Das 14. Briloner Waldsymposium fand am 17. September 2021 erstmalig auf der digitalen Plattform der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft), „DLG Connect“, statt. Über 100 Fachleute der Branche informierten sich in verschiedenen Vorträgen zum Leitthema der Veranstaltung „Quo vadis Erwerbsforstwirtschaft – mit welchen Geschäftsmodellen in die Zukunft?“ und diskutierten Wege und Lösungen für die Zukunft der Waldbewirtschaftung. Nachfolgend finden Sie die Zusammenfassung der Vorträge.

„Welche Zukunftsstrategien gibt es für den Privatwald?“
Neue Geschäftsmodelle entwickeln, sich bietende Chancen ergreifen, mehr Fachlichkeit in der Forstpolitik – diese Punkte stellte Waldbesitzer Eberhard von Wrede in seinem Vortrag heraus. Der Fichtenanteil in den Wäldern seines Forstbetriebes in Amecke sei inzwischen von 70 Prozent (1982) auf 15 Prozent (2021) gesunken. Seit 1992 werden überhaupt keine Fichten mehr angepflanzt. Der Sturm Kyrill habe 2007 große Flächen- und Vorratsverluste verursacht, seit 2018 wären durch Borkenkäferschäden rund 40 Prozent der Fichtenbestände verlorengegangen. Mit 50 Prozent Douglasie, 15 Prozent Fichte und sieben Prozent sonstige Tannen soll die Zusammensetzung des Nadelwaldes heute zukunftsfähiger und klimaresistenter sein als in der Vergangenheit. Der verbliebene Anteil Fichten werde in den kommenden zwei bis vier Jahren abgenutzt. Als Strategie für den Aufbau klimastabiler Mischbestände gelte ein „4-Baumartenprinzip“.
Weitere Geschäftsfelder wurden im Betrieb Amecke erschlossen, zum Beispiel Windenergie (als Verpachtung oder im Eigenbetrieb), Friedwälder, Ruheforste, Ökopunkte, Weihnachtsbäume/Schmuckgrün, Bezahljagden als auch Waldpädagogik und Waldbaden. Ebenso werde mit CO2 Zertifikaten gehandelt.
Einen großen Einfluss auf die Betriebsübernahmen und das Engagement der nächsten Generation in der Forstwirtschaft haben seiner Meinung nach folgende Faktoren: So müsse nicht nur eine attraktive langfristige Einkommensperspektive abzusehen sein, sondern auch die zunehmende Bürokratie und das Ordnungsrecht müssten den Unternehmern noch Spielraum und Motivation zum Handeln lassen. Und Waldbewirtschafter stünden schließlich auch im oft demotivierendem Spannungsfeld zwischen dem alltäglichen Reagieren im klimageschädigten Wald und wie sie in der öffentlichen Darstellung als Waldzerstörer dargestellt werden.



„Diversifizierung als Risikovorsorge in der Praxis“
Raimund Friderichs, Leiter des Forstbetriebs Hohenzollern, bewirtschaftet rund 15.000 Hektar Forst in Baden-Württemberg und Bayern. Seit 2004 wurden fast jährlich neue Geschäftsfelder aufgebaut und entwickelt, u.a. ein permanentes Nasslager, Forstbaumschule, Kurzumtriebsplantagen, Wildbretvermarktung, Forstdienste und Forstpflanzenzüchtung, Ruheforste und StammBaum®. Weitere Nebeneinkünfte werden durch Wasserkraft, Photovoltaik, Heizkraftwerk, Weihnachtsbäume, Kiesabbau, organisierte Veranstaltungen, Waldkindergärten, Gestaltungsverträge für Leitungen, Mobilfunk, Loipen, Wegebenutzung, Bienen, Lagerplätze, Skihütten sowie durch Jagdpacht und Begehungsscheine erzielt. Durch diese neuen Geschäftsfelder konnten Erlöse pro Hektar von 57 € (2006) auf 241 € (2020) erzielt werden. Friderichs betonte, dass ein wichtiger Erfolgsfaktor für die positive Entwicklung auch die gewährte große Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiter sei, die für die unterschiedlichen Geschäftsbereiche verantwortlich sind.

„Honorierung von Ökosystemleistungen unserer Wälder“
Regierungsdirektorin und Referatsleiterin für nationale Waldpolitik und Jagd beim BMEL, Dr. Stefanie von Scheliha-Dawid präsentierte Modelle für eine Honorierung von Ökosystemleistungen der Wälder, zu denen auch Leistungen zum Klimaschutz gezählt werden. Da der EU-Klimazielplan für 2030 eine Reduzierung der THG-Emissionen um nun mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zum Ziel hat, soll nach den Vorschlägen der EU Kommission vom Juli 2021 auch die Landnutzung und Fortwirtschaft (LULUCF) in den Plan mit einbezogen werden. Wald soll ab 2026 nicht nur eine CO2-Senke dienen, sondern einen festen CO2-Minderungsbeitrag leisten. Auch im Bundesklimaschutzgesetz sind hierfür seit Mai 2021 Ziele vereinbart, die deutlich über der bisherigen Senkenleistung liegen.
Zwei Vorschläge stünden laut Frau Dr. von Scheliha-Dawid derzeit zur Diskussion:

