Der Bundesrat hatte in seiner 1008. Sitzung am 17.09.2021 mit dem Tierarzneimittelgesetz (BR-Drs. 659/21) und einer Entschließung zur Erleichterung tierwohlbezogener Bauvorhaben (BR-Drs. 544/21) auch über zwei Tagesordnungspunkte abzustimmen, die im Vorfeld von verschiedenen Verbänden und Interessenvertretungen kritisch begleitet worden waren, darunter unter anderem der Verband der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ), der Verband der Zootierärzte (VZT), der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖLW) und der Landesbauernverband Mecklenburg-Vorpommern. 

Minister Dr. Backhaus zeigte sich zufrieden über den Ausgang des Bundesratsplenums am vergangenen Freitag. „Mir ist durchaus bewusst, dass es bei Fachleuten und auch Tierhaltenden zum Teil massive Vorbehalte gegen das neue Tierarzneimittelgesetz (TAMG) gibt, insbesondere was die beschränkte Anwendung von Antibiotika, homöopathischer Arzneimittel und Phytotherapeutika anbelangt oder auch den Import von Tierarzneimitteln aus Drittländern. Aber der Beschluss des Gesetzes war alternativlos, schließlich haben wir EU-Recht umzusetzen“, betonte Dr. Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft und Umwelt. „Ich sehe im Moment auch nicht die Gefahr, dass es nach Inkrafttreten der neuen Regelungen am 28. Januar 2022 zu den befürchteten Versorgungsengpässen kommt. Wir werden ganz genau im Blick behalten, ob sich in der praktischen Umsetzung Regelungsdefizite zeigen. Sollte dies der Fall sein, werden wir entsprechend nachsteuern. Schließlich hat die Tiergesundheit für uns eine hohe Priorität“. Aus diesem Grund hat sich Mecklenburg-Vorpommern gemeinsam mit Schleswig-Holstein der Entschließung des Freistaates Sachsen angeschlossen, die im Bundesratsplenum eine Mehrheit gefunden hat. Hintergrund dafür ist, dass es nach den neuen Regelungen zukünftig für die Einfuhr von Tierarzneimitteln generell einer Herstellungserlaubnis bedarf. Diese Voraussetzung müssen nach aktueller Rechtslage auch praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte erfüllen, wenn sie im Rahmen eines sogenannten Therapienotstands Tierarzneimittel einsetzen wollen, die in einem Drittstaat für diese Tierart und das Anwendungsgebiet zugelassen sind. Das betrifft unter anderem Fälle, für die es in der EU keine zugelassenen Tierarzneimittel gibt, zum Beispiel für das Narkotisieren größerer Wildtiere, wie sie in zoologischen Gärten und Tierparks gehalten werden. Aufgrund der sehr hohen administrativen Herausforderungen werden praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte die geforderte Herstellererlaubnis kaum erfüllen können. Somit wird die Einfuhr, die in den Artikeln 112 – 114 der VO (EU) 2019/6 explizit genannt und vom Verordnungsgeber gewollt ist, praktisch ausgeschlossen. „Deshalb haben wir den Bund gebeten, darauf hinzuwirken, dass Artikel 88 Absatz 1 Buchstabe c der VO (EU) 2019/6 geändert wird oder alternativ eine Ausnahmeregelung in §15 Absatz 3 TAMG aufgenommen wird, um praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte in die Lage zu versetzen, bestimmte Tierarten im Therapienotstand mit Tierarzneimitteln aus Drittstaaten behandeln zu können“, erklärte der Minister. Damit unterstützt die Länderkammer eine wesentliche Forderung der Verbände VdZ und VZT. 

