Save The Alps und auch die Weidezone Tirol sind überzeugt, dass die derzeitige Wolfspolitik die Kulturlandschaft des alpinen Raumes auslöschen wird, wenn es nicht sehr schnell zu einem Kurswechsel kommt. Diese internationale Vernetzung der Weidetierhalter ist ein erster Schritt diesen Kurswechsel einzuleiten. Auf der europäischen Konferenz mit 11 teilnehmenden Nationen gelang ein Schulterschluss.
Mélanie Brunet, als Organisatorin und französische Vertreterin berichtete, dass der Wolf in Frankreich vor allem auf die Alpenregion konzentriert. In Frankreich ist ein exponentielles Wachstum der Wolfpopulation zu verzeichnen. Oft wird von staatlicher Seite die Beprobung der DNA bei Rissen verweigert. Daher haben sich hierfür in Frankreich Freiwillige organisiert. Ergebnis der Beprobung ist unter anderem, dass circa 12% der französischen Wolfspopulation Hybriden sind. Dies wird jedoch staatlich nicht anerkannt. Der französische Staat verweist die Tierhalter auf Herdenschutzmaßnahmen, jedoch sind in Frankreich 90% der attackierten Herden geschützte Herden, wo diese schon umgesetzt werden. In Frankreich kommt es neben Schafsrissen auch zu Rissen von Rindern, Pferden und Haustieren. Auch tötet der Wolf zahlreiche Herdenschutzhunde. In Frankreich kommt es zu tausenden Rissen jährlich, obwohl pro Jahr rund 19% der Wölfe abgeschossen werden. Dort gibt es sogar eine staatliche Spezialeinheit zur Bejagung der Wölfe. Die französische Vertreterin erklärt deutlich: „Die bisherigen Maßnahmen sind nicht genug. Der Schutzstatus des Wolfes muss gesenkt werden. Bei Unterschrift Frankreichs der Berner Konvention gab es in Frankreich keine Wölfe. Daher braucht es jetzt eine Anpassung.“
Die Lage in der Schweiz wurde von zwei Vertretern, Germano Mattei und Eric Erb präsentiert. In der Schweiz gibt es seit 1995 wieder Wölfe. Sie sehen eine völlige Eskalation der Wolfssituation nicht nur in der Schweiz, sondern in ganz Europa. Die Schweizer hoffen, dass der Antrag der Schweiz auf Senkung des Schutzstatus angenommen wird. In der Schweiz kommt es zu Angriffen von Herdenschutzhunden auf Menschen. Der freie Zugang zur Natur ist durch den Wolf in der Schweiz gefährdet. In der Schweiz kam es auch schon zu, auch tödlichen, Unglücken durch Rinderherden, die durch den Wolf in Panik versetzt wurden und dadurch den Bauern niedergetreten haben. Es haben auch schon Bauern aus lauter Verzweiflung Selbstmord begangen.
Die niederländische Vertreterin, Annemieke van Straaten, schildert, dass die Niederlande mit 519 Einwohnern pro km2 sehr dicht besiedelt sind und daher die Ansiedelung des Wolfes abstrus ist. 80% der Milchviehbetriebe praktizieren Weidehaltung. In den Niederlanden gibt es ca. 887.000 Schafe, zuzüglich der Schafe in Hobbytierhaltung. Der Wolf ist seit 2015 wieder in den Niederlanden ansässig, aktuell gibt es offiziell 20 Wölfe in den Niederlanden. Es kam zu einer exponentiellen Steigerung von Nutztierrissen. Zudem verlieren die Wölfe in den Niederlanden die Scheu vor Menschen. So verfolgte in Hoge Veluwe (Nationalpark) ein Wolf Radfahrer und näherte sich Menschen auf wenige Meter an. Dieser Wolf soll jetzt durch den Beschuss mit Paintballgewehren „erzogen“ werden. „Das funktioniert nicht, der Wolf ist jetzt zwar bunt, kommt aber trotzdem noch zu den Menschen.“-sagt Annemieke van Straaten.
