Kommentar von Jörn Ehlers:
Wie sehr sich die Verhältnisse der Fleischmärkte hin zu zerstörerischen Strukturen entwickelt haben, wurde uns am Freitag, den 13. Mai, vor Augen geführt.
Vion, eines der größten Schlachtunternehmen in Deutschland, schlägt den Schweinehaltern mit der Faust ins Gesicht, indem durch ein Schreiben der ursprünglich vereinbarte Preis zurückgezogen wird. „Hauspreise“ nennt man in der Branche dieses auch bei anderen Unternehmen nicht unübliche Verhalten. Erschütternd ist die neue Größenordnung, in der Vion versucht, vereinbarte Preise zum eigenen Vorteil nach unten zu diktieren. Nach einem nicht zu überhörenden Aufschrei der Landwirtschaft und einem Bekenntnis anderer Schlachtunternehmen zum ursprünglich vereinbarten Preis, erfolgte die peinliche Rolle rückwärts bei Vion. Von einem Missverständnis ist mittlerweile die Rede. Aber es war weder an diesem Schreiben, noch an der danach folgenden und mittlerweile auch dementierten Aussage, ab Mittwoch den Preis abzusenken, irgendetwas missverständlich. Es zeigt vielmehr, wie einfach es heutzutage für Schlachtunternehmen geworden ist, frech die eigene Marktmacht gegenüber Lieferanten einzusetzen und immer weiter auszubauen.
Aber es gibt noch eine weitere Seite derselben Medaille, die mich als Landwirt genauso fassungslos zurücklässt: Vergleichszahlen des Lebensmitteleinzelhandels zu bekommen, ist schwierig bis unmöglich. Dank Zahlen der AMI (Agrarmarkt Informations Gesellschaft) können wir feststellen, dass sich die Preisspanne – z.B. bei Schweinefleisch – zwischen Erzeuger und Verbraucher um 20 Prozent in zwei Jahren erhöht hat. Also 20 Prozent mehr für Schlachtbetriebe und Lebensmittelhandel! Wer sich dort die Taschen vollgesteckt haben könnte, erklärt ein kürzlich in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ) und anderen Zeitungen erschienener Artikel. Dort wird die positive Entwicklung der Edeka Minden-Hannover beschrieben: mehr Umsatz und deutlich mehr Gewinn im Verhältnis zur Umsatzsteigerung zeigen, es wurde billiger eingekauft und teurer verkauft als im Vorjahr. Kurz gesagt: „Wir lieben Lebensmittel“, aber nicht deren Erzeuger scheint das neue Motto zu werden… In Zahlen bedeutet für die Edeka Minden-Hannover ein Umsatzplus von nur 3,5 Prozent im Ergebnis ein Gewinnplus von 27 Prozent und eine Steigerung der Gewinnrate von 22,6 Prozent. Die Zahlen anderer Handelsunternehmen werden sich nicht großartig unterscheiden, wodurch sich die erwähnte Entwicklung der Preisspanne erklärt.
Die Erkenntnis ist da, doch was ist zu tun? Wir als Schweinehalter müssen die gemeinsame Preisnotierung stärken und Schlachtbetriebe, die diese in Frage stellen, bestmöglich umgehen. Das an den Tag gelegte Verhalten von Vion ist kein Missverständnis, nach dem wir alle wieder zur Tagesordnung übergehen können. Es ist die unmissverständliche Aufforderung an uns Landwirte sich Handelspartner zu suchen, bei denen auch der zweite Teil dieses Wortes Bedeutung hat. Desweiteren brauchen wir schnellstmöglich eine Stärkung der Erzeugerstufe in der Lebensmittelkette. Die Herkunftskennzeichnung ist ein lange überfälliger Baustein, um die Austauschbarkeit mit anderen Waren einzuschränken. Hier ist in erster Linie die Politik gefordert, gemachte Zusagen auch umzusetzen.
Quelle: Landvolk Niedersachsen
Bildquelle: ML-Archiv
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