In der Fränkischen Landeszeitung (FLZ) vom 06.08.2022 wird im Artikel „Kurzfristig reicht das Trinkwasser“ der unzutreffende Zusammenhang hergestellt „bei 95% der Bayrischen Fläche tappt man über die Grundwasserverhältnisse im Dunkeln. Wegen dieses Unwissens hatten die Landwirte Erfolg und die Roten Gebiete reduzierten sich um die Hälfte.“

BBV Kreisobmann Jürgen Dierauff im Landkreis Neustadt/Aisch – Bad Windsheim und Thomas Pfeiffer von der Interessengemeinschaft Sandsteinkeuper Höchstadt-Bamberg n.e.V. (IG) möchten deshalb die Gelegenheit nutzen und sich zum Thema Rote Gebiete zu äußern.

Nicht genügend Grundwasserdaten im Raum Uffenheim.

Jürgen Dierauff, zum Roten Gebiet im Rothenburger/ Uffenheimer/ Ochsenfurter Gau:

Der Grundwasserkörper „Unterkeuper Aub“, der sich von Rotenburg über Uffenheim bis nach Giebelstadt erstreckt, wurde als überwiegend Nitratbelastet, also „Rotes Gebiet“ eingestuft; Abb.1.

Warum?

Weil zwei Quellen, westlich von Uffenheim, welche als Grundwassermessstellen definiert sind einen Nitratgehalt von leicht über 50mg/l aufweisen. In einem 1. Bewertungsschritt wurde deshalb der ganze Grundwasserköper betrachtet. Weil aber nicht genügend weitere von der Wasserwirtschaftsverwaltung „zugelassenen“ Messpunkte zur Verfügung standen, war die Durchführung des 2. Schrittes, also die Modellierung wo genau im Grundwasserkörper gibt es Nitratprobleme, nicht möglich. Die den Landwirten bekannten Brunnen im Grundwasserkörper, sind aber fast allesamt wenig mit Nitrat belastet.

Die Einteilung der Roten Gebiete mit fehlender Datengrundlage und unterschiedlichen Maßstäben ist somit für viele Landwirte und auch meines Erachtens nicht nachvollziehbar.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat aber leider die Strategie, den Landwirten in den Roten Gebieten viele theoretische Berechnungen und Auflagen aufzuerlegen. Zum Beispiel mit festen Vorgaben von Zeiten für die Düngung, unabhängig von Wetter und Bodenzustand. Dadurch wird aber keine Verbesserung beim Grundwasserschutz zu erzielen sein, sondern wird letztendlich nur Bürokratie den Landwirten aufgebürdet. Für mich hat die FACHLICHKEIT von Maßnahmen die oberste Priorität. Und vor diesem Hintergrund ist es mehr als gerechtfertigt das Landwirte juristisch gegen die Einteilung der Roten Gebiete vorgehen.

Tappt Bayern tatsächlich im Dunkeln?

Wurde wie in der FLZ vom 06.08.22 berichtet, die Reduzierung der Rotgebietskulisse mit Extra-Düngeauflagen für die Landwirtschaft Ende 2020 tatsächlich aufgrund der schlechten Datenlage über die Grundwassersituation in Bayern erreicht? Dem möchten BBV Kreisobmann Dierauff und Thomas Pfeiffer entschieden widersprechen!

Da nichtlandwirtschaftliche Flächen wie Wald, Siedlung und Straßen bei der bundeseinheitlichen Neuausweisung Ende 2020 nicht mehr dabei sein durften, ist eine Diskussion des prozentualen Rotgebietsanteils der Bayerischen Landesfläche vor und nach 2020 ein Vergleich von Äpfeln und Birnen, erklärt Thomas Pfeiffer. Denn auf Straßen, im Wald oder bebauten Gebiet, die bei der Erstausweisung noch dabei waren, gelten keine landwirtschaftlichen Düngeregeln.

Gerichtserfolg und Neuausweisung 2020

Der von der Interessengemeinschaft Sandsteinkeuper Höchstadt-Bamberg n.e.V. (IG) unterstützte Musterkläger brachte im Jahr 2020 die komplette alte Bayrische Rotgebietskulisse zu Fall. Massive Formfehler bei der Bekanntgabe der Gebiete führten dazu, dass es über den fachlichen Fragen leider zu keiner Verhandlung kam, bedauert Thomas Pfeiffer.

