Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) startet das neue Förderprogramm „Klimaangepasstes Waldmanagement“ zur Entwicklung zukunftsfester Wälder. Dürre, Hitze und Insektenbefall haben den deutschen Wald zuletzt sichtbar geschwächt: Allein in den vergangenen fünf Jahren fielen in Deutschland rund 400.000 Hektar Wald den Folgen der Klimakrise zum Opfer.
Bundesminister Cem Özdemir: „Unsere Wälder brechen unter der Last der Klimakrise regelrecht zusammen. Damit der Wald vom Patienten zum Klimaschützer werden kann, starten wir jetzt ein gewaltiges Wald-Klima-Paket. Mit 900 Millionen Euro unterstützen wir Waldbesitzende dabei, ihre Wälder an die Folgen der Klimakrise anzupassen. Den Waldbesitzenden liegt viel daran, ihre Wälder stark zu machen und für kommende Generationen zu erhalten. Wir geben ihnen für diese wichtige Zukunftsaufgabe jetzt eine verlässliche Perspektive.“
Über das neue, bundesweite Förderprogramm können bis Jahresende 200 Millionen Euro abgerufen werden. Das Programm ist Teil der „Honorierung der Ökosystemleistung des Waldes und von klimaangepasstem Waldmanagement“ – dafür stehen aus dem Klima- und Transformationsfonds 900 Millionen Euro im Rahmen der Finanzplanung bis zum Jahr 2026 bereit.
Gefördert werden mit dem „Klimaangepassten Waldmanagement“ kommunale und private Waldbesitzende, die sich – je nach Größe ihrer Waldfläche – dazu verpflichten, elf beziehungsweise zwölf Kriterien eines klimaangepassten Waldmanagements über zehn oder 20 Jahre einzuhalten. Wer gefördert wird, muss einen Nachweis eines anerkannten Zertifizierungssystems über die klimaangepasste Waldbewirtschaftung erbringen.
Özdemir: „Wer den Wald stark macht, macht starken Klimaschutz. Denn jeder stabile Hektar Wald schützt das Klima und bietet Tieren sowie Pflanzen einen reichhaltigen Lebensraum. Und nur starke Wälder liefern verlässlich den nachwachsenden Rohstoff Holz und bieten uns Menschen einen Ort zum Erholen. Biodiversität und Strukturreichtum sind Grundvoraussetzung dafür, dass sich unsere Waldökosysteme an ein geändertes Klima anpassen können.“
Stark und resilient sind Wälder dann, wenn in ihnen mehrere Baumarten verschiedener Altersstufen wachsen – also: gesunder Mischwald statt anfällige Reinbestände. Vielfältige Mischwälder halten mehr Wasser im Boden, lassen natürliche Anpassungsprozesse als Reaktion auf den Klimawandel zu und speichern Kohlenstoff in Holz und Boden.
Weitere Informationen:
Förderanträge können zeitnah – nach Veröffentlichung der Förderrichtlinie im Bundesanzeiger – und ausschließlich online bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) über die Seite www.klimaanpassung-wald.de gestellt werden. Im Jahr 2022 gestellte Anträge werden auf de-minimis-Basis bewilligt (maximal 200.000 Euro Förderung in drei Jahren). Für Anträge ab dem Jahr 2023 strebt das BMEL eine beihilferechtliche Freistellung an, damit die de-minimis-Auflage wegfallen kann.
Mit dem Programm führt das BMEL eine langfristige Förderung ein, mit der zusätzliche Klimaschutz- und Biodiversitätsleistungen finanziert werden. Gefördert werden Betriebe, die ihre Wälder nach Kriterien bewirtschaften, die sowohl über den gesetzlichen Standard als auch über bestehende Zertifizierungen wie PEFC und FSC nachweislich hinausgehen.
Die Kriterien, die für die Förderung erfüllt werden müssen, im Überblick:
1. Vorausverjüngung ist Pflicht
Was? Vorausverjüngung durch Voranbau bzw. Naturverjüngung mit mindestens 5- bis 7-jährigem Verjüngungszeitraum vor Nutzung/Ernte des Bestandes in Abhängigkeit vom Ausgangs- und Zielbestand.
Warum? Mit der Vorausverjüngung können Probleme und hohe Aufwendungen vermieden werden, die mit der Wiederbewaldung einer kahlen Fläche verbunden sind. Das bodennahe Klima profitiert ebenfalls von längeren Verjüngungszeiträumen wie auch die Biodiversität, da eine zweite Baumschicht etabliert wird.
2. Vorfahrt für Naturverjüngung geben
Was? Die natürliche Verjüngung hat Vorrang, sofern klimaresiliente, überwiegend standortheimische Hauptbaumarten in der Fläche ankommen.
Warum? Wegen ihrer hohen genetischen Diversität bietet die Naturverjüngung die besseren Voraussetzungen für die Klimaanpassung von Bäumen. Naturverjüngte Pflanzen haben einen Startvorteil, der sich auch über die gesamte Lebenszeit vorteilhaft auf die Bäume auswirkt.
3. Standortheimische Baumarten verwenden
Was? Bei künstlicher Verjüngung müssen Anbauempfehlungen der Länder eingehalten werden, dabei ist ein überwiegend standortheimischer Baumartenanteil einzuhalten.
