Seit Jahren werden die Maßnahmen, die bei der Düngung insbesondere in sog. Roten Gebieten eingehalten werden müssen, heftig kritisiert. Auch die Landwirte im Bereich der Landkreise Ansbach und Weißenburg-Gunzenhausen haben sich deshalb zu Interessensgemeinschaften (IGs) zusammengeschlossen und gegen die Ausweisung Klagen eingereicht. Die vorgeschriebenen Maßnahmen widersprechen größtenteils den Erfahrungen der Landwirt vor Ort, wie Hans-Jürgen Auinger IG-Sprecher der Grundwasserkörper 1_028, 1_057 und 1_064 betont:
„Entscheidend ist die Effizienz der Düngung und nicht die Höhe von Düngegaben und das unabhängig von der Gebietskulisse.“
Allen IGs im Bereich Südwest-Mittelfranken gemeinsam ist, dass die Maßnahmen nach den Erfahrungen der Landwirte nicht zielführend für einen möglichst niedrigen Nitratgehalt im Grundwasser sind, sondern eher kontraproduktiv. Auf die Erfahrung aus den seit Jahrzehnten bestehenden Kooperationsvereinbarungen von Landwirten mit Wassserversorgern wurde vom Bundesgesetzgeber ebenso nichts gegeben, wie auf die Maßnahmen, die Kollegen aus Baden-Württemberg auch schon seit Jahrzehnten mit Erfolg umsetzen. IG-Sprecher Hans-Jürgen Auinger ist deshalb seit Bestehen der Roten Gebiete auf der Suche nach wissenschaftlichen Arbeiten, die diese Erfahrungen mit Exaktversuchen bestätigen. Meist wurden in den Arbeiten zu Stickstoffeffizienz und Zwischenfrüchten aber nicht dieKonzentration von Nitrat im Sickerwasser berücksichtigt.
Langzeitversuch mit -35% N-Düngung verringert N-Verluste kaum
Eine der wenigen Arbeiten zu Zwischenfrüchten wurde von AREP (Association Régionale pour l’Etude des Productionscéréalières et betteravières en Champagne crayeuse) an der Versuchsstation Thibie, Frankreich, im Zeitraum von 1992-2003 gemacht und veröffentlicht. (https://www.deleplanque.fr/wp-content/uploads/2017/11/Livreseigle_2017-edition2017.pdf, https://www.arvalis.fr/sites/default/files/imported_files/rapportfinalthibie_1et7505878213799499990.pdf)
Es wurde eine Fruchtfolge aus Zuckerrübe, Erbse und Weizen betrachtet. Versuchsvarianten waren unbewachsener Boden mit bedarfsgerechter Düngung, unbewachsener Boden und eine um 35% reduzierte Düngung, sowie die bedarfsgerechteDüngemenge und eine um 35% reduzierte Menge bei einem mit Hauptkulturen und Zwischenfrüchten dauerbedecktem Boden. In Abbildung 1 sind die Ergebnisse zu sehen. Selbst eine um 35% reduzierte Düngemenge verringert die Stickstoffverluste in Schnitt der zwölf Jahre kaum. Als sehr effektive Maßnahme hat sich aber eine dauerhafte Bodenbedeckung erwiesen. Diese Maßnahme hat im Schnitt der Fruchtfolge die Stickstoffverluste mehr als halbiert. Dies deckt sich mit den Erfahrungen aus Dänemark, trotz jahrelangem Aushungern der landwirtschaftlichen Kulturen wurde nicht geschafft die Nitratgehalte im Grundwasser mit Maßnahmen, die sich ausschließlich auf Düngereduzierung fokussierten, merklich zu senken. Dänemark wechselte deshalb bereits vor Jahren auf ein anderes System, das im Wesentlichen auf einen Maßnahmenkatalog setzt, aus dem ein für den landwirtschaftlichen Betrieb geeigneterMaßnahmenmix auswählt werden kann. Ein Grundgedanke ist in Dänemark nunmehr der möglichst frühe Anbau von Zwischenfrüchten nach der Ernte der Hauptkulturen im Sommer.