Ein anschließend neues bundeseinheitliches Bewertungsverfahren ergab, dass nach Auswertung aller verwertbaren Grundwasserdaten z.B. in weiten Teilen des Grundwasserkörpers Höchstadt keine Belastungen vorliegen. Wesentliche Teile dieses Grundwasserkörpers liegen im Landkreis NEA, Abb. 2+3

Der nach der Neubewertung größte verbliebene Rote Fleck ist das inzwischen gerichtlich aufgehobene Wasserschutzgebiet Uehlfeld. Für Unverständnis der Landwirte sorgt insbesondere, dass Bayern bei Wasserschutzgebieten wieder abweichende Kriterien ansetzte als die einheitliche Bundesvorschrift vorgab.

Zukünftig keine Befreiungsmöglichkeiten für Regionen mit geringen Nitratüberschüssen

Zum Jahresende 2022 sollen die Roten Gebiete nach dem Willen von EU- Kommission und der Bundesregierung erneut neu ausgewiesen werden. Die Befreiungstatbestände für Regionen mit geringen Stickstoffüberschüssen werden dann komplett gestrichen (siehe Erklärung zu Abb.1). Bundesweit wird es deshalb zum Jahresende zur erneuten Vergrößerung der Roten Gebiete mit Düngergelen kommen wie 20% weniger düngen als der Nährstoffbedarf der Kulturpflanzen. Erneute berechtigte Proteste der Landwirte wegen unzureichender Datengrundlage über die tatsächliche Grundwassersituation sind deshalb zu erwarten, sind sich Experten sicher. Für Landwirte wird es damit immer schwieriger backfähiges Brotgetreide sicher zu produzieren.

Zum Hintergrund:

Sehr viele EU-Mitgliedsstaaten haben große Schwierigkeiten die sogenannte Europäische Nitratrichtline umzusetzen. Zum Schutz des Trinkwassers und der Meere müssen demnach die EU-Mitgliedsstaaten länderspezifische Düngeregeln für die Landwirtschaft erlassen und den Erfolg der Umsetzung mit einem Messstellennetz überwachen. 2002 zur Amtszeit von Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) wurde Deutschland erstmals deswegen verurteilt. 2018 zur Amtszeit von Christian Schmidt (CSU) erfolgte die nächste Verurteilung, jeweils ohne Verhängung von Strafgeldern. Insgesamt wurden bereits 11 Mitgliedsstaaten deswegen verurteilt einige Länder wie Deutschland bereits mehrfach*.

2019 mahnte die EU-Kommission Deutschland erneut ab. Zum sogenannten deutschen Nitratmessnetz, das Grundlage für die Berichterstattung an die EU ist, kam die EU-Kommission zu folgendem eindeutigen Urteil **: „Ein solch spärliches Netz reicht nicht aus, um das verunreinigte Grundwasser und die verunreinigten Oberflächengewässer zu ermitteln, auf die die zusätzlichen Maßnahmen Anwendung finden würden, was die praktische Anwendbarkeit des Katalogs untergräbt.“

In Bayern sind sage und schreibe 135 Messtellen im EU-Grundwasser- Nitratmessnetz (auch Teilmessnetz Landwirtschaft genannt) ***. Der amtlichen Bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung stünden zwar deutlich mehr Daten für die Berichterstattung an die EU zur Verfügung. Für die Aufnahme neuer Messtellen ins Nitratmessnetz ist die Bundesregierung zuständig, erklärt Thomas Pfeiffer. Der aktuell von der Bayrischen Staatsregierung mit großem Aufwand betriebene Grundwassermessstellenausbau, erfolgt deshalb leider nicht für das EU-Grundwasser-Nitratmessnetz, sondern für das sogenannte Wasserrahmenrichtliniennetz mit ganz anderen Auswahlkriterien für Messstellen. Somit wird sich auch langfristig am von der EU kritisierten spärlichen „Nitratmessnetz“ nichts ändern, bedauern Jürgen Dierauff und Thomas Pfeiffer.

Mit der aktuellen Situation kann keiner Zufrieden sein weder Wasserwirtschaft, Landwirtschaft noch die EU. Jürgen Dierauff und Thomas Pfeiffer appellieren deshalb an alle politisch Verantwortlichen die Düngeregeln und die Nitratmessstellen endlich auf fachlich sowie juristisch solide Füße zu stellen.

Anlagen und Quellennachweise:

* Bundesdrucksache 19/8835 Antwort 15

** Mahnschreiben der EU Kommission vom 25.07.2019; AZ: 2013/2199 C(2019) 4847 final

***https://www.lfu.bayern.de/wasser/gw_qualitaet/messnetze/weitere_mn/index.htm; Datenabruf 12.08.2022

Quelle: Thomas Pfeiffer, Interessengemeinschaft Sandsteinkeuper Höchstadt- Bamberg n.e.V

Geschäftsführung: BBV-Bezirksgeschäftsstelle; Weide 28; 96047 Bamberg

Bildquelle: Thomas Pfeiffer / BBV