

Die Kutscher verteilen jetzt Ziegelsteine in die Satteltaschen der ziehenden Pferde. Immer mehr Ziegelsteine werden von den Kutschern verteilt.

Die meisten der Ziegelsteine sind schief und haben Risse. Daher wissen die Pferde gar nicht, wozu die mitgenommen werden. Einen stabilen Stall kann man daraus sicher nicht errichten.

Auf Anweisung der Kutscher erlassen die Aufpasser in der zweiten Reihe jetzt immer neue Regeln: Die Schritte der ziehenden Pferde sollen gleichmäßig sein, nicht zu kurz, nicht zu lang, leise, aber auch immer kraftvoller. Und immer steiler geht es auf den Berg hinauf. Dabei sollen die Pferde nicht schnaufen oder gar wiehern.

Aber hinter dem Berg, so sagen es die Kutscher, da ist das Wetter viel besser. Ja, alles ist da bestimmt viel besser.

Ganz viele Regeln gibt es und das muss alles genau überwacht und dokumentiert werden. Dafür braucht man viel mehr Pferde! Woher nehmen? Man spannt sie vorne aus und setzt sie mit hinter die Kutscher. Die Kutsche wird noch schwerer.

Neue Regeln müssen her: Jedes Pferd muss nun für jeden Schritt 19 statt 7 Haferkörner von der Tagesration abgeben, denn die zusätzlichen Pferde hinter den Kutschern müssen ja auch fressen. Und sie sollen treu und gewissenhaft ihre Aufgaben erfüllen, daher müssen sie auch besonders gut gefüttert werden.

Die ziehenden Pferde verlieren zusehends die Kraft.

Jetzt kommen auf einmal ganz viele fremde Pferde dazu, wollen alle zur prunkvollen Kutsche! Viele junge kräftige Pferde sind dabei, einige haben ihre Fohlen mitgebracht.

Was für eine Freude für alle, endlich bekommen wir Verstärkung, denken die ziehenden Pferde.

Aber dann steigen die meisten der Dazugekommenen einfach hinten auf die Kutsche! Den meisten Kutschern gefällt das auch nicht so richtig, aber sie haben die in der zweiten Reihe ja längst angewiesen, dass das schon in Ordnung sei.

Man möge sie zunächst gut versorgen, irgendwann würden sie sich schon in die Geschirre spannen lassen und helfen, die Kutsche den Berg hochzuziehen oder gar das Ziehen zu überwachen.

Den Hafer, der nun hinten auf der Kutsche nötig gebraucht wird, leiht man sich zum Teil bei anderen mächtigen Kutschern, den anderen Teil nimmt man den Pferden vorne weg. Und zur Not muss Heu reichen.

Als eines Tages zwei andere Kutschen weit weg von hier im Streit aneinandergeraten, haben die Kutscher Mitleid. Da muss man doch helfen! Man sammelt vom eigenen Gespann Hafer und Heu ein und gibt es an eine der in Not geratene Kutsche.

Nun wird es den ziehenden Pferden zu viel! Sie wollen nicht mehr in diese merkwürdige Richtung laufen und einige reißen an den Zügeln.

Nicht alle Pferde trauen sich das, obwohl auch sie merken, dass die Reise nicht gut ausgehen könnte.

Auch viele Pferde in der Zweiten Reihe haben nicht den Mut, den Kutschern zu sagen, dass sie den Kompass falsch herum halten. Sie sollen ja sowieso nur aufpassen, dass die Pferde vorne den Kutschern gehorchen und dabei geht es ihnen ja auch noch ganz gut. Außerdem sind es wohl auch nur ein paar wenige Pferde, die gerade der Hafer sticht, oder?

Und hier setze ich meinen persönlichen Kliffhanger.

Fortsetzung folgt. Garantiert! Und die Fortsetzung findet auch hier auf diesem Marktplatz in Lüneburg statt. Und gleichzeitig auf unzähligen solcher Treffen, die überall in Deutschland gerade jeden Tag stattfinden.

Ich bin auch heute wieder hergekommen, um mit Euch dafür zu kämpfen, dass die Steine aus den Satteltaschen verschwinden und die ziehenden Pferde mindestens mitbestimmen dürfen, wohin die Kutsche fährt.

Ich ziehe gerne, dafür bin ich geboren. Aber wenn die Kutsche nicht bald leichter wird, springe ich auch hinten rauf!

Quelle: Landwirte vor Ort

Bildquelle: ML-Archiv


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