Am vergangenen Wochenende fand im Rahmen einer Veranstaltung von SlowFood und dem Ernährungsrat Essen „Alte Kartoffelsorten entdecken und retten“ die diesjährige Verkündung der „Kartoffel des Jahres 2022“ statt. Gekürt wurde die Sorte „Agria“.
„Agria“ ist eine Kartoffelsorte mit einer gelben Schale und hellgelbem Fruchtfleisch. Sie ist mittelfrüh, vorwiegend mehligkochend und langoval. „Agria“ wird besonders gern als Pommes-Frites-Kartoffel und für die Chipsherstellung eingesetzt. Aufgrund ihrer Neigung zu Übergrößen wird sie auch bevorzugt als Backkartoffel eingesetzt. „Agria“ eignet sich aber ebenfalls gut für Pürees und Kartoffelsuppen. Auch in der Direktvermarktung, z.B. auf Wochenmärkten und in Hofläden, ist „Agria“ sehr häufig zu finden.
Trotz ihres stolzen Alters von 37 Jahren zählt sie heute noch zu den häufig angebauten Speisekartoffelsorten. „Agria“ liegt auf dem 2. Platz der bundesdeutschen Kartoffelvermehrungsflächen für Speisekartoffeln (2021: 561 ha)
„Agria“ ist eine niedersächsische Kartoffelsorte aus der Kartoffelzucht Böhm, die auch die sehr erfolgreiche Sorte „Linda“ hervorbrachte. „Agria“ entstand aus der Kreuzung der beiden Sorten „Quarta“ (Kartoffel des Jahres 2019) und „Semlo“.
„Semlo“ ist wiederum eine Kreuzung aus einer equadorianischen Sorte „Gabriela“ und der niederländischen Sorte „Bintje“ (Kartoffel des Jahres 2012, gezüchtet 1905), von der sie einige der kulinarischen Qualitäten geerbt hat.
Die „Kartoffel des Jahres“ wird von Vertretern des Arbeitskreises „Kartoffel des Jahres“ gewählt. Nach einer Corona-bedingten Pause wählte der Arbeitskreis in diesem Jahr wieder eine besondere Sorte aus. Dem Arbeitskreis gehören 10 Organisationen, Vereine und Unternehmen an, die sich für den Erhalt der Sortenvielfalt engagieren.
Zur Wahl „Kartoffel des Jahres“ stehen Kartoffelsorten, die seit vielen Jahren angebaut werden und etwas Besonderes geleistet haben.
Warum die Auszeichnung?
Ziel der Auszeichnung „Kartoffel des Jahres“ ist es, auf die Kartoffelvielfalt aufmerksam zu machen. Verbraucher kennen aus dem Handel nur ein schmales Sortiment von höchstens zehn Sorten, dabei gibt es rund 150 in Deutschland zugelassene Speisekartoffelsorten und ca. 150 Sorten, die in einem anderen EU-Land eingetragen sind und die auch in Deutschland angebaut werden. Weltweit gibt es über 2000 zugelassene Kartoffelsorten. Die Tendenz der Sortenvielfalt ist jedoch rückläufig.
WIKIPEDIA: https://de.wikipedia.org/wiki/Kartoffel_des_Jahres
„Kartoffel des Jahres“ seit 2006
Sorte aus der Begründung für die Wahl
2006 Blauer Schwede „Kartoffeln müssen nicht immer nur gelb sein.“
2007 Linda „Weil sie gerettet werden muss…“
2008 Bamberger Hörnchen „In Feinschmeckerkreisen verehrte Sorte…“
2009 Adretta „Bedeutende DDR-Sorte, die die Wende überlebt hat…“
2010 Sieglinde „Von 1945 bis 1970 der Star am Kartoffelhimmel…“
2011 Ora „Mehlig kochende DDR-Sorte, perfekt für Püree…“
2012 Bintje „80 Jahre alte Schönheit aus Holland…“
2013 Rosa Tannenzapfen „Intensiver Geschmack und schöne Farbe…“
2014 Granola „Guter Geschmack und ungemein vielseitig verwendbar…“
2015 Heideniere „Wiederentdeckte Sorte mit herausragendem Geschmack..“
2016 Nicola „Die Universalkartoffel: lecker, formschön“
2017 Weinberger Schloßkipfler „Hörnchenförmige Rarität aus Österreich…“
2018 Rote Emmalie „rotfleischig, aus bäuerlicher Züchtung“
2019 Quarta „mit roten Augen, besonders beliebt in Bayern“
2022 Agria „erfolgreiche Pommes-Kartoffel mit großen Knollen“
Kriterien für die Wahl
Zur Wahl „Kartoffel des Jahres“ stehen Kartoffelsorten, die ohne Gebühren nachgebaut werden können, weil sie älter als 30 Jahre sind oder der Züchter darauf verzichtet. In die Vorauswahl zur „Kartoffel des Jahres“ kommen sechs Sorten. Die Vertreter des Arbeitskreises stimmen dann über die „Kartoffel des Jahres“ ab.
„Agria“ wurde gewählt, weil sie auch 37 Jahre nach ihrer Züchtung noch immer eine große Bedeutung im bundesdeutschen Kartoffelbau hat und durch ihre Größe und Geschmack hervorragend als Pommes- oder Backkartoffel geeignet ist.
Wer hat gewählt?
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Georg Janßen
Bioland, Jan Plagge
Biogartenversand Jeebel, Gerhard Wacha
Ellenbergs Kartoffelvielfalt, Karsten Ellenberg
Freilichtmuseum am Kiekeberg, Stefan Zimmermann
Kompetenzzentrum Ökolandbau Niedersachsen GmbH (KÖN), Carolin Grieshop
Slow Food, Dominik Klier
„Tartufflis erlesene Kartoffeln“, Peter Glandien
Verein zur Erhaltung und Rekultivierung von Nutzpflanzen in Brandenburg (V.E.R.N.), Rudolf Vögel
www.blaue-kartoffeln.de, Wilfried Stegmann
Quelle: www.blaue-kartoffeln.de
Bildquelle: ML-Archiv / Michael Hamburger
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