Zu der unter TOP 19 beratenen Entschließung zur Erleichterung tierwohlbezogener Bauvorhaben erläuterte der Minister: „Ich hatte in den Ausschussbefassungen die von Niedersachsen eingebrachte Entschließung unterstützt, diese konnte sich aber nicht gegen die von Schleswig-Holstein eingebrachte Entschließung durchsetzen.“ In der Abstimmung im Plenum fanden von den ursprünglich sechs Punkten der Schleswig-Holsteiner Entschließung drei nicht die erforderliche Mehrheit. Darunter auch die Forderung, dass Legislativvorschläge darauf ausgerichtet sein müssen, die Tierhaltung so an die Fläche zu binden, dass eine umwelt- und tiergerechte Bewirtschaftung gewährleistet wird. „Auch, wenn es hinsichtlich der konkreten Umsetzung nach Meinungsverschiedenheiten bestehen, sind wir uns dennoch in der Sache einig. Die Neuausrichtung der Tierhaltung ist unumgänglich – das gilt nicht nur für Deutschland, sondern für Europa und den Rest der Welt. Wir wollen und müssen hin zu einer tierwohl-orientierten und umweltschonenden Nutztierhaltung, bekräftigte der Minister. Das Land M-V stelle sich dieser Verantwortung. In diesem Zusammenhang verwies der Minister auch auf das im Rahmen der MeLa vorgestellte „10 Punkte-Programm zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Nutztierhaltung in M-V, Deutschland und der EU“. 

Hintergrund:

Bislang bilden die Richtlinie 2001/82/EG und die Verordnung (EG) Nr. 726/2004 den Rechtsrahmen der Union für Inverkehrbringen, Herstellung, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Vertrieb, Pharmakovigilanz, Kontrolle und Verwendung von Tierarzneimitteln. Die Bestimmungen der Richtlinie 2001/82/EG sind insbesondere im Arzneimittelgesetz und weiteren arzneimittelrechtlichen Vorschriften umgesetzt.

Ab dem 28. Januar 2022 gilt in der Europäischen Union für Tierarzneimittel insbesondere die neue Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15), mit der die Richtlinie 2001/82/EG aufgehoben wird.

Mit dem neuen Tierarzneimittelgesetz (TAMG) sollen die nationalen Vorschriften des Tierarzneimittelrechts an die neuen unionsrechtlichen Bestimmungen angepasst werden. Der Deutsche Bundestag hat dazu in seiner 236. Sitzung am 24. Juni 2021 aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichtes des Ausschusses für Gesundheit – Drucksache 19/31069 – den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zum Erlass eines Tierarzneimittelgesetzes und zur Anpassung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften – Drucksachen 19/28658, 19/29632 – angenommen. Der Bundestagsbeschluss sieht vor, die Regelungen für Human- und Veterinärmedikamente zu trennen und das Tierarzneimittelgesetz als eigenständiges neues Stammgesetz zu erlassen. Im bisher für beide Bereiche geltenden Arzneimittelgesetz werden zeitgleich die auf Tierarzneimittel bezogenen Bestimmungen aufgehoben. Damit kommt der Bundestag Vorgaben der EU-Verordnung VO (EU) 2019/6 nach.

Für die Einfuhr von Tierarzneimitteln bedarf es gemäß der VO (EU) 2019/6 Artikel 88 Absatz 1 Buchstabe c ab dem 28. Januar 2022 generell einer Herstellungserlaubnis. Diese Voraussetzung müssen nach aktueller Rechtslage auch praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte erfüllen, wenn sie im Rahmen eines sogenannten Therapienotstands Tierarzneimittel, die in einem Drittstaat für diese Tierart und das Anwendungsgebiet zugelassen sind, einsetzen wollen. Es gibt z. B. zum Narkotisieren größerer Wildtiere, wie sie in zoologischen Gärten und Tierparks häufig gehalten werden, in der EU keine zugelassenen Tierarzneimittel. Aufgrund der sehr hohen administrativen Herausforderungen (z. B. Verfügbarkeit sachkundige Person, Betriebsräume und technische Ausstattung) werden praktizierende Tierärztinnen und Tierärzte die geforderte Herstellererlaubnis kaum erfüllen können. Somit wird die Einfuhr dringend benötigter Tierarzneimittel aus Drittstaaten selbst bei Therapienotstand für Tierärzte nur eine theoretische Möglichkeit bleiben und das, obgleich diese Möglichkeit in den Artikeln 112-114 VO (EU) 2019/6 explizit genannt und vom Verordnungsgeber gewollt ist. Die Einfuhr ist dann nur über einen Inhaber mit entsprechender Herstellungserlaubnis möglich, sofern es einen Inhaber mit entsprechender Herstellungserlaubnis gibt.

Quelle: Regierungsportal M-V

Bildquelle: ML-Archiv


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