Am 1. Juni war der Weltbauerntag, er wurde kaum medial beachtet, außer von den landwirtschaftlichen Fachmedien. Obwohl gerade in dieser schwierigen Zeit, jedem Verbraucher bewusst werden sollte wie wichtig eigentlich eine sichere und nachhaltige Nahrungsmittelproduktion vor Ort ist. Der Weltbauern- und Weltmilchtag soll auf die Vielfalt der Landwirtschaft, ihre zahlreichen Produkte und Leistungen für die Gesellschaft aufmerksam machen. Landwirt ist ein wunderbarer Beruf, für die meisten ist es eine leidenschaftliche Berufung. Es ist nicht immer leicht, die Berufswahl an sich birgt einige Entbehrungen. Trotzdem leben und lieben die Landwirte ihre Arbeit im Einklang mit der Natur und ihren Tieren, und das jeden Tag mit viel Herzblut.
Doch der Erhalt der Höfe fordert immer mehr von den Bauern. Die heimischen Landwirte haben am Weltbauerntag leider nicht viel zu feiern. Denn die Familienbetriebe kämpfen ums überleben.
Es fehlt an Perspektiven und Planungssicherheit. Jährlich neue Auflagen, Beschränkungen und Verbote erschweren die Arbeit, und resultieren in einem enormen, zeitintensiven Dokumentationsaufwand. Fernab von den eigentlichen Aufgaben der bäuerlichen Betriebe.
Laut Statistischen Bundesamt (2018) sind Landwirte die Berufsgruppe mit dem höchsten Arbeitszeitaufkommen (2594,8 Stunden im Jahr). Dabei hat der Arbeitsaufwand noch viel Luft nach oben, je nach Betriebszweig und -größe. Innerhalb der Tierhaltung kann von bis zu 4000 Arbeitsstunden im Jahr ausgegangen werden. Dessen ungeachtet, steigt der zusätzliche, bürokratische Aufwand seit Jahren massiv. Bereits 2017 musste ein Landwirt 32 Stunden pro Monat nur für Dokumentationszwecke leisten (DBV) – dabei hat sich der Aufwand gegenüber 2014 mehr als verdoppelt! Und das war noch vor der aufwändigen Erfassung der Stromstoffbilanz und Düngebedarfsermittlung.
Dazu kommen die immer weiter steigenden Produktionskosten, während der Erzeugerpreis seit 41 Jahren stagniert. Dabei wäre es doch auch im Interesse der Gesellschaft, dass die Landwirte fair bezahlt werden und von ihrer Arbeit nicht nur knapp überleben sondern auch leben können.
Neben den finanziellen und politischen Problemen, belastet aber auch die fehlende Wertschätzung der Landwirtschaft innerhalb der Gesellschaft.
Deutschland ist ein reiches Land, dass sich damit rühmen kann die nahezu nachhaltigste Landwirtschaft weltweit zu haben. Dabei produzieren die Landwirte qualitativ hochwertige Lebensmittel und betreiben aktive Natur- sowie Landschaftspflege. Gleichzeitig wird der Einsatz der Landwirtschaft in den Bereichen Ernährungssicherung und Klima-, Umweltschutz selten wertgeschätzt und auch nicht entsprechend entlohnt.
Die landwirtschaftlichen Emissionen (CO2, Methan, Distickstoffoxid) sinken seit 1990 kontinuierlich und übertreffen auch die vom Bund vorgegebenen Klimaziele (BMU). Alleine zwischen 1990 und 2016 hat sich der Ausstoß um 20,2% verringert. Die Forst- und Landwirtschaft ist der einzige Wirtschaftsbereich, der aktiv große Mengen an CO2 bindet und gleichzeitig Sauerstoff freisetzt. Zudem spart eine regionale Landwirtschaft klimaschädliche Transportwege ein und versorgt bereits jetzt viele Bürger mit erneuerbarer Energie aus Solar- und Biogasanlagen. Durch die Vielfältigkeit der heimische Landwirtschaft, ist sie ein wichtiger
Verbündeter im Kampf gegen den Klimawandel, unter anderem auch, weil sie als CO2 Senke fungieren kann. Es ist im Interesse der Landwirte eine intakte Natur mit fruchtbaren Böden zu erhalten und den Klimawandel aktiv zu bekämpfen. Leider werden die Bemühungen bisher nicht wahrgenommen oder anerkannt.
Diese ganzen Faktoren zermürben die Familienbetriebe und führen zu enormen Stress mit psychischen Folgen. Viele Landwirte, und auch viele Familienangehörige leiden unter Depressionen, meist ausgelöst durch finanzielle Probleme, der Angst um die Zukunft und der sinkenden gesellschaftlichen Akzeptanz der Arbeit (Lochthowe, Julius-Maximilians-Universität Würzburg). In wenigen anderen Berufsständen ist die Selbstmordrate so hoch wie in der Landwirtschaft. Die Bauern lieben ihren Beruf, die Arbeit und ihre Höfe die sie seit Generationen bewirtschaften. Der Druck der die Höfe zum Aufgeben zwingt, zerstört nicht nur Existenzen sondern auch Leben.
Politik, Handel und auch die Gesellschaft müssen sich bewusst machen, wie wertvoll und wichtig es ist eine regionale Landwirtschaft zu bewahren und ihre Zukunft langfristig zu sichern.
Bisher sieht die Zukunft der heimischen Landwirtschaft düster aus. Das Höfesterben setzt sich unaufhörlich fort. Laut Thünen Institut werden von den momentan 150.000 Viehhaltern nur noch 12% (2040) überleben, auch unter Einbezug des Borchert Plans. Allein in Bayern ist die Anzahl der Milchviehbetriebe zwischen 1980-2020 von 175.000 auf nur noch 27.000 zurück gegangen. Und das obwohl jede politische Partei stets bemüht ist zu betonen, dass man ja die bäuerliche Landwirtschaft schützen möchte.
Unsere Landwirte sind vielfältig und unverzichtbar für unsere Gesellschaft. Sie sorgen für die Ernährungssicherung der Bevölkerung, pflegen die Landschaft, kümmern sich um den Erhalt von Arten und Sorten, produzieren erneuerbare Energie und sind ein starker Partner gegen den Klimawandel. Es wird Zeit, der bäuerlichen Landwirtschaft wieder eine Perspektive zu bieten.
Mit freundlichen Grüßen LSV Bayern e.V.
Der Vorstand
Rainer Seidl | Claus Hochrein | Michael Muhr | Tizian Klein |
1. Vorstand | 2. Vorstand | 3. Vorstand | 4. Vorstand |
Quelle: LSV Bayern
Bildquelle: ML-Archiv
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