Wie kann bei einer produktiven Nutzung des Getreideackers die Artenvielfalt gesteigert werden? Dieser Frage geht das Modell- und Demonstrationsvorhaben „Weite-Reihe-Getreide mit blühender Untersaat“ nach.
Erste Ergebnisse zeigen: Wird Getreide mit einem Reihenabstand von mindestens 30 Zentimetern angebaut und dazwischen blühende niedrigwüchsige Pflanzenarten ausgebracht, kann dies die Anzahl und Artenvielfalt von Pflanzen und Tieren deutlich steigern. Die Untersaat wirkt sich zudem positiv auf die Bodenfruchtbarkeit aus, Pflanzenschutz- und Düngemittel müssen weniger eingesetzt und Arbeitsgänge können reduziert werden.
Das Institut für Agrarökologie und Biodiversität (IFAB), das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) sowie 60 konventionelle Betriebe forschen seit 2020 an dieser innovativen Anbauform.
Insektenmasse stieg um ein Vielfaches
2021 konnten in den Reihen mit Untersaat durchschnittlich 14 (bei Winterweizen) und 18 (bei Sommergerste) Pflanzenarten erfasst werden, in der Normalsaat waren es drei (bei Winterweizen) und vier (bei Sommergerste) Pflanzenarten. Die Forschenden fanden zudem doppelt so viele Individuen an Spinnen und Insekten, insbesondere mehr Bienen, Hummeln und Schmetterlinge, sodass die Insektenmasse die in der Normalsaat um ein Vielfaches übersteigt. Die Kosten für Pflanzenschutzmittel und Dünger sind geringer – erste Handlungsempfehlungen sprechen beispielsweise von einer Reduktion von 50 bis 70 Prozent der üblichen Düngermenge. Zudem entfällt der Arbeitsgang zur Zwischenfruchteinsaat.
Wirtschaftlichkeit muss weiter optimiert werden
Durch den größeren Reihenabstand verringert sich jedoch die Erntemenge zwischen 25 und 30 Prozent. So lag der Deckungsbeitrag bei Sommergerste im ersten Erntejahr 2020 bei durchschnittlich 140 Euro pro Hektar bei den Untersaat-Parzellen – rund 225 Euro pro Hektar weniger als bei der Normalsaat. Durch weitere Versuche und sich daraus ergebende Handlungsempfehlungen soll das Vorgehen weiter optimiert und die Wirtschaftlichkeit gesteigert werden. Hierzu zählen beispielsweise die Zusammensetzung der Untersaat, die Düngermenge oder die Beikrautregulierung.
Internationaler Tag der biologischen Vielfalt
Artenvielfalt und Bodenfruchtbarkeit sind entscheidend für Agrarökosysteme, die an den Klimawandel angepasst sind und eine nachhaltige Versorgung mit Nahrungsmitteln gewährleisten. Darauf macht auch der Internationale Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai 2022 aufmerksam. Außerdem offenbaren die Engpässe an Produktionsmitteln auf dem Markt, dass eine ressourceneffiziente Nahrungsmittelerzeugung wichtiger ist denn je.
Der Getreidebau in weiter Reihe mit blühender Untersaat kann ein Baustein für eine nachhaltige Landwirtschaft sein. Denn hier wird die Vegetationsperiode im Spätsommer durch die Untersaat genutzt und ein Teil des Nährstoffbedarfs der Folgekultur durch die Leguminosen-geprägte Untersaat bereitgestellt.
Hintergrund
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert das Projekt „Weite-Reihe-Getreide mit blühender Untersaat“ bis November 2023, die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ist Projektträger. Ziel ist es, im Getreidebau die Pflanzenvielfalt, die Anzahl und Vielfalt von Insekten, Feldvögeln und anderen Wirbeltieren zu erhöhen und das Bodenleben zu fördern. Gleichzeitig soll die landwirtschaftliche Produktion nicht beeinträchtigt werden.
Mehr Informationen unter www.ifab-mannheim.de/download
Quelle: IFAB 2022
Bildquelle: IFAB 2022
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