Das Wetter ist einladend, und die Böden sind wieder gut abgetrocknet – nur die kalten Frostnächte halten viele Landwirte noch davon ab, mit der Drillmaschine loszufahren. „Die Vorbereitungen inklusive Bodenbearbeitung und Düngerstreuen laufen aber bereits“, sagt Gerhard Rott, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Niedersächsischen Braugerstenanbaues. Ganz mutige Berufskollegen hätten sogar schon mit der Aussaat begonnen, die noch vor zehn Jahren erst Anfang April anstand und auch im Vergleich zum Vorjahr etwa 10 Tage eher stattfindet.

„Wir drillen so früh wie möglich, damit die Pflanzen genug Zeit haben, ein effektives Wurzelsystem auszubilden, bevor die Frühsommertrockenheit kommt“, erläutert Rott. Denn die Braugerste wächst vor allem auf den sandigeren Böden rund um Celle, Lüneburg, Uelzen und den Nordkreisen Peine sowie Helmstedt als südlichstem Zipfel, die besonders schnell austrocknen und auf Beregnung angewiesen sind.

Ein Exot ist daher Markus Gerhardy, der im südlichen Niedersachsen Braugerste für die Einbecker Brauerei anbaut. „Das ist eine gute Möglichkeit, die regionale Wertschöpfungskette darzustellen“, sagt der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Hauptverbandes Südniedersachsen. Unter dem Motto „Aus der Region für die Region“ stammt in diesem Jahr sogar das Saatgut von einem südniedersächsischen Pflanzenzüchter.

Der Landwirt ist stolz darauf, dass aus der Gegend zwischen Einbeck und Göttingen trotz des für Sommergerste eher untypischen guten Bodens sehr stabile Qualitäten an die Brauerei geliefert werden konnten. „Das ist uns im vergangenen Jahr schon zum zweiten Mal gelungen“, freut sich Gerhardy. Für die Landwirte ist es eine Herausforderung, Sommergetreide in die Fruchtfolge aufzunehmen und damit die Vielfalt auf den Äckern zu erhöhen. „Da Braugerste sehr wenig Stickstoff benötigt, ist beim Anbau Fingerspitzengefühl gefragt“, hebt er hervor.

Während die Grundlage für ein kühles Blondes in Südniedersachsen etwa 120 Hektar einnimmt, werde die niedersächsische Anbaufläche für Sommergerste etwa 20.000 allerhöchstens 23.000 Hektar betragen, schätzt Rott. Einiges davon lande zudem in den Futtertrögen von Schweinen und Hühnern. „Bereits seit etwa 30 Jahren ist der Anbau von Braugerste in Deutschland in der Tendenz rückläufig“, sagt Andreas Lege, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Niedersächsischen Braugerstenanbaues.

Zur Ernte 2021 war der historisch niedrigste Stand erreicht. Er sieht jedoch gute Chancen auf eine erneute Ausweitung des Anbaus, denn die deutschen Mälzereien decken ihren Bedarf nur etwa zur Hälfte aus heimischem Anbau. Der niedrige Stickstoffbedarf, die Auflockerung der Fruchtfolge und die guten Preise, die sich aus dem knappen Angebot ergeben, seien gute Argumente für den Anbau dieser anspruchsvollen Getreideart. Für diese Ernte lassen sich die Anbaustrategien der niedersächsischen Landwirte jedoch nur noch wenig beeinflussen „Die Fruchtfolge steht, der Raps und das Wintergetreide wachsen bereits und für Zuckerrüben und Mais gibt es meist Abnahmeverträge“, erläutert Rott. Viel Spielraum für spontane Entscheidungen bleibe da nicht. 

Quelle: Landvolk Niedersachsen

Bildquelle: Landvolk Niedersachsen


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