Am zurückliegenden Mittwoch & Donnerstag traf sich der Vorstand des LSV Deutschland e.V. in Berlin mit verschiedenen Politikern aus dem Bereich der Agrarpolitik und den Kollegen von den Familienbetrieben Land & Forst“.

Zentrales Thema bei all unseren Gesprächen war die Frage der Ernährungssicherheit: Wie versorgen wir unsere heimische Bevölkerung mit hochwertigen Lebensmitteln aus regionaler Produktion? Für uns als LSV Deutschland e.V. ist diese Frage ein Kernelement unserer Arbeit, denn wir sind davon überzeugt, dass wir mit unserer deutschen, regionalen Landwirtschaft qualitativ hochwertige und gesunde Lebensmittel produzieren. Die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, die bereits 2016 von Deutschland als Mitglied der Vereinten Nationen, mitbeschlossen wurde, leben wir als Landwirte schon seit vielen Generationen. Die deutsche Landwirtschaft ist Vorreiter einer nachhaltigen Primärproduktion und tatsächlich in der Lage Ressourcen zu schonen, die Umwelt, das Klima und den Verbraucher zu schützen. Daher fordern wir schon seit längerem das Verankern der Ernährungssicherheit als Staatsziel.

Auftakt der Berliner Gespräche war der Besuch im Büro von Herrn Gero Hocker, dem agrarpolitischen Sprecher der FDP. Mit ihm sprachen wir über die Themen UTP & Herkunftskennzeichnung, zwei Bausteine des aktuellen Koalitionsvertrages, welche wir als LSV D e.V. im Zuge der Bundestagswahlkämpfe immer wieder in den Fokus gerückt haben und nach wie vor für zentrale Eckpunkte halten. Ebenso sprachen wir die FDP auf die viel zu hohe Energiesteuerbelastung für deutsche Landwirtschaftsbetriebe an. Deutschland trägt im europäischen Vergleich die höchste Steuerlast. Im Thema Baurecht für notwendige Um- oder Neubauten in der Landwirtschaft erhielten wir das Versprechen, dass dieses Thema zeitnah bearbeitet wird.

Am Mittwochnachmittag trafen wir uns mit der agrarpolitischen Sprecherin der SPD Frau Susanne Mittag und den Abgeordneten Frau Franziska Kersten und Herrn Johannes Schätzle. In einem sehr offenen und konstruktivem Gespräch, konnten wir darlegen, welche Rolle die Landwirtschaft zukünftig bei der Energieversorgung einnehmen kann. Dafür muss es zukünftig passende Rahmenbedingungen geben, um zum Beispiel bestehende Biogasanlagen zukunftstauglich machen zu können und kleine dezentrale „Güllekraftwerke“ finanziell zu unterstützen. Mit Bezug auf die Anhebung des Mindestlohns, haben wir deutlich gemacht, wie wichtig es ist, auch für familiengeführte Betriebe sichere Einkommen zu erzielen. Seitens der SPD wurde deutlich gemacht, dass es wichtig und auch gewollt ist, den fachlichen Dialog mit der Landwirtschaft zu führen. Hier werden wir uns selbstverständlich beteiligen, um daran Ergebnisse messen und realisieren zu können.

Zum Abschluss des ersten Tages empfingen uns die Kollegen der Familienbetriebe Land & Forst, vertreten durch ihren Vorsitzenden Herrn Max Freiherr von Elverfeldt und der Geschäftsführer Herr Fabian Wendenburg. Schon nach wenigen Minuten konnten wir viele inhaltliche Schnittstellen in unserer Arbeit feststellen. Der erste gemeinsamen Punkt unserer beiden Verbänden, der am Herzen liegt:

Der „Greendeal“ der Europäischen Union. Hier möchten wir zeitnah die Möglichkeit einer Zusammenarbeit überprüfen und ggf. gemeinsam für „unseren Greendeal“ kämpfen.

Zum Donnerstagmorgen empfing uns Herr Albert Stegemann, agrarpolitischer Sprecher der CDU und selbst Landwirt. Wir haben ihn um ein Resümee der letzten 15 Jahre gebeten, in denen die CDU/CSU das Agrarministerium geführt hat. Weiterhin besprachen wir, welchen Stellenwert die Landwirtschaft überhaupt noch in der Union hat. In einem intensiven Gespräch war die ein oder andere Selbstkritik zu hören, die aber auch Ursprünge in den 1990er Jahren hat. Unter anderem beim Thema Düngeverordnung wurde noch einmal klar, dass ein Ignorieren von Problemen auf lange Sicht zu viel größeren Problemen führt. Auch kamen wir zu dem gemeinsamen Ergebnis, dass die landwirtschaftliche „Lobbyarbeit“ der letzten Jahrzehnte nicht immer vorteilhaft war. An dieser Stelle haben wir deutlich gemacht, dass eine Agrarpolitik, in der es darum geht „Schlimmeres zu verhindern“ auf lange Sicht nicht zielführend sein wird. Die Deutsche Landwirtschaft braucht sichere Perspektiven, auch in der Union!