Um aber eine gute Stickstofffixierungsleistung mit einer Zwischenfrucht zu haben, muss diese auch ausreichend etabliert werden können. Hier gibt es eine Vielzahl Untersuchungen, die einen Zusammenhang zwischen Nährstoffverfügbarkeit und Biomasseproduktion findet. Ein interessantes Versuchsergebnis zu Zwischenfrüchten wurde im Rahmen des EIP-Agri Projekts „Verbesserung der Stickstoffeffizienz mittels Albrecht-Methode und punktgenauer Bodenanalysen durch satellitengestützte Daten“von Matthias Stettmer et al. veröffentlicht. (https://www.dvs-gap-netzwerk.de/fileadmin/sites/ELER/Datenbank/DOC_PDF/Abschlussbericht_D%C3%BCngeoptimierung%20Niederbayern.pdf).
Das Projekt wurde unter anderem vom bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums gefördert und in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München in den Jahren 2020 bis 2022 in Niederbayern umgesetzt. Im Projekt wurde zwar nicht die Biomassebildung im Zusammenhang mit dem vorhandenen Reststickstoff und Düngung bewertet, sondern die Stickstoffgehalte im Boden nach der Ernte der Hauptfrucht und bei Vegetationsende. Zum Zeitpunkt der Ernte der Hauptfrucht waren die N-min-Werte zwischen 20 und knapp 100 kg N/ha. Zusätzlich wurden die Zwischenfrüchte wurden mit 50kg N/ha aus Biogasgülle angedüngt. Am Ende der Vegetationsperiode lagen alle Versuchsglieder unabhängig vom Ausgangswert bei ca. 20 kg N/ha. Die unterschiedliche Nährstoffverfügbarkeit zeigte sich in der Biomasseproduktion der Zwischenfrucht, die augenscheinlich mit dem Reststickstoff korreliert war. Leider wurde diese aber nicht gesondert ausgewertet. Aus Erfahrung der Landwirte z.B. bei Kooperationsmaßnahmen in Wasserschutzgebieten ist dieser Stickstoff nicht ausgewaschen, sondern in den Zwischenfrüchten gespeichert worden.
Höhere Stickstoffeffizienz bei Nutzung der Albrecht/Kinsey Methode
Hauptfragestellung des Projekts war die Effizienz bei teilfächenspezifischer N-Düngen von Weizen bei verschiedenen Verfahren zur Bewertung des Düngebedarfs. Eine Variante war die Verwendung der Bewertung der Nährstoffe nach Albrecht/Kinsey. Diese Methode unterscheidet sich zur Standardmethode vor allem durch die Berücksichtigung der Nährstoffverhältnisse zueinander im Boden. Es wird davon ausgegangen, dass wenn im Boden alles in den optimalen Verhältnissen vorhanden ist, kann sich auch die Pflanze optimal ernähren. Aufgrund versuchsspezifischer Besonderheiten konnte die Düngung nicht entsprechend der Empfehlung als Bodendüngung umgesetzt werden. Die Nährstoffe, die nach der Empfehlung gebraucht würden, wurden deshalb den Pflanzen über Blattapplikationen zur Verfügung gestellt. In der dreijährigen Versuchsperiode wurde im Mittel ein Mehrertrag durch die Düngung der zusätzlichen Nährstoffe von ca. 6dt/ha erreicht, und eine Verbesserung der Stickstoffeffizienz um 9%. Die Autoren schreiben, dass diese Ergebnisse für diesen Standort in den drei Jahren gelten und noch einer breiteren wissenschaftlichen Datenbasis bedürfen.
Für IG-Sprecher Hans-Jürgen Auinger sind die vorgestellten Versuchsergebnisse die Bestätigung, dass die in der Düngeverordnung festgeschriebenen, starren Vorgaben nicht zielführend sind, die Grundwasserqualität zu verbessern. Aus seiner Sicht bedarf die Düngeverordnung einer schnellen und kompletten Überarbeitung nämlich faktenbasiert und weniger nach Meinung oder Glauben.
