Über 10.000 Landwirte aus ganz Deutschland versammelten sich am 18.12.2023 mit über 3000 Traktoren in Berlin vor dem Brandenburger Tor. Seit diesem Tag gehen in ganz Deutschland die Bauern auf die Straße, damit ihre Höfe und Betriebe eine Zukunft haben, damit der Mittelstand stark bleibt, damit wir tolle Handwerker haben, Ausbildungsbetriebe und Arbeitsplätze auf dem Land, damit Traditionen überleben.
Zu dem Thema erreichte uns heute ein Leserbrief:
Mein Name ist Uta und ich bin eine Traktor-Terroristin! Ich bin eine von den dummen Bauern, die jetzt in ganz Deutschland grundlos allen Mitbürgern auf die Nerven gehen und für mehr Subventionen protestieren. Mir ist alles egal! Hauptsache ich bekomme Kohle von den Steuerzahlern, und zwar fürs Grundwasser verseuchen, Umwelt verpesten, Gift spritzen und Tiere quälen. Ironie off
So oder so ähnlich werden wir von einigen Trollen online beschimpft oder von einer Menge Ignoranten zumindest im Hinterkopf.
Und jetzt zu meiner Version der Geschichte: Es ist Samstagabend. Wir stecken mitten in den Vorbereitungen für den 8.1.2024. Seit zwei Wochen haben wir keine ruhige Minute, Weihnachten war eine kurze Verschnaufpause. Am 8.1. also wird der Startschuss fallen. Der Auftakt zu unseren Protesten. Für viele von uns Landwirten ist es nicht wirklich ein Auftakt, denn wir protstieren und demonstrieren seit mehr als 4 Jahren als „Land schafft Verbindung“ oder „Landwirtschaft verbindet“ in ganz Deutschland. Und es waren anstrengende Jahre, ein steiniger Weg. In all diesen Jahren haben wir neben unserer Arbeit, unseren anderen Ehrenämtern und zu Lasten unseres Privatlebens einen fast schon verzweifelten Kampf geführt, um gehört zu werden. Und mehr noch: um verstanden zu werden!
2019 ging es um 4 Kernthemen: das Agrarpaket, die Düngeverordnung, Bauernbashing und das Mercosur-Freihandelsabkommen.
Heute ist die Liste der Themen noch um einiges länger:
Verbote ohne Alternativen, Auswüchse der Bürokratie und Dokumentationspflichten, fehlende Planungssicherheiten, Auflagen in allen Bereichen und die EU-Programme Green Deal und Farm to Fork mit einer Vielzahl weiterer Reduktionsziele und Verbote. Diese Ideen sind nicht zuende gedacht und es gibt auch keine Folgeabschätzungen seitens der Politik.
Für uns sind die Folgen aber offensichtlich: Wir verlieren durch diese Agrarpolitik täglich mehr landwirtschaftliche Betriebe. Unsere Dörfer bluten aus. Wir verlieren Arbeitsplätze im ländlichen Raum und wir riskieren unsere Ernährungssouveränität. Deutschland kann sich nicht mehr selbst versorgen, wir sind abhängig von Importen. Genau wie im Arzneimittelbereich.
Eine fatale Entwicklung!
Und jetzt noch der Wegfall der Agrardieselrückvergütung und die Erhebung der KFZ-Steuer für landwirtschaftliche Fahrzeuge!
Damit werden die landwirtschaftlichen Betriebe noch einmal mit jährlich einer Milliarde Euro belastet und es wird uns damit sogar die Wettbewerbsfähigkeit auf dem innereuropäischen Markt genommen. Außereuropäisch sind wir ohnehin nicht mehr wettbewerbsfähig, aber das hat man auch so geschehen lassen.
Als LSV kämpfen wir seit Jahren für die Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland, für unsere Höfe, unsere Familien, unsere Existenzen.
Und jetzt geht es sogar um mehr als das! Die Aufmerksamkeit und der Zuspruch, den wir aus allen möglichen Branchen erfahren, hat uns überrollt und berührt. Wir erhalten Anrufe von Selbständigen, von Unternehmern und Verbänden, die ebenso verzweifelt sind und ebenso um ihre Existenzen bangen wie wir. Wir gehen jetzt zusammen!
Was wurde uns (Einzelpersonen oder der gesamten Bewegung) nicht schon alles unterstellt: wir seien Nazis, Steigbügelhalter für Rechts, wir verfolgten eigene politische Ziele, seien Lobbyisten, Extremisten, Radikale und neuerdings nennt man uns Traktorterroristen.
Nein! Ich bin Uta, Bäuerin, Ehefrau, Mutter und Vollblut-LSVlerin. Wir erzeugen auf unserem Familienbetrieb Lebensmittel, und das 365 Tage im Jahr.
Ich gehe mit meinen Kollegen und unseren Mitstreitern auf die Straße, damit unsere Höfe und Betriebe eine Zukunft haben, damit unser Mittelstand stark bleibt oder wieder wird, damit wir tolle Handwerker haben, Ausbildungsbetriebe und Arbeitsplätze auf dem Land, damit Traditionen überleben, unsere Kulturlandschaft erhalten bleibt, unsere Kitas und Schulen in den Dörfern Nachwuchs haben, unsere Vereine lebendig bleiben, der Bäcker und der Metzger im Dorf eine Zukunft haben und wir eine aktive Demokratie in den Kommunen leben können.
Wir müssen dabei von niemandem gewarnt werden, davor dass wir uns jetzt mit den falchen Leuten zusammentun oder jemandem auf den Leim gegangen sind, wir instrumentalisiert werden oder „in Wirklichkeit“ ominöse Mächte im Hintergrund die Fäden ziehen. In Deutschland gelten Gesetze, die regeln, was erlaubt ist und was nicht, das gilt für Organisationen und Symbole. Eine klare Richtschnur.
Ich muss nicht erinnert werden, wer vor der Ampelkoalition unser Land regiert hat und ich weiß auch, dass Neuwahlen es möglicherweise nicht besser machen. Aber ist habe Vertrauen in unsere Demokratie und in unseren Rechtsstaat und jetzt: kommt mit!
Uta von Schmidt-Kühl
Lesermeinungen sind die persönliche Meinung der Schreiber und entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion.
Bildquelle: ML-Archiv
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