Die allerersten Wintergerstenbestände sind bereits geerntet – mit dem allgemeinen Beginn der Ernteperiode rechnen die Pflanzenbaufachleute der Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen allerdings erst bei Einsetzen trockener Witterungsbedingungen. Regionale Unterschiede machen sich indes in diesem Jahr weniger bemerkbar: Da durch Trockenheit geschädigte Bestände dieses Jahr eher die Ausnahme waren, reift das Getreide niedersachsenweit relativ gleichmäßig ab.

Laut aktueller Wetterprognose ist bis Mitte nächster Woche noch keine anhaltende Schönwetterperiode in Sicht. Das bedeutet, dass die dann abtrocknenden Wintergerstenbestände im Prinzip generell druschreif sind. Die LWK rechnet insgesamt mit einer ertragreichen Ernte, zu den Qualitäten lassen sich derzeit noch keine konkreten Aussagen machen. Die ersten Ernteergebnisse weisen allerdings darauf hin, dass die Qualität der Körner bei der Wintergerste relativ schwach ausfällt.

Sollte sich in diesem Jahr die allgemeine Gerstenernte witterungsbedingt hinauszögern, sind dann neben der Ertragsleistung auch die weiteren agronomischen Sorteneigenschaften wie Standfestigkeit und Halmstabilität gefordert. Auf Grund der bisherigen, teilweise regional sehr ergiebigen und in kurzer Zeit gefallenen Niederschläge kam es lokal bereits zu deutlichen Lagerstellen in einzelnen Beständen: Das bedeutet, dass die Halme bodennah umknicken. Hiervon sind nicht nur Gerstenflächen, sondern auch die weiteren Getreidearten betroffen. „Vor allem von lagernden Dinkelbeständen, die aufgrund ihrer Wuchslänge besonders gefährdet sind, wird aus der Praxis berichtet“, sagt Carsten Rieckmann, bei der LWK Leiter des Sachgebiets Mähdruschfrüchte. Sollte die unbeständige Witterung länger anhalten, könnte sich das insbesondere auch auf die Qualitäten negativ auswirken.

Generell stellen die LWK-Pflanzenbaufachleute niedersachsenweit fest, dass sich die Getreidebestände dank der kühlen Temperaturen im Frühjahr bei gleichzeitig ausreichender Wasserversorgung insgesamt gut entwickeln konnten. Diese kühlen Temperaturen verhinderten oftmals auch einen erhöhten frühen Krankheitsbefall.

Seit einigen Tagen sind in zahlreichen Weizen- und Triticalebeständen häufig nesterweise Pflanzen mit hellen Ähren zu finden. Laut Dr. Hendrik Hanekamp, Leiter des Sachgebiets Mykologie und abiotische Schadursachen beim Pflanzenschutzamt der LWK, ist dieses Symptom der sogenannten Taubährigkeit vielfach auf einen über den Boden übertragbaren pilzlichen Erreger zurückzuführen. Das Wurzelwerk der betroffenen Pflanzen ist stark geschädigt, wodurch die Wasserversorgung gestört ist; Ähre und Pflanze sterben letztlich wegen Wassermangel ab. Das verstärkte Auftreten des Erregers wurde wahrscheinlich durch die anhaltend kalte und feuchte Witterung bis Ende Mai begünstigt.

Normale hochsommerliche Witterungsbedingungen vorausgesetzt, werden nach der Wintergerste die übrigen Getreidearten voraussichtlich ab Ende Juli, schwerpunktmäßig wohl aber ab Anfang August druschreif sein.

Da sich die Anbaufläche beim Weizen gegenüber dem Vorjahr wieder deutlich erhöht hat, wird sich die Erntemenge dank der guten Ertragsprognosen insgesamt spürbar erhöhen. Profitieren von der insgesamt guten Wasserversorgung der Böden in diesem Frühsommer konnten Sommerweizen, -gerste und -hafer sowie die Leguminosen. Die Bestände präsentieren sich derzeit ebenfalls durchweg gut und lassen entsprechend hohe Ertragserwartungen zu.

Die Rapsfläche hat sich 2021 gegenüber dem Vorjahr nochmals spürbar auf ca. 85.000 Hektar erhöht und verspricht ebenfalls insgesamt gute Leistungen. Insbesondere die stark angezogenen Notierungen haben viele Landwirt*innen zeitig veranlasst, entsprechende Vorkontrakte für die diesjährige, teilweise auch für die kommende Ernte 2022 abzuschließen. Daher erlebt der Rapsanbau derzeit eine Renaissance.

Quelle: Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Bildquelle: Archivfoto / Berit Hartig/Landwirtschaftskammer Niedersachsen