Zum Abschluss des Tages führten wir mit Frau Renate Künast und Herrn Karl Bär vom Bündnis90/ Die Grünen ein Gespräch. In Anbetracht der Besetzung der Ministerien für Landwirtschaft und auch für Umwelt, war dieses Gespräch von zentraler Bedeutung. Wir erhielten zügig die Aussage, dass 2022 das Jahr der Tierhaltung sein wird und seitens der Grünen darauf der Fokus gerichtet wird. Wir diskutierten sehr intensiv die Thematik der Tierhaltungsstufen und der UTP-Richtlinie. Die Zentrale Frage war, wie schaffen wir es zukünftig die gesellschaftlichen und politischen Erwartungen an die Landwirtschaft, auch finanziell für die Primärerzeuger sicherstellen zu können? Unseren beiden Gesprächspartnern ist sehr wohl bewusst, dass die deutschen Landwirte, nach wie vor, das schwächste Glied in der Wertschöpfungskette sind und sämtliche Risiken tragen. Ein Beispiel, welches besprochen wurde, sind die unlauteren Handelspraktiken der Molkereien gegenüber ihren Milcherzeugern. Auch hier wurde uns die Möglichkeit eingeräumt, unser Fachwissen und Gedanken gezielt einzubringen. Das Thema Herkunftskennzeichnung wird ebenso sehr intensiv in der Partei der Grünen diskutiert. Aktuell werden die Ergebnisse einer europäischen Abfrage erwartet, wie zukünftig eine einheitliche Herkunftskennzeichnung in allen EU-Ländern aussehen könnte. Nach Aussage von Frau Künast und Herrn Bär, sieht man in der französischen Ratspräsidentschaft die Hoffnung dieses Thema zeitnah nach vorn zu bringen und sollte es bis Ende des Jahres 2022 keine Vorlage seitens der EU geben, wird man sich auf nationaler Ebene diesem Thema widmen. Ein weiterer Inhaltspunkt des Gespräches war die fehlende Sinnhaftigkeit der aktuellen Stilllegungsregelung in der neuen GAP ab 2023. Im derzeitigen Entwurf, wie er in erster Linie vom sächsischen Landwirtschaftsminister Herrn Günther gefordert wird, die brachliegenden Flächen unbearbeitet ein Jahr lang sich selbst zu überlassen, zeigt sich der Mangel an Fachkenntnis bei den Entscheidungsträgern. Wir haben ohne Gegenargumente dargelegt, dass eine solch „tote“ Fläche“ keinerlei Beitrag zum Arten- und Umweltschutz leisten wird. Frau Künast zeigte sich ebenso sehr interessiert, an dem, von uns angesprochenen, Thema „Strukturentwicklung Schlachtstätten“. Wir haben verdeutlicht, dass Regelungen und gesetzliche, aber auch finanzielle Möglichkeiten auf den Weg zu bringen sind, um die Schlachtung von Nutztieren wieder kleinstrukturierter zu regionalisieren und auch zukünftig die Möglichkeit einer teilmobilen Schlachtung auf den Betrieben anzubieten. Alle Gesprächspartner dieser Runde teilen die Ansicht, dass die Gesprächsatmosphäre angenehm und sehr konstruktiven war und man daran festhalten muss.

Wir als LSV D e.V. haben deutlich gemacht, dass wir als Verein nicht existieren, um alt bekannte Lobbyarbeit zu leisten, sondern dass wir als Landwirte um die Zukunft unserer Höfe kämpfen. So konnten wir auch noch einmal verdeutlichen, dass unsere Fachgruppen themenspezifisch einen wichtigen Beitrag zur zukünftigen Gestaltung der deutschen Agrarpolitik leisten wollen und können.
Es ist dennoch festzuhalten, dass eine Vielzahl an Themen in der nahen Zukunft noch bearbeitet werden müssen, bei denen es bisher noch deutlich konträrere Ansichten zwischen Berufsstand und Politik gibt. Weidetierhaltung, die Wolfsproblematik, die GAP ab 2023, Tierhaltung & Pflanzenschutz sind nur wenige der weiteren Probleme, die es zu bearbeiten gilt.
Wir haben uns daher mit allen Gesprächspartnern darauf verständigt, sich als erstes zielführend auf gemeinsame Themen wie UTP, Herkunftskennzeichnung und die Sicherstellung der Ernährungssicherheit zu konzentrieren, um darauf aufbauend weitere Aufgabenstellungen zu bearbeiten.

Quelle: Landwirtschaft verbindet Deutschland e.V.

Bildquelle: ML-Archiv


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