Die Plattform Forst & Holz fordert praxisnahe und unbürokratische Regelungen für die Umsetzung der EU-Verordnung gegen Entwaldung (EUDR). In einem offenen Brief an die Bundesregierung sowie an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und des Europäischen Parlaments wendet sich das Cluster Forst und Holz gegen weitere politische Verschärfungen bei der nachhaltigen Bereitstellung des klimafreundlichen heimischen Rohstoffs Holz.

In ihrem Offenen Brief warnt die Plattform Forst & Holz eindringlich vor massiven negativen Folgen durch die EUDR-Verordnung für Waldbesitzer, Forstbetriebe und holzwirtschaftliche Unternehmen in Deutschland. Eine Umsetzung in der bislang geplanten Form würde an vielen Stellen zur Aufgabe der Waldbewirtschaftung führen und gerade kleinere Betriebe aus dem Markt drängen. Die Ziele der Bundesregierun zur Klimaanpassung durch Waldumbau und verstärkten Holzbau werden so konterkariert. Georg Schirmbeck, stellvertretender Plattformsprecher und Präsident des Deutschen Forstwirtschaftsrates (DFWR) unterstreicht: „Die praktische Umsetzung dieser Verordnung, so wie sie das Bundeslandwirtschaftsministerium derzeit vorsieht, wird exorbitante Belastungen und Bürokratieaufwuchs für Bund, Länder und Waldeigentümer verursachen. Dies gilt insbesondere für den Kleinprivatwald und die forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse, aber auch für die holzwirtschaftlichen Betriebe.  Das Cluster Forst und Holz ist sich einig, dass diese Verordnung so nicht kommen darf. Der ländliche Raum braucht Entlastung und keine sachfremden Belastungen.“

Aufgrund bereits bestehender Waldgesetze, flächendeckend funktionierender Forstverwaltungen und einem hohen Grad an freiwilliger Zertifizierung hierzulande führe die undifferenzierte Umsetzung der Verordnung zu einem unverhältnismäßig hohen Aufwand und bringe keinen sachlichen Mehrwert, kritisiert die Plattform Forst & Holz. Erwin Taglieber, Plattformsprecher und Präsident des Deutschen Holzwirtschaftsrates (DHWR), erklärt: „Der Testlauf der Betriebe mit dem
EU-Informationssystem zeigt eklatante Defizite in der technischen Umsetzung. Von etlichen beteiligten Unternehmen der Forst- und Holzwirtschaft kommt das eindeutige Signal: So wie die Umsetzung technisch angedacht ist, wird sie nicht umzusetzen sein.”

Hier der offene Brief im Wortlaut:

An:
Herrn Bundesminister Cem Özdemir, BMEL
Frau Bundesministerin Steffi Lemke, BMUV
Herrn Bundesminister Robert Habeck, BMWK
nachrichtlich an die:

  • Mitglieder der Bundesregierung
  • Mitglieder des Deutschen Bundestages
  • Deutsche Mitglieder des Europäischen Parlaments

Offener Brief zur Umsetzung der EUDR – EU-Deforestation Regulation

Anforderungen und Hürden für eine unbürokratische und praxisnahe Umsetzung des
Verordnungsrahmens im deutschen Staats-, Privat- und Kommunalwald sowie in den
Betrieben der Holzindustrie.

Ausgangssituation:
Deutschland ist mit 11,4 Millionen Hektar zu einem Drittel bewaldet und der Holzvorrat in den Wäldern der Bundesrepublik ist größer als in jedem anderen Land der Europäischen Union (EU)1. Seit Jahrzehnten wächst die Waldfläche in Deutschland stetig. Diese Aspekte werden durch die bewährte nachhaltige Waldbewirtschaftung, geltende Bundes- und Landeswaldgesetze sowie verschiedene Zertifizierungssysteme (80% der Waldfläche ist zertifiziert)2 gesichert. Somit existieren normative, rechtliche und freiwillige Beschränkungen, die eine nachhaltige Forstwirtschaft ohne Entwaldung und Waldschädigung in Deutschland wirkungsstark garantieren und die Erbringung der Ökosystemleistungen des Waldes langfristig sichern.