Umweltverwaltung will ungefasste Quelle zum neuen EU-Messpunkt machen
Von den Bayerischen IGs werden aber nicht nur die Maßnahmen kritisiert, sondern je nach Grundwasserkörper insbesondere unterschiedliche Punkte bemängelt, die zur Ausweisung geführt haben. Teilweise sind zu wenige Messstellen vorhanden oder es wurden nur wenige schlechte Messstellen ausgewählt, obwohl eine Vielzahl von Messstellen zur Verfügung stehen würden, die ein differenziertes Bild ergeben. Das Thema Messstellen wurde auch bei den ersten Verhandlungen am 25. Januar vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof besprochen. Offenbargibt es laut den deutschen Vorschriften zur Rotgebietsausweisung für die Messung an ungefasstenQuellen keinerlei Vorgaben z.B. wie etwa zur Mindestquellschüttung. Für IG Sprecher Auinger stellt sich hier die Frage, ob wir damit bei der Düngeverordnung im „rechtsfreier Raum“ agieren. Denn dieser Interpretation folgend wären auch ungefasste Quellen zulässig, die bislang aufgrund des Einflusses von Oberflächenabflüssen und Drainagen als ungeeignet betrachtet wurden. Nachdem die Aussage der Politik nach wie vor steht, dass bis Jahresende in allen Grundwasserkörpern genügend Messstellen vorhanden sein sollen, ist davon auszugehen dass, um Geld beim Bau von richtigen Messstellen zu sparen, jeder Tümpel als Messstelle geeignet sein soll.
In Abbildung 2 ist eine geplante neue Messstelle in der Gemeinde Ehingen im Landkreis Ansbach zu sehen. Am roten Pfeil tritt Wasser aus und wurde als „angeblich repräsentatives Grundwasser“ der obersten relevanten Grundwasserschichtauch schon von der Umweltverwaltung beprobt. Um eine Probenahme zu ermöglichen, musste erst Erde weggestochen werden, da ansonsten die Probe mit Schlamm verunreinigt worden wäre. In der Böschung hinter dem Wasseraustritt befinden sich einige Drainagen, die unweit von der Stelle zusammengefasst an die Oberfläche treten. Aus Sicht von IG-Sprecher Auinger ist dort keine repräsentative Probenahme möglich. Es bleibt abzuwarten, ob der Bay. Verwaltungsgerichtshof der Auffassung der Vertreter des Freistaats folgen und derartige Messstellen in den Musterverfahren als zulässig erachten oder hier doch zusätzlich zum Bundesrecht Vorgaben machen wird. Die Werte des Tümpels in Abbildung 2 stimmen jedenfalls nicht im Geringsten mit den Werten aus Brunnen der Umgebung überein. Auch eine gebohrte Messstelle wenige Kilometer entfernt hat eine sehr gute Wasserqualität, wurde aber als nicht geeignet für die Detailabgrenzung der Rotgebiete eingestuft.
Für Auinger stellt sich deshalb die Frage, welches Urteil am Ende besser ist. Sollten die Kläger gewinnen, kommt es zu einer vorgezogenen Neuausweisung in Bayern, womöglich nach den gleichen Bundesvorschriften, wogegen gegebenenfalls wieder geklagt werden müsste. Könnten im Falle einer Niederlage einiger IGs dann im nächsten Schritt auch die fachlichen Fragen der Bundesvorschriften geklärt werden und in nächster Instanz wirksame Maßnahmen im Bundesrecht erzwungen werden, fragt sich Auinger. Oder reicht der politische Druck inzwischen aus, um fachlich sinnvolle Verbesserungen in die aktuellen Reformbestrebungen des Bundesdüngerechts einzubringen?
Quelle: Dr. Hans-Jürgen Auinger, IG-Sprecher der Rote Gebiete Feuerletten/Alpvorland – Ehingen, Feuerletten/Alpvorland – Alesheim und Sandsteinkeuper in den Grundwasserkörpern
Bildquelle: IG-Sprecher Dr. Hans-Jürgen Auinger / ML
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