Die neu gegründete Interessensgemeinschaft Sandsteinkeuper-Höchstadt-Bamberg will die Debatte um Rote und Gelbe Gebiete begleiten.
Der wie die kleine fliegende Hexe auf den Karten des Bay. Landesamtes für Umwelt ins Auge stechende Sandsteinkeuper Höchstadt, wurde einst für die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie abgegrenzt (siehe Abbildung unten). Er ist 725 km² groß und erstreckt sich über alle drei fränkischen Regierungsbezirke.
Die Gebietskulissen der Wasserrahmenrichtlinie gelten nun bundesweit als Grundkulisse für die Ausweisung der sogenannten Roten Gebiete.
Rückblick:
Landwirte, die in den sogenannten Roten und Gelben Gebieten wirtschaften müssen, haben bayernweit sogenannte Interessengemeinschaften gegründet. Sie wollen sich die von der Bayrischen Staatsregierung kurz vor Weihnachten 2020 erlasse Gebietskulisse, in denen besonders strenge Düngeregelungen gelten, nicht bieten lassen. Am 09.11.2020 fand bereits die Gründungsversammlung der Interessensgemeinschaft (IG) Sandsteinkeuper Höchstadt- Bamberg statt.
2019 mahnte die EU-Kommission Deutschland ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2018 umzusetzen. Keine der bis dahin zugemachten Zusagen wurden Seitens der Bundesregierung eingehalten, so die damalige Kritik aus Brüssel. Mit drohenden EU-Strafgeldzahlungen im Rücken wurde anschließend die neue Düngeverordnung von den politischen Verantwortlichen durch das deutsche föderale „Gesetzgebungsverfahren“ geboxt.
Video des Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Ausweisung Roter Gebiete:
Nach Meinung der IG wurde damit dem europäischen Umwelt- und Gewässerschutz wie auch der Landwirtschaft jedoch ein Bärendienst erwiesen! Eine bis dahin nicht geahnte Protestbewegung der Landwirtschaft entstand im Herbst 2019 daraus.
Die IG Höchstadt-Bamberg unterstützt deshalb eine seit dem 15. Januar 2021 am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof laufende Klage. Ziel ist es die Düngeverordnung 2020 zu stoppen. Für eine den europäischen und nationalen Rechtsprinzipien gerecht werdende Düngeverordnung brauchen wir einen Neuanfang, so die IG. Denn:
1. Die Düngeverordnung 2020 ist verfassungswidrig! *
2. Verstößt gegen die Vorgaben der EU- Richtline zur strategischen Umweltprüfung!
3. Rechtswidrige Ausweisung der Roten und Gelben Gebiete durch die Bayerische Staatsregierung! *
4. Die bayerischen Einwände von Frau Staatsministerin Michaela Kaniber und die Bundesratsempfehlungen, die diese Formfehler hätten heilen können, wurden 2020 abgelehnt. *
5. Das Europäische Mahnschreiben aus Brüssel an Deutschland zielt genau auf Punkt 4 und die Verfassungswidrigkeit ab. *
Karpfenteiche die neuen Bayrischen Getreideanbauflächen?
Landschaftlich prägend sind im Bereich des Sandsteinkeuper Höchstadt unter anderem die dort seit Jahrhunderten bewirtschafteten Karpfenteiche. Die IG weist in diesem Zusammenhang auf ein besonderes Highlight der Bayerischen Ausweisungspraxis der Roten Gebiete hin. Nämlich alle Karpfenteiche in den betroffenen Gebieten, welche eine Fördernummer (FID) der Bayerischen Landwirtschaftsverwaltung haben, wurden auch mit in die Kulisse aufgenommen. Obwohl Karpfenteiche keine landwirtschaftlichen Nutzflächen im Sinne des EU-Rechts oder der Bundesdüngeverordnung sind und somit nicht in die Kulisse hätten aufgenommen werden dürfen.
