Die Europäische Kommission hat heute ihr „Fit for 55-Paket“ vorgelegt. Es ist ein Bündel von Energie- und Klimagesetzen mit dem die EU ihre Klimaziele erreichen möchte:
55 Prozent Emissionen bis 2030 einsparen sowie Klimaneutralität bis 2050.
Zusätzlich zu diesem Paket aus 12 Gesetzesvorschlägen veröffentlicht die EU-Kommission einen Entwurf für eine neue EU-Waldstrategie. Die zukünftige Rolle des Waldes und der Forstwirtschaft in der EU als Teil der Lösung zur Erreichung der Klimaneutralität wird durch diesen Entwurf jedoch eindeutig abgewertet. Es fehlt ein ganzheitlicher Ansatz im Sinne des Klimaschutzes, der die Stärkung der Rahmenbedingungen für die Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes Holz unter Berücksichtigung weiterer Aspekte wie Ökologie und Soziales im Blick hat.
Den Wald isoliert als CO2-Senke zu betrachten und den Schwerpunkt auf Biodiversität zu lenken wird jedoch zu spürbaren Nutzungseinschränkungen und Holzknappheit führen: für den Holzbau und die Energie- und Wärmewende. Die Konsequenzen für die Waldbesitzenden, den ländlichen Raum, aber auch den Bioökonomiestandort Deutschland sind gravierend!
„Die Europäische Kommission muss sich vergegenwärtigen, dass die teils widersprüchlichen Gesetzesvorlagen im Paket sowie eine Politik über den Köpfen der Waldbesitzenden großes Schadpotenzial beinhalten. Das bremst den Klimaschutz aus, gefährdet den Zusammenhalt in der EU und untergräbt das Vertrauen in verantwortungsvolle Politik“, sagt Georg Schirmbeck, Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR).
Aus Sicht des DFWR erfüllt der Entwurf der EU-Waldstrategie nicht die Voraussetzungen für eine ganzheitliche und erfolgreiche Waldstrategie. Deshalb fordert der DFWR die EU-Waldstrategie unter Beachtung der Kohärenz zu anderen politischen Instrumenten, Beachtung der Subsidiarität der Mitgliedsstaaten, einer ganzheitlichen Berücksichtigung aller Ökosystemleistungen und einer aktiven Beteiligung sowie Dialog mit den Waldbesitzenden neu zu erarbeiten!
Der Deutsche Forstwirtschaftsrat unterstreicht die Notwendigkeit, dass mehr für den Klimaschutz unternommen werden muss, auch um den Wald und seine Funktionen für die Gesellschaft zu erhalten. Deshalb begrüßt der DFWR die Bestrebungen der EU mit dem Green Deal in eine klimaneutrale Zukunft zu gehen. Denn der Wald selbst profitiert auch vom Klimaschutz.
„Aber es ist für das demokratische Grundverständnis sehr befremdlich, wenn einschneidende Maßnahmen nur am grünen Tisch in Brüssel von oben herab festgelegt werden ohne die Akteure, die Waldbesitzenden in Europa, mit ins Boot zu nehmen“, betont Schirmbeck.
Darüber hinaus greift die EU mit der EU-Waldstrategie deutlich in die Subsidiarität der Mitgliedsländer ein. Schirmbeck:
„Die Aufgabe der EU ist es, einen angemessenen Rahmen für die Mitgliedsstaaten zu setzen. Alles andere geht zu weit!“
Zudem sind die Vorschläge unausgewogen und konterkarieren sich. Zum einen sollen nach Biodiversitätsstrategie mehr Flächen für die Artenvielfalt aus der forstwirtschaftlichen Nutzung gestellt werden, andererseits wird das Holz als nachwachsende Rohstoffbasis für die Bioökonomie und als Baustoff für das Europäische Bauhaus und die langfristige Kohlenstoffspeicherung benötigt. Zudem werden wir die ambitionierten Ziele des Klimaschutzgesetzes nicht ohne die energetische Holznutzung erreichen. Die erforderliche Energiewende wird ohne eine Wärmewende und dabei vor allem ohne die Holzenergie nicht möglich sein. Dem widerspricht aber der Entwurf zur Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (REDII), die ein Verbot von energetischen Nutzung einheimischen Holzes vorsieht.
Die Anrechnung der Holzentnahme als CO2-Schuld im Bereich Landnutzung und Forstwirtschaft LULUCF sowie die hohen CO2-Minderungsziele wie sie in der LULUCF-Verordnung aufgeführt sind, werden dazu führen, dass die Holznutzung in Europa mittelfristig heruntergefahren werden muss. Den benötigten nachwachsenden Rohstoff Holz müssen wir dann aus Nicht-EU-Ländern mit geringeren Standards und einem CO2-Rucksack importieren.
„In der Folge steht auch der dringend notwendige Waldumbau zu klimastabilen Mischwäldern auf der Kippe und damit der Erhalt unserer Wälder für die Zukunft“, betont Schirmbeck.
Der Deutsche Forstwirtschaftsrat gibt zu bedenken, dass die EU die Klimaziele verfehlen wird und ein Großteil der bewirtschaftbaren Waldfläche an den Klimawandel verloren wird, wenn die Forstwirtschaft durch das Fit for 55 – Gesetzespaket auf das Abstellgleis geschoben werden soll! Es ist nicht nachvollziehbar, dass über den Wald und seine Bewirtschaftung in Europa nur pauschal und einseitig ökologisch befunden wird, ohne sich mit der Waldbewirtschaftung der Länder und seiner sozioökonomischen Bedeutung im Einzelnen auseinanderzusetzen.
„Wenn wir alle über einen Kamm scheren werden viele positive Entwicklungen und Impulse die Forstwirtschaft für den Green Deal, die Ökosystemleistungen und die Wertschöpfung im Ländlichen Raum in Europa bewirken kann, verlieren“, betont Schirmbeck.
Wald in Europa bedeutet nicht nur Schutz der Biodiversität. Wald bedeutet viel mehr: Eben auch Ökosystem, Rohstofflieferant, Lebensraum, Erholung, Arbeitsplatz, Klimaschutz, sauberes Wasser. Deshalb bedarf es eines ganzheitlichen Ansatzes für die EU-Waldstrategie und die faire Beteiligung der Akteure. Schirmbeck:
„Eine EU-Waldstrategie kann man nicht über die Köpfe hinweg und gegen die Menschen verordnen, man muss sie mit den Waldbesitzenden und den Akteuren der Forstwirtschaft gemeinsam entwickeln!“
Quelle: DFWR
Bildquelle: ML-Archiv
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