Landwirte aus ganz Deutschland versuchen mit der Politik über die zahlreichen Probleme ins Gespräch zu kommen. Zu dem Thema Wolf erreichte uns heute ein Leserbrief von Lars E. Broch:
Deutschland, Schweiz, Italien – 2. Dezember 2021. Ich nehme alles zurück, was ich jemals über das Sammeln von Wolfsscheisse gesagt habe. Quasi tue ich es unserer Politik gleich und sage: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern!„
“Wir alle kennen ja die tolle Wolfskacke-Studie, auf der seit nunmehr 12 Jahren in Deutschland herumgeritten wird, nach der Haustiere in der gefundenen „Wolfslosung“ weniger als 1 % des Nahrungsanteils ausmachen würden.
Der NABU hat dazu sogar ein hübsches, übersichtliches Bildchen auf seiner Homepage und bekommt deshalb ausnahmsweise einen link spendiert – auf jeden Fall ist das Bildchen übersichtlicher als die Offenlegung seiner Spendeneinnahmen – und versieht das sogar mit dem Zusatz: „Auswertungen von ca. 2000 Wolfslosungen (2001-2009) aus der Lausitz.“
Ääh ja. Ich finde die Vorstellung zwar nach wie vor befremdlich, das es Menschen gibt, die durchs Gebüsch robben und Kacke aufsammeln, aber da sag´ ich mir: Jeder wie er mag. Doch kommen wir zum Kern der Kacke. Das macht man nicht nur in Deutschland so. Nein, Kackesammeln wurde auch z.B. in Italien praktiziert. (Nur zur Erläuterung: Italien = ein anderes Land. In anderen Ländern klappt das bekanntermaßen immer viel besser mit den Wölfen!) Und so gibt es in Italien jemanden namens Daniele Regine, der hat sogar eine Doktorarbeit über Wolfskacke geschrieben.
Nämlich diese hier:
Bevor ich jetzt auf die Ergebnisse dieser Doktorarbeit komme, sollten wir auch noch kurz über den Doktorvater dieser Arbeit sprechen. Alle, die jetzt gerade nicht genau wissen, was der so macht, ein Doktorvater, kurz hier klicken und wissen jetzt: der benotet das Ding hinterher sogar. Vorher hilft er bei der Suche nach dem Thema etc. – okay, der Doktorvater von Daniele Regines Doktorarbeit über Wolfskacke mit dem klangvollen Titel: „Ernährungsökologie des Wolfes in Multi-Beute-Systemen: drei Jahre Studium in den Westalpen“ war niemand geringerer als … Prof. Luigi Boitani.
Wolfspapst der ersten Stunde und Vorsitzender der LCIE. Das wirklich sensationelle ist jedoch, dass das Ergebnis dieser Studie im vollkommen diametralen Widerspruch zu den Ergebnissen der deutschen Kackesammlung steht, und Regine zu dem Ergebnis gelangt, das im Piemont je nach Region zwischen 20 bis 47% Haustiere als Nahrung von Wölfen in deren Losung nachgewiesen wurden!
Ja, ihr habt das richtig gelesen: bis zur knappen Hälfte des Speiseplanes bestand aus Schafen, Ziegen, Pferden, Hunden. Und wir stehen eigentlich nur noch mit offenem Mund da, müssen aufpassen, das keine Fliege hineinfliegt und fragen uns, wie kann es sein, das eine Doktorarbeit, die von DER Speerspitze der europäischen Wolfsinvasion betreut wird, zu einem solchen Ergebnis kommt, wenn in Deutschland nach wie vor und in einem ähnlichen Zeitraum von offizieller und NGO Seite eigentlich das genaue Gegenteil behauptet wird.
