Lange Zeit prägten Rinder des Roten Höhenviehs das Landschaftsbild im Vogelsberg, dann nahm der Bestand drastisch ab. Mittlerweile hat sich die Situation wieder etwas verbessert. Nun soll die Anzahl der Tiere mit dem Projekt „Markterschließung für das Vogelsberger Rote Höhenvieh“ weiter gestärkt und vergrößert werden: „Wir haben es dem unermüdlichen Engagement einiger Vogelsberger Landwirte zu verdanken, dass es heute noch Rinder der Rasse Rotes Höhenvieh gibt“, sagte Landwirtschaftsstaatsekretär Michael Ruhl dazu. „Diese wichtige Erhaltungszucht der Landwirte honorieren wir bereits seit einigen Jahren mit einer speziellen Förderung für eine vielfältige Landwirtschaft. Umso mehr freue ich mich, dass wir als Landwirtschaftsministerium das Rote Höhenvieh auch über die Zucht hinaus fördern können“, so Ruhl bei der Übergabe eines Zuwendungsbescheids für das Projekt in Höhe von 85.000 Euro an den Landrat des Vogelsbergkreises, Dr. Jens Mischak, am Mittwoch in Herbstein.
Die Rinder des Roten Höhenviehs sind robust und kommen gut mit den rauen Witterungsbedingungen der Mittelgebirgsregion zurecht. Da jedoch auf Milch- oder Fleischleistung spezialisierte Rassen den Landwirten höhere Erträge versprechen, nahm der Bestand in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr ab. Das Rote Höhenvieh soll jedoch wieder zu einem Aushängeschild der Region mit seiner Kulturlandschaft aus extensiver Weidewirtschaft und Bergmähwiesen werden. Dabei strebt das Projekt eine Stärkung und Vergrößerung der Rinderbestände im Vogelsberg an. Ziel ist eine koordinierte Vermarktung des Fleischs vom Roten Höhenvieh aus dem Vogelsberg. Im Fokus stehen insbesondere die lokale und regionale Gastronomie. Außerdem sollen Engpässe in den Bereichen Logistik und Fleischverarbeitung identifiziert und praxisnahe Lösungen ermittelt werden. Zum Projektende sollen Machbarkeitsansätze für die Bereiche Verarbeitung, Logistik und Marketing vorliegen.
„Mit dem Projekt wollen wir den Aufbau wichtiger regionaler Wertschöpfungsketten unterstützen. Wir wollen dieser regionalen Fleischspezialität zu der Bekanntheit verhelfen, die sie verdient. Bald sollen alle rund um den Vogelsbergkreis die hervorragende Fleischqualität des Roten Höhenviehs kennen“, betonte Landrat Dr. Jens Mischak.
Alleinstellungsmerkmal für die regionale Gastronomie schaffen
Im Kreis sind Mario Hanisch und sein Kollege Thassilo Görgen für die Umsetzung des Projekts verantwortlich. Zukünftig soll es mehr Rotes Höhenvieh auf den ökologisch wertvollen Weideflächen im Vogelsbergkreis geben. Das Fleisch soll insbesondere in der Gastronomie etabliert werden: „Gutes Fleisch muss nicht um die halbe Welt reisen. Wir produzieren es direkt vor der eigenen Haustür. Wer regional kauft, kauft damit auch nachhaltig“, erklärte Staatssekretär Ruhl. Er und die Projektverantwortlichen sind davon überzeugt, dass die besondere Fleischqualität des Roten Höhenviehs ein Alleinstellungsmerkmal für die regionale Gastronomie darstellt.
Hintergrund
Das Rote Höhenvieh ist ein klassisches Dreinutzungsrind: Es lieferte Milch, Fleisch und wurde früher für die Feldarbeit genutzt. Die Rinder der Rasse Rotes Höhenvieh wachsen langsamer als moderne und auf Fleisch spezialisierte Rassen, was sie weniger konkurrenzfähig macht. Durch das langsamere Wachstum ergibt sich aber ein ausgeprägt nussig-fruchtiger Fleischgeschmack, der einzigartig ist und eine regionale Spezialität darstellt.
Charakteristisch für die Rasse ist ihre einfarbig rote Fellzeichnung. Die Rasse ist robust und genügsam. Sie kommt mit dem Futterangebot und den Witterungsbedingungen der Mittelgebirgsregion Vogelsberg sehr gut zu recht. Außerdem gilt sie als fruchtbar und zeichnet sich durch Leichtkalbigkeit und gute Muttereigenschaften aus.
Das Vogelsberger Rote Höhenvieh war im Zuge des Strukturwandels in der Landwirtschaft in den Siebzigerjahren fast ausgestorben. Durch einen Zufallsfund in einer Gen-Datenbank konnte Mitte der Achtzigerjahre im Vogelsberg mit Restbeständen der Tiere eine langwierige und arbeitsreiche Rückzüchtung der Rasse beginnen. Bis heute konnte sich der Bestand der Tiere so weit erholen, dass die Rasse durch die Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen (GEH) von einem Gefährdungsstatus in die Vorwarnstufe der Roten Liste Gefährdeter Nutztierrassen eingruppiert wurde. Die Erhaltungszucht ist insbesondere dem persönlichen Engagement einiger Landwirte im Vogelsbergkreis zu verdanken.
Die Erhaltung tiergenetischer Ressourcen in der Landwirtschaft ist eine wichtige Aufgabe unserer Zeit. Die vielfältige Genetik alter Rassen kann dabei helfen, zukünftige Herausforderungen wie Klimawandel, Veränderungen im Futterangebot oder Tierkrankheiten besser zu begegnen. Weitere Informationen zur Landesförderung unter: G.2 Tiergenetische Ressourcen | landwirtschaft.hessen.de.
Quelle: Hessisches Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt, Weinbau, Forsten, Jagd und Heimat
Bildquelle: Vogelsbergkreis/C. Lips
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