Gastbeitrag von Bauer Willi:

Deutschland droht eine nationale Katastrophe: wie die Medien berichten, ist die Zufahrt zum Heavy-Metal-Konzert in Wacken durch die aufgeweichten Böden nicht mehr möglich. Und nun das Wetter.

Was die Medien nicht berichten

Auf vielen Feldern in Süddeutschland und auf fast allen Feldern in Norddeutschland ist an eine Getreide- und Rapsernte im Moment überhaupt nicht zu denken. Das Titelbild zeigt eine Weizenparzelle von Sonntag. Jeden Tag wird der Weizen immer mehr von Schwärzepilzen befallen.

Doch das ist nicht der eigentliche Schaden: durch die ständige Nässe sinken täglich die Qualitätswerte, vor allem die für Backweizen so wichtige Fallzahl. Was das ist, wird in dem Video beschrieben.

Die Fallzahl sinkt, wenn die Keimung des Getreidekornes in Gang kommt.

Wenn es noch weiter feucht bleibt, wird es dazu kommen, dass das Korn in der Ähre keimt und ein grünes Blatt bildet. Gefördert wird das alles durch warme Temperaturen, dann geht die Keimung besonders schnell und das Korn ist zum Backen nicht mehr zu gebrauchen, weil bestimmte enzymatische Prozesse schon im Korn abgelaufen sind.

Wenn aus Backweizen Futterweizen wird

Wir Bauern kennen die obige Situation und sie ist für uns nicht neu. Das “falsche” Wetter hat es immer gegeben. Futterweizen wird schlechter bezahlt, ist aber noch vermarktbar. Zum Glück gibt es die Tierhaltung, die aus einem Getreide, das für die menschliche Ernährung nicht mehr zu nutzen ist, Essbares produziert. Wenn es keine oder deutlich weniger Tiere gibt, wohin dann mit dem nicht essbaren Getreide? Für die Biogasanlage ist es dann doch zu schade, denn die produziert keine Lebensmittel.

Wieso Millionenschäden?

Nimmt man die Anbaufläche von Winterweizen, Roggen und Triticale (eine Kreuzung aus Weizen und Roggen) zusammen, kommt man auf rund 3,5 Millionen Hektar. Ich habe mich mal umgehört und schätze, das davon aktuell noch etwa zwei Drittel, also 2,3 Millionen Hektar nicht geerntet sind. Beim Raps könnten es rund 500.000 ha sein. Wie gesagt, dass sind sehr grobe Schätzungen, aber in Norddeutschland dürften noch nahezu alle Kulturen auf dem Feld stehen.

Nimmt man einen Getreideertrag von rund 9 t/ha an, so macht dies eine Erntemenge von 20,7 Millionen Tonnen für Getreide aus. Durch Qualitätsverluste ist mit einem Mindererlös von rund 15 €/t zu rechnen. Wenn das gesamte Getreide dadurch betroffen wäre, würde dies in der Summe einen Betrag von rund 310 Millionen € ausmachen.

Wie sieht es beim Raps aus?

Beim Raps dürften es rund 2 Millionen Tonnen sein, die noch nicht geerntet sind.

Unser Raps ist reif und mit jedem Tag, an dem starker Wind und starker Regen fällt, platzen die Schoten auf und die Körner fallen auf den Boden. Da bis zum Wochenende keine Wetteränderung in Sicht ist, gehe ich von einem Vorernteverlust von rund 20% aus. Für ganz Deutschland würde dies eine Erntemenge von 400.000 t ausmachen. Diese mit dem aktuellen Preis von rund 450 €/t bewertet, fehlen der deutschen Landwirtschaft weiterer 180 Millionen €.

Ich denke, die Summe von 310 + 180 können Sie selber bilden. Viel Geld, oder?

Vielleicht schaffen es die deutschen Qualitätsmedien ja, auch mal über die zweitwichtigste Sache nach dem Heavy-Metal-Konzert zu berichten: über unsere Lebensmittel.

Quelle: Bauer Willi

Bildquelle: Bauer Willi / ML


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