Die praktische Umsetzung der EU-Verordnung gegen Entwaldung, vor allem die Umsetzung und Einhaltung der Sorgfaltspflicht sowie die Erstellung der Sorgfaltserklärungen, wird erheblichen bürokratischen und ökonomischen Aufwand verursachen. Dies gilt insbesondere für den Kleinprivatwald und die forstwirtschaftlichen Zusammenschlüsse sowie für die
Holzindustrie, da viele der benötigten Informationen bisher nicht erhoben werden und/oder nicht in digitalisierter Form vorliegen.

Verhältnismäßigkeit
Grundsätzlich begrüßt die Plattform Forst & Holz die Bemühungen der EU zur Verminderung der globalen Entwaldung zum Erhalt von Biodiversität sowie zum Erreichen der Klimaziele. In diesem Kontext führt eine vollumfängliche Umsetzung der EUDR in Mitgliedsstaaten mit geringem Entwaldungsrisiko zu keiner Verbesserung des globalen Entwaldungszustandes, da
das Problem der illegalen Entwaldung in diesen Mitgliedsstaaten nicht vorliegt. Zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit sollte daher eine differenzierte Umsetzung der VO angestrebt werden, die dem jeweiligen Entwaldungsrisiko der Mitgliedstaaten Rechnung trägt. Eine undifferenzierte Umsetzung der VO führt zu einem erheblichen zusätzlichen Bürokratieaufbau, der in Bezug auf die Holzerzeugung aufgrund bereits bestehender Waldgesetze, flächendeckend funktionierender Forstverwaltungen und einem hohen Grad an freiwilliger Zertifizierung hierzulande unnötig und daher zu vermeiden ist. Für die deutschen Waldbesitzenden und die Industriebetriebe bedeutet dies einen unverhältnismäßig hohen
Aufwand.

Die sich anbahnenden bürokratischen Hürden und hohen technischen Voraussetzungen werden verhindern, dass alle Marktteilnehmer einen freien Zugang zu den Märkten behalten, Klein- und Kleinstprivatwaldbesitzer werden auf der Strecke bleiben. Ebenso wird der Dokumentations-, Digitalisierungs- und Verwaltungsaufwand für große und mittlere Betriebe
der Forst- und Holzwirtschaft unverhältnismäßig hoch in Bezug auf den Nutzen der Verordnung sein.

Kritikpunkte
Nach aktuellem Kenntnisstand zeichnet sich eine eher bürokratische und praxisferne
Umsetzung der Verordnung auf nationaler Ebene ab. Die Plattform Forst und Holz formuliert
daher folgende Kritikpunkte:

  1. In Deutschland gibt es keine Waldschädigung im Sinne der Verordnung und die Legalität des Holzeinschlages ist bereits gesichert. Diese Punkte werden durch bestehende Gesetzgebung, Verordnungen und Vorschriften ausreichend geschützt und durch eine flächendeckend vorhandene Exekutive überwacht. Eine undifferenzierte Umsetzung der EUDR in ein nationales Gesetz würde zu nicht mehr effektiv leistbaren bürokratischen Kontroll- und Prüfvorgängen führen. Der Schutz des Waldes vor Schädigung und illegalem Holzeinschlag ist bereits durch etablierte
    Kontrollmechanismen voll umfänglich abgedeckt. Deutschland ist daher als Niedrig-Risiko-Land im Sinne der EUDR anzusehen.
  2. Eine Erfüllung der EUDR wird an den fehlenden EDV-Möglichkeiten kleinerer Unternehmen sowie des einzelnen Waldbesitzenden scheitern und diesen somit vom Markt ausschließen. Es gibt eine Vielzahl von Waldbesitzenden, besonders im Kleinprivatwald sowie betroffenen Holzbetrieben, welche die Anforderungen der EUDR aufgrund fehlender EDV Möglichkeiten aktuell nicht umsetzen können und deshalb mit dem Ende der Übergangsfrist ihren Marktzugang verlieren. Dies wird zu einer Beendigung der Bewirtschaftung dieser Waldflächen führen und somit
    den Zielen der Holzmobilisierung und der Klimaanpassung unserer Wälder entgegenstehen.
  3. Der Bürokratieaufwand, den die nationale Umsetzung der Verordnung mit sich bringt, steht in keinem angemessenen Verhältnis zur Vermeidung von Entwaldung in Deutschland, da diese schlichtweg nicht stattfindet. Entgegen den Bestrebungen der Bundesregierung zum Bürokratieabbau wird die nationale Umsetzung der EUDR zu einem enormen bürokratischen Aufwand führen. Dies betrifft nicht nur die Waldbesitzer, sondern auch die Länder und den Bund selbst. Der Aufwand für die Erfassung und Eingabe der erforderlichen Daten, die notwendigen personellen Ressourcen für die Dokumentation und die Kontrolle sowie der allgemeine Aufwand für die Umsetzung der Verordnung sind in Deutschland und anderen Mitgliedsstaaten mit geringem Entwaldungsrisiko nicht erforderlich. Zusätzliche Maßnahmen in diesen Ländern führen zu keiner Verbesserung der globalen Entwaldungssituation. Von einer Sinnhaftigkeit oder gar Wirksamkeit der EUDR in Deutschland kann in Bezug auf die Holzerzeugung daher keine Rede sein. Angemessen wäre es, in Staaten, die in den letzten Jahrzehnten nachweislich keine Entwaldung aufweisen, auf Sorgfaltserklärungen zu verzichten.
  4. Der Testlauf der Betriebe mit der Informationsplattform der EU zeigt eklatante Defizite in der technischen Umsetzung. Von etlichen an der Testphase des EU-Informationssystems (IS) beteiligten Unternehmen der Forst- und Holzwirtschaft kommt das eindeutige Signal: So wie die Umsetzung technisch angedacht ist, wird sie nicht umzusetzen sein. Das System weist große Defizite in der Handhabbarkeit der Dateneingabe, der Verarbeitungskapazität und der Übersichtlichkeit auf. Durch die EUDR wird eine große Anzahl von verschiedenen Rohstoffquellen in Deutschland zu einer großen Zahl an Erstdeklarationen und Referenznummern führen. Nur eine vollkommen automatische Schnittstelle wird insbesondere bei großen Unternehmen den zu erwartenden Aufwand stemmen können.

Fazit:

Die Plattform Forst & Holz hält eine undifferenzierte Umsetzung der EUDR in Bezug auf die Holzerzeugung insgesamt für nicht zielführend, da die bisherigen Regelungen des Holzhandels-Sicherungs-Gesetzes, der Waldgesetze des Bundes und der Länder sowie andere normative Vorschriften illegale Entwaldung in der Bundesrepublik wirksam verhindern. Die
Erhebung, Verarbeitung, Aktualisierung und Kontrolle weiterer Datenmengen stehen in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen der Bekämpfung von illegaler Entwaldung in Deutschland und weltweit, sie sollten daher vermieden werden.
Wir fordern das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft dringend auf, sich für eine differenzierte Umsetzung der EUDR einzusetzen, so dass zusätzliche Bürokratie vermieden wird, kein Waldbesitzer seinen Marktzugang verliert und überfordert wird sowie den Forstbehörden der Länder kein zusätzlicher Kontrollaufwand aufgebürdet wird. Die Praxistauglichkeit der Verordnung ist derzeit nicht gegeben. Hierzu verweisen wir auf ähnliche Äußerungen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten. Die Plattform Forst und Holz schlägt daher vor, dass ein Staat, der nachweisen kann, dass er in den letzten 10 Jahren keine Beanstandungen in Bezug auf das Hauptziel der EUDR, nämlich die Verhinderung illegaler Entwaldung, erhalten hat, von der Durchführung der entsprechenden Prozesse befreit wird. Damit ist nach unserer Auffassung die notwendige WTO-Konformität hergestellt und zudem werden unnötige Bürokratie und damit verbundene Kosten vermieden.

Erwin Taglieber – Sprecher der Plattform Forst und Holz stv. Sprecher der Plattform Forst und Holz,
Präsident Deutscher Holzwirtschaftsrat e.V. (DHWR

Georg Schirmbeck – stv. Sprecher der Plattform Forst und Holz, Präsident Deutscher Forstwirtschaftsrat e.V. (DFWR)

Quelle: DFWR

Bildquelle: ML-Archiv


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