Die FREIEN BAUERN, Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, sehen gute Chancen für den Berufsstand, die über Teile des Landhandels vertriebenen Unterwerfungserklärungen unter das Inkassokartell Saatgut-Treuhand abzuwenden. „Angesichts von fortschreitender Abreife und schwankenden Notierungen handelt es sich derzeit um einen echten Nervenkrieg“, räumt Alfons Wolff, Bundessprecher der FREIEN BAUERN, ein. Dennoch erhalte er inzwischen sehr viele Rückmeldungen, insbesondere von größeren Betrieben, die den Abschluss von Kontrakten genau deshalb gezielt hinauszögern. „Ich kann gerne allgemein erklären, dass ich mich an Recht und Gesetz halte, aber ich werde nicht ohne Not in irgendwelche Bezugsbestätigungen, Betriebsprüfungen oder Vertragsstrafen einwilligen, für die es überhaupt keine rechtliche Grundlage gibt“, kündigt der 63jährige Ackerbauer aus dem sachsen-anhaltinischen Hohenthurm an und berichtet von Berufskollegen, die die entsprechenden Textpassagen aus den Kontrakten einfach herausgestrichen haben. Dies hätten die Aufkäufer von mindestens drei überregional tätigen Landhandelsunternehmen akzeptiert, so Wolff: „Auch auf der anderen Seite herrscht natürlich Nervosität, längst nicht alle Konkurrenten bestehen auf diesen Erklärungen und am Ende muss auch die aufnehmende Hand Mengen absichern.“
Hintergrund der angespannten Lage ist ein BGH-Urteil, mit dem die Saatgut-Treuhand gerade massiv versucht, Landwirte beim Verkauf der Ernte an den Landhandel zu Auskünften über das auf den Betrieben eingesetzte Saatgut zu zwingen. „Wir sind erstaunt, wie bereitwillig sich viele Landhändler zu willfährigen Erfüllungsgehilfen der Pflanzenzucht-Spitzel haben machen lassen“, kritisiert Wolff das Verhalten in der Branche, hebt aber auch eine wachsende Zahl von Aufkäufern hervor, die sich zu dem Urteil noch gar nicht verhalten haben oder mit allgemeinen Erklärungen zufrieden geben: „In einer solchen Situation zeigt sich, ob wir es mit ehrenwerten Geschäftspartnern zu tun haben oder nicht. Der vorauseilende Gehorsam einiger Getreidehändler hat das gegenseitige Vertrauensverhältnis nachhaltig beschädigt.“
Die laufende Auseinandersetzung ist aus Sicht der FREIEN BAUERN von zentraler Bedeutung für die unternehmerische Selbständigkeit der Betriebe. „Ich bitte alle Berufskollegen, das Thema nicht auf die leichte Schulter zu nehmen und immer auch das Kleingedruckte zu lesen“, empfiehlt Wolff: „Bei allen anderen Betriebsmitteln haben wir Handlungs- und Verhandlungsspielräume, aber ohne Saatgut gibt es keine Saat.“ Die Genetik sei der Flaschenhals, mit der die Industrie die Landwirtschaft komplett unter ihre Kontrolle bringen könne – deshalb würden die FREIEN BAUERN seit langem gentechnische Verfahren und die damit verbundenen Patente auf Nutzpflanzen genauso ablehnen wie die vor dreißig Jahren mit Zustimmung des Bauernverbandes eingeführten Nachbaugebühren. Wolff: „Jetzt gilt es, Ruhe zu bewahren und zu zeigen, dass wir uns nicht dem Diktat der Saatgut-Treuhand unterwerfen.“
Quelle: Freie Bauern
Bildquelle: Freie Bauern
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