Warum? Die Baumartenempfehlungen der Länder sind wissenschaftlich fundiert und berücksichtigen die Klimafolgen auf die Waldökosysteme. So wird verhindert, dass Baumarten gepflanzt werden, die mit den Bedingungen vor Ort nicht zurechtkommen.
4. Natürliche Entwicklung auf kleinen Freiflächen zulassen
Was? Sukzessionsstadien und Vorwäldern müssen bei kleinflächigen Störungen zugelassen werden, da sich so eine gut angepasste Folgegeneration an Bäumen entwickeln kann.
Warum? Ungelenkte Sukzessionsprozesse sind für die natürlichen Anpassungsprozesse im Waldökosystem von großer Bedeutung. Zudem sind Sukzessionsflächen Hotspots der Biodiversität.
5. Größere Baumartendiversität schaffen
Was? Erhalt oder – falls erforderlich – Erweiterung der klimaresilienten, standortheimischen Baumartendiversität, z.B. durch Einbringung von Mischbaumarten über geeignete Mischungsformen.
Warum? Eine möglichst standortheimische Baumartendiversität trägt zum Erhalt und zur Entwicklung von resilienten und anpassungsfähigen Wäldern mit bei – und das Risiko bei Ausfällen einzelner Baumarten wird gestreut.
6. Große Kahlflächen vermeiden
Was? Kahlschläge sind tabu. Sanitärhiebe bei Kalamitäten sind möglich, sofern dabei mindestens 10 Prozent der Derbholzmasse als Totholz für mehr Artenvielfalt belassen werden.
Warum? Eine echte Präventionsmaßnahme, denn durch das Kahlschlagverbot wird u.a. verhindert: die schlagartige Veränderung des für Jungpflanzen wichtigen Waldinnenklimas, die Gefährdung der Nachbarbäume und -bestände bei Extremwetter und das rapide Absenken des Kohlenstoffspeichers Wald.
7. Mehr Totholz für mehr Leben
Was? Anreicherung und Erhöhung der Diversität an Totholz sowohl stehend wie liegend und in unterschiedlichen Dimensionen und Zersetzungsgraden; dazu zählt das gezielte Anlegen von Hochstümpfen.
Warum? Für zahlreiche Tier-, Pilz- und Pflanzenarten ist Totholz ein wichtiger Lebensraum. In gesunden Wäldern sorgt es vorübergehend zudem für die Speicherung von Kohlenstoff und Wasser und verbessert die Humusanreicherung im Nährstoffkreislauf.
8. Mehr Lebensräume mit Habitatbäumen schaffen
Was? Kennzeichnung und Erhalt von mindestens fünf Habitatbäumen oder Habitatbaumanwärtern pro Hektar, die bis zur Zersetzung auf der Fläche verbleiben. Zeitpunkt der Ausweisung der Habitatbäume: spätestens zwei Jahre nach Antragstellung.
Warum? Habitatbäume sind mit ihren vielfältigen Mikrohabitaten eine Kernkomponente der Waldbiodiversität und u.a. Lebensraum für Vögel, Fledermäuse und Insekten.
9. Größerer Rückegassenabstand: Begrenzung der Bodenverdichtung
Was? Die Fahrlinien im Wald (Rückegassen) müssen bei Neuanlage mindestens 30 Meter (bei verdichtungsempfindlichen Böden sogar mindestens 40 Meter) voneinander entfernt sein.
Warum? Das Befahren des Waldes mit schwerem Gerät kann den Boden verdichten, was sich negativ auf die Stabilität der Waldbestände und des Bodens auswirkt. Deshalb essentiell: die Begrenzung der befahrenen Fläche.
10. Pflanzen natürlich gesund erhalten
Was? Verbot von Düngung und Pflanzenschutzmittel. Mit Ausnahme von Polterbehandlungen als letztes Mittel bei schwerwiegender Gefährdung der verbleibenden Bestockung bzw. bei akuter Gefahr der Entwertung des liegenden Holzes.
Warum? Aufgrund der großflächigen Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Nichtzielorganismen und damit die Biodiversität im Wald dürfen diese nur als „ultima ratio“ zur konkreten akuten Gefahrenabwehr verwendet werden.
11. Wasserhaushalt verbessern
Was? Maßnahmen zur Wasserrückhaltung inklusive des Verzichts auf Entwässerung von Beständen und Rückbau existierender Entwässerungsinfrastruktur bis spätestens fünf Jahre nach Antragstellung.
Warum? Indem Wasser im Waldökosystem gehalten wird, verbessert sich die Resilienz des Waldes gegenüber Dürren.
12. Raum für natürliche Waldentwicklung geben
Was? Auf 5 Prozent der Fläche sollen sich Wälder natürlich entwickeln – ein Pflichtkriterium bei einer Fläche über 100 Hektar und unter 100 Hektar freiwillig. Die naturschutzfachlich notwendige Pflege- bzw. Erhaltungsmaßnahmen oder die Verkehrssicherung werden nicht als Nutzung gewertet.
Warum? Wälder mit natürlicher Entwicklung erhöhen den Kohlenstoffvorrat im Wald bis zum Erreichen des Klimaxstadiums. Sie unterstützen natürliche Anpassungsprozesse in Reaktion auf den Klimawandel und sind notwendig, um das gesamte Spektrum von an den Wald gebundener Biodiversität zu erhalten.
Quelle: BMEL
Bildquelle: ML-Archiv
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