Peter Guhl und Christian Linne von der Bundesvertretung der FREIEN BAUERN haben Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zum einjährigen Dienstjubiläum bescheinigt, mit seinem Amt vollständig überfordert zu sein.
„Noch nie hat ein Minister so deutliches Desinteresse am Agrarressort gezeigt wie dieser mit allzuviel Vorschusslorbeeren bedachte Schwätzer“, stellt Guhl fest und verweist auf den Forderungskatalog zur Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft, den er und Linne als Vertreter der FREIEN BAUERN in einem breiten Bündnis mit anderen landwirtschaftlichen Organisationen im Oktober 2021 an die sich anbahnende Ampel-Koalition gerichtet hatten. „Keine einzige unserer Forderungen hat Özdemir bislang aufgegriffen geschweige denn erfüllt“, kritisiert Linne: „Hört man die Verlautbarungen des Ministers, so kommen mir Zweifel, ob er sich überhaupt damit beschäftigt hat. Nichts als heiße Luft mit Hanf.“
Entsprechend verheerend fällt die Bilanz des ersten Amtsjahres von Özdemir bei den FREIEN BAUERN aus. „Durch seine Zustimmung zu den Freihandelsabkommen mit Kanada und Neuseeland hat der Minister einen grundlegenden Kurswechsel zulasten bäuerlicher Interessen stillschweigend nachvollzogen“, bedauert Linne. Waren die Grünen in der Vergangenheit immer für regionale Erzeugung und gegen Billigimporte aus Übersee eingetreten, gehe es inzwischen allenfalls darum, der Globalisierung ein grünes Mäntelchen umzuhängen, so der 50jährige Ackerbauer aus dem niedersächsischen Sottmar: „Auch bei der bisher vehement verlangten Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel hat Özdemir offensichtlich keine Eile und wartet auf eine europäische Regelung.“ Dies bedeute, dass künftig mehr Agrarprodukte aus fernen Ländern eingeführt, aber für den Verbraucher nicht zu erkennen sein werden.
Guhl erinnert daran, dass FREIEN BAUERN und Grüne früher wichtige Übereinstimmungen in der Agrarpolitik hatten: „Im Mai 2021 hat die grüne Bundestagsfraktion einen Antrag eingebracht, wonach die Milcherzeuger von ihren Molkereien einen Vertrag mit Menge und Preis hätten einfordern können – ein Jahr später kann sich im grün geführten Ministerium niemand mehr an die eigene Position erinnern.“ Statt eine entsprechende Verordnung auf den Weg zu bringen werde plötzlich von europarechtlichen Bedenken geschwurbelt. Die Chance, durch eine Formulierung im neuen Agrarbericht ortsansässige Bauern beim Grunderwerb gegen Investoren zu stärken, wird Özdemir wahrscheinlich ebenso verstreichen lassen, befürchtet der 57jähige Milchviehhalter aus dem mecklenburgischen Vorderhagen: „Als Leitbild wird wohl nicht der bäuerliche Familienbetrieb verankert werden, sondern der Ökolandbau.“
Dass Özdemir ein Jahr nach seinem Amtsantritt ein „Dialognetzwerk zukunftsfähige Landwirtschaft“ einberuft, in dem kritische Stimmen ganz offensichtlich keinen Platz haben, bestätigt den Eindruck, den Guhl und Linne vom ihm gewonnen haben. Solchen Netzwerken sollte man allerdings nicht zu große Bedeutung beimessen, meinen die FREIEN BAUERN, und die Zukunft komme im Zweifel auch ohne einen dialogfähigen Bundeslandwirtschaftsminister aus.
Quelle: Freie Bauern
Bildquelle: BMEL / Sedat Mehder
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