Dieses Ding ist jedoch nicht nur ein schönes Beispiel dafür, das man nichts unversucht lässt, die deutsche Öffentlichkeit zu verschaukeln, nein, es ist auch ein Beispiel dafür, wie wichtig es ist, das wir betroffenen Weidetierhalter uns viel enger vernetzen, als wir es bisher tun. Denn ich bin nicht heute morgen aufgestanden und habe mir gedacht: „Jetzt schau ich doch mal, ob es in Italien eine Studie über Wolfslosung gibt…“ – sondern ich musste nur meine Emails abrufen und hatte dort den link von einer Weidetierhalterin aus der Schweiz, die praktischerweise deutsch und italienisch spricht, in meinem Postfach. Und schon habt ihr ihn.
Aber da wir gerade beim Thema verschaukeln sind: Das BfN hat im Schulterschluss mit der DBBW die neuesten Zahlen des Wolfsmonitoring bekanntgegeben und verkündete am 02.12.2021 folgendes: [Zitat]
„…so lag die Mindestanzahl der erwachsenen Wölfe in den bestätigten Territorien im Monitoring Jahr 2020/2021 bundesweit zwischen 403 und 429 Wölfen.
Quelle: https://www.bfn.de/sites/default/files/2021-12/Pressehintergrund%20Wolf%2020-21.pdf
Ich werde das jetzt nicht weiter kommentieren, erwarte jedoch von unserer besten, tollsten und supergeilsten Bundesregierung in spe, das diese – gemäß ihrem besten, tollsten usw. Koalitionsvertrag in dem sie uns mehr „Transparenz“ zum Thema „Wolf“ verspricht, eine entsprechende Korrektur vornehmen wird.
Binnen 100 Tagen. Ab heute. (Mir wurde angetragen, ich möge dieser supertollen, besten Regierung aller Zeiten doch 100 Tage Zeit geben, sich einzuarbeiten – was ich hiermit getan habe!) Fairerweise – und glaubt mir, es fällt mir schwer, das zu schreiben – findet sich in der Presseerklärung des BfN auf Seite 4, Absatz 1, ein wahres Statement bezüglich des Herdenschutzes.
Dieses lautet:
„Es ist wichtig, Herdenschutzmaßnahmen schon vor eventuellen Wolf-Nutztier-Begegnungen umzusetzen, das heißt auch in Gebieten, in denen Wölfe zwar zu erwarten sind, derzeit aber noch nicht auftreten. Ein solcher präventiver Herdenschutz ist entscheidend, um so eine mögliche Konditionierung zu verhindern…“
Ich hatte für diesen Artikel somit quasi die Qual der Schlagzeilenwahl… die andere Option war: Bundesamt für Naturschutz empfiehlt die Vollvergitterung Deutschlands!
Wie wirklichkeitsentrückt muss man eigentlich sein, um zum Ende des Jahres 2021 so etwas in eine Presseerklärung zu schreiben? Mal abgesehen davon, das bislang JEDE „Herdenschutzmaßnahme“ überwunden wurde – kriegen die obersten Naturschützer unseres Landes eigentlich gar nichts mehr mit? Oder wissen die wirklich nicht, das Feldhase, Molch, Eidechse, Frosch und Kröte regelmäßig in ihren tollen „Herdenschutzmaßnahmen“ zu Tode gepulst werden? Das selbst der 400.000,00 € teure Musterzaun am Weserdeich inzwischen überwunden wurde und dahinter Schafe gerissen wurden – wie Ex-Wolfsberater Kück unlängst berichtete.
Aber ja – die haben natürlich recht. Wenn diese Gesellschaft und diese Politik unbedingt Wölfe haben will – so werden wir Weidetierhalter dieses Land in Stabmattenzäune gewanden müssen, 5 Meter hoch, 1 Meter tief einbetoniert. Obendrauf ein schöner Kranz aus Natodraht. Die Zäunchen und Hündchen die..
„ein flächendeckender Herdenschutz anhand der vom BfN und der DBBW empfohlenen Standards“ bedeuten würden – haben inzwischen überzeugend versagt.
In diesem Sinne – passt auf Eure Tiere auf.
Lars E. Broch
Lesermeinungen sind die persönliche Meinung der Schreiber und entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion.
Bildquelle: Lars E. Broch
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