Im von der IG unterstützen Klageverfahren hat der Freistaat Bayern hierzu kürzlich gegenüber dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof schriftlich die Behauptung aufgestellt „es sei in der Praxis nicht unüblich, dass Karpfenteiche im Herbst abgelassen und auf der Fläche Getreide eingesät wird. Auch eine Düngung mit stickstoff- und phosphathaltigen Düngemitteln (Stallmist, Gülle, Gärreste aus Biogasanlagen) werde in der Praxis auf Teichflächen durchgeführt.“
Praktiker fragen sich nun, wie der Freistaat Bayern seine Erkenntnisse über die Bewirtschaftungspraxis von Karpfenteichen erlangte? Insbesondere fragt man sich Vorort, wer denn das Getreide in den Karpfenteichen überhaupt erntet, etwa das Christkind und der Weihnachtmann während der Raunächte?
Die Europäische Kommission prüft gerade kritisch die Umsetzung der neuen Düngeverordnung inklusive der Gebietsausweisungen der deutschen Bundesländer. Laut Pressemitteilungen droht die Kommission mit einem neuen Strafverfahren. Die IG fragt sich nun, sollte
der Freistaat Bayern die Behauptungen zur Düngepraxis von Karpfenteichen in Bayern auch gegenüber der Europäischen Kommission aufführen, wird man sich in Brüssel den Bauch vor Lachen halten? Oder wird es den Verantwortlichen in Brüssel erneut sauer aufstoßen?
Aktuelle politische Drohkulisse wer sich wehrt bekommt noch größere Rote Gebiete:
Ähnlich wie Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister kürzlich mit einer massiven Vergrößerung der Rotgebietsfläche auf 80% der Landesfläche drohte, wird zum Teil auch in Bayern Stimmung gemacht. Für Bayern sieht die IG Höchstadt Bamberg jedoch folgende abweichende Tatbestände:
- Mecklenburg-Vorpommern hatte seine alten Roten Gebiete aus dem Jahr 2019 nicht aufgehoben, sondern am 20.12.2020 geändert. Mit dieser Vorgehensweise erlitt die dortige Landesregierung nun bei Gericht Schiffbruch.
- In Bayern wurden die alten Roten Gebiete aus dem Jahr 2019 aber bereits 2020 gerichtlich für unwirksam erklärt. Und wurden per Bekanntmachung im Bay. Staatsanzeiger im Januar 2021 endgültig aufgehoben.
- Wegen des Gerichtserfolgs 2020 greift die Drohkulisse „wenn keine neuen Roten Gebiete ausgewiesen werden, gelten die neuen Auflagen der Dünge-Vo automatisch in den alten Gebieten“ in Bayern nicht!
Interessierte Mitglieder sind immer willkommen
Damit die Interessensgemeinschaft handlungsfähig bleibt, bedarf es insbesondere auch finanzieller Unterstützung. Ansprechpartner für Interessierte ist die BBV-Hauptgeschäftsstelle in Bamberg, die unter der Rufnummer 0951-96517-0 zu erreichen ist. Dort betreut Umweltreferent Dieter Heberlein die Interessensgemeinschaft und führt die Geschäfte.
Verantwortlich für den Inhalt: Thomas Pfeiffer, Schriftführer der IG
Erklärung zu 1) Verfassungswidrigkeit
Entschädigungslos und ohne angemessene Übergangsfristen wird in das grundgesetzlich geschützte Eigentumsrecht und die Berufsfreiheit der Landwirtschaft eingegriffen. Das Bundesverfassungsgericht hat beispielsweise 2020 beschlossen, dass der Atomausstieg ein unverhältnismäßiger Eigentumseingriff war und die AKW-Betreiber Ausgleichsansprüche haben. Die Verpflichtung, Ausgleichsansprüche in die aktuelle Düngeverordnung und bei zukünftigen Grundrechtseingriffen zu verankern, wollen wir für alle betroffenen Landwirte erstreiten.