Sehr informativ war der Vortrag des Norwegers Svein Egil Hatlevik. In Norwegen ist nur auf 1% des Staatsgebietes Getreidebau möglich, auf 2% Gründlandbau, 45% des Staatsgebietes sind extensives Weideland. Die Beweidung der Berge, Plateaus und Wälder ist daher sehr wichtig, um die Versorgungssicherheit aufrecht zu erhalten. Das Weideland in den Bergen ist nur extensiv nutzbar. In Norwegen gibt es sog. Wolfsmangementzonen, in welchen sich die Wölfe reproduzieren dürfen. Dies sind circa 5% des Staatsgebietes. In diesen Wolfsreproduktionszonen gibt es keine Weidewirtschaft mit kleinen Wiederkäuern, Versuche mit Rindern zeigen sich als sehr schwierig. In Norwegen lebt auch die indigene Bevölkerung der Samen, welche Rentierzucht betreiben. Die Kultur und Sprache der Samen sind durch internationale Abkommen geschützt. Die Rentiere werden extensiv gehalten, 365 Tage im Freiland. Damit diese Rentierherden nicht gefährdet werden, gibt es in Norwegen, Schweden und Finnland Gebiete, wo der Wolf nicht geduldet und konsequent bejagt wird. Es hat sich in Norwegen gezeigt, dass es keinen effektiven Herdenschutz gibt, außer die
Bejagung der Großraubtiere. In anderen Gebieten bedeutet effektiver Herdenschutz fast immer die Entfernung der Herden aus den Bergen und Wäldern. Die norwegische Wolfspolitik hat die Idee einer Koexistenz zwischen frei grasenden Schafen und Wölfen ad acta gelegt. Außerhalb der Wolfsreproduktionsgebiete werden Wölfe so effizient wie möglich bejagt, dazu kommen sogar Helikopter zum Einsatz. Der norwegische Weg des Wolfsmanagements ist legal und innerhalb des Rahmens der Berner Konvention, Norwegen nutze lediglich den gesamten Spielraum aus.
Doch Svein Egil Hatlevik schildert auch, dass die Wolfsreproduktionszonen sehr problematisch sind, da dadurch ein kleiner Teil der ländlichen Bevölkerung die gesamte Last tragen muss. Es wandern auch viele Wölfe aus Russland ein, die russische Wolfspopulation ist jedoch nicht gefährdet und wird so automatisch mit geschützt. Daher sollte insgesamt konsequent bejagt werden, dadurch würde der Wolf auch nicht aussterben. Der Norweger belächelt die Versuche in den Zentraleuropa mit Herdenschutzhunden zu arbeiten.
Die Teilnehmer der Konferenz unterzeichneten als Abschluss der Veranstaltung eine gemeinsame Resolution, deren Inhalt es ist, dass der Schutzstatus gesenkt werden muss, um die Alm- und Weidewirtschaft europaweit zu erhalten. Diese Form der Grünlandbewirtschaftung ist auch aufgrund der Herausforderungen des Green Deal essenziell für Europa.
„Diese europäische Zusammenschluss der Alm- und Weidewirtschaft ist hoffentlich der Anfang einer Kehrtwende in der Wolfspolitik. Wir mussten durch die Berichte aus den anderen Ländern feststellen, dass man offenbar versucht uns gegeneinander auszuspielen. Herdenschutz funktioniert in keinem der Länder, egal wie hoch investiert wird. Wieso versucht man uns beispielweise zu vermitteln, dass Herdenschutz in Frankreich erfolgreich ist? Das ist eine Lüge, wie wir heute erfahren durften. Durch den heute entstandenen Zusammenschluss werden wir gestärkt diesem Spiel der Politik und NGOs entgegenwirken können.“- fasst DI Klaus Sommeregger den Tag zusammen.
Quelle: Save The Alps
Bildquelle: Save The Alps / Ruth Bossmann
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