Erklärung zu 2) Die Unwirksamkeit aller im Jahr 2020 erfolgten Änderungen der Düngeverordnung resultiert auf dem Verstoß gegen die Vorgaben der EU- Richtline zur strategischen Umweltprüfung!
Bei jeder Änderung der Düngeverordnung müssen die Auswirkungen auf die Menschen, Tiere und Pflanzen, die biologische Vielfalt, das Klima und die Luft, die Landschaft, den Boden, das Wasser oder das kulturelle Erbe zwingend vorab geprüft werden.
Die Bundesregierung hatte jedoch unter anderem auf zeitlichen Druck der EU-Kommission das hierfür notwendige Anhörungsverfahren im Jahr 2020 nicht korrekt durchgeführt.
Die Bundesregierung bestätigt in ihrem eigenen sogenannten „Ergänzungsvermerk zum Umweltbericht“, dass die Änderungen der Düngeverordnung negative Auswirkungen auf die Schutzgüter „Mensch, Biodiversität, Wasser, Klima/ Luft und Boden“ haben.
Erklärung zu 3) Rechtswidrige Ausweisung in Bayern
Ohne rechtsgültige Gebietskulisse gibt es auch keine gültigen Grünen Gebiete! Deshalb können Betriebe in Grünen Gebieten, die dort von der EU-Nitratrichtlinie vorgesehenen Ausnahmen für die Ausbringung von Wirtschaftsdüngern bis auf weiteres NICHT beantragen. Dieser Fehler beruht u.a. auf dem Formfehler FID’s in die amtliche Bekanntgabe der AV-DüV aufzunehmen, anstatt wie von der Bundesverwaltungsvorschrift gefordert rechtsverbindliche Karten bekannt zu geben.
Erklärung zu 4) Abgelehnte Einwände von Staatsministerin Kaniber
Drucksache 98/3/20 führte u.a. die Empfehlung des Bundesrates aus.
Die Annahme der Empfehlungen des Bundesrates und des Vorschlages der bayerischen Staatsregierung hätten die Fehler erspart. Es scheint so, als wäre Staatsministerin Kaniber sehr gut über die Inhalte des Europäischen Mahnschreibens informiert gewesen, denn die Pressemitteilung vom 05.02.2020 der Ministerin trifft die Inhalte des Mahnschreibens und lieferte bereits Lösungen:
„Leider ist aber der bayerische Vorschlag zur Düngung von Zwischenfrüchten nicht aufgenommen worden. Dabei hätte dieser Vorschlag besonders positive Auswirkungen auf Umwelt-, Gewässer- und Bodenschutz gebracht […]. Es sei wirklich sehr enttäuschend, dass sich bei dieser wichtigen Frage des Umweltschutzes die Bundesumweltministein verweigert hat, erklärte Kaniber“
Erklärung zu 5) Europäisches Mahnschreiben an Deutschland
Die Bundesregierung hat die von der EU-Kommission festgestellten Verstöße gegen die Nitrat-Richtline nicht behoben. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen die Verpflichtungen des Artikel 260 Abs.1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union verstoßen hat. Auf Grund dessen könnte der Europäische Gerichtshof finanzielle Sanktionen gegen Deutschland verhängen. Die EU-Kommission kritisierte in Ihrem Mahnschreiben „Ein solch spärliches Netz reicht nicht aus, um das verunreinigte Grundwasser und die verunreinigten Oberflächengewässer zu ermitteln, auf die die zusätzlichen Maßnahmen Anwendung finden würden, was die praktische Anwendbarkeit des Katalogs untergräbt.“
Aber: Ein Mahnschreiben ist keine Klageeröffnung. Dh., es handelte sich 2019 um eine Ermahnung an Deutschland die Düngeverordnung 2017 nachzubessern.
Quelle: Interessensgemeinschaft Sandsteinkeuper-Höchstadt-Bamberg
Bildquelle: Interessensgemeinschaft Sandsteinkeuper-Höchstadt-Bamberg / ML-Archiv
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