  • Vorschlag 1: Holzeinschlag verringern, um die Kohlenstoff-Speicherung im Wald zu erhöhen. Bekannte Probleme dabei sind jedoch, dass damit Emissionen in andere Sektoren – bei Verzicht auf den Baustoff Holz – und in Wälder außerhalb Deutschlands verlagert werden. Zudem existieren steigende Risiken in älteren, vorratsreichen oder noch nicht angepassten Wäldern für Schäden durch Kalamitäten, die wiederum die CO2-Senkenleistung gefährden. Ein Umbau des Waldes zur Anpassung an den Klimawandel erfordert eine aktive Bewirtschaftung. Unter Umständen könnte Vorschlag 1 die Wertschöpfungskette Holz aber schwächen.
  • Vorschlag 2: Waldbesitzende werden unterstützt, ihre Wälder zu erhalten, klimaresistent umzubauen und weiterzuentwickeln.
    25 Prozent der deutschen Waldfläche seien besonders empfindlich gegenüber Trockenheit bzw. Dürreereignissen und sollten aktiv umgebaut werden, dass sie auch in Zukunft klimaresilient sind. Die Wälder dürften ihre Fähigkeit zur Kohlenstoffspeicherung nicht verlieren und auch nicht ihre Fähigkeit zur Bereitstellung der übrigen Ökosystemleistungen. Die derzeitige GAK-Förderung bilde das aber nicht ausreichend ab. Gefördert würden bisher nur Waldumbau durch Pflanzung, Saat, Naturverjüngung und Jungbestandspflege bis 15 Jahre.

Für die Entwicklung eines Förder-Modelles stünde somit die Anpassung als Voraussetzung der Klimaschutzleistung im Vordergrund. Zu beachten sei:

  • Es darf sich nicht um eine pauschale Flächenprämie handeln, da diese nicht den gewünschten Effekt erziele.
  • Die Maßnahmen müssen zusätzlich erbracht werden (Additionalität).
  • Es dürfen dadurch keine negativen Auswirkungen auf die Wertschöpfungskette Wald/Holz entstehen.
  • Das Fördermodell darf nicht im Widerspruch zu internationalen Regeln stehen.

Eine Honorierung dürfe es nur bei einer über den gesetzlichen Standard hinausgehenden Bewirtschaftung geben und müsse auf Managementregeln abgestimmt sein. Eine leistungsorientierte Honorierung der CO2-Senke sei derzeit jedoch kaum abbildbar, denn die Zusätzlichkeit sei zu gering. Außerdem sei unklar, wie eine Rückzahlung bei einer Vorratsabsenkung geregelt werden sollte.

Für Dr. Stefanie von Scheliha-Dawid könne ein Modell in 2 Stufen eingeführt werden: Stufe 1 ab 2022 als „Klimaschutzsofortprogramm“, das 200 Mio. EUR aus dem Energie- und Klimafonds schöpft. Ziel: die Entwicklung und der Erhalt von an den Klimawandel angepassten Wäldern durch Honorierung von einfachen Standards, die eine klimaangepasste Bewirtschaftung kennzeichnen, z.B. über die Verwendung nur standortgerechter Baumarten. Die Administrierung dieser Förderung könne über ein zusätzliches Klimasegment der forstlichen Zertifizierungssysteme erfolgen. Die Stufe 2 (ab 2023) sollte gegebenenfalls eine Ergänzung von weiteren Standards für eine klimaangepasste Bewirtschaftung enthalten. Das Fördermodell könne weitere Ökosystemleistungen honorieren und ab 2023/2024 um zusätzliche Standards erweitert werden, z.B. zum Erhalt und zur Verbesserung der Biodiversität, (z.B. naturnahe Mischbestände, Totholz, Prozessschutz , Schutz von Arten) oder auch für die Bereitstellung von Erholungsleistungen. Noch seien für alle Honorierungsvorschläge jedoch noch viele offene Fragen zu klären.

„Kann man mit Naturschutz Geld verdienen?“
Bernhard Breitsameter zeigte, wie die Waldbesitzervereinigung Aichach (Bayern) mit Vertragsnaturschutzprogrammen, Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie mit Pflegemaßnahmen zum Biotopverbund und Biodiversitätsstrategie neue Einnahmequellen für ihre Mitglieder erschließt.
Im Rahmen des Vertragsnaturschutzprogrammes Wald können für verschiedene Maßnahmen nennenswerte finanzielle Beträge erzielt werden, so zum Beispiel für den Erhalt von Nieder- und Mittelwäldern 95-135 €/ha und Jahr, für den Erhalt von Biotopbäumen 50-220 €/Baum für 12 Jahre, für das Belassen von Totholz 50-175 €/Baum für 12 Jahre, für den Erhalt von Altholzinseln 1.450 €/Insel für 12 Jahre, für den Erhalt von Biberlebensräumen 375 €/ha und Jahr, für den Nutzungsverzicht und der Schaffung lichter Waldstrukturen 100-580 €/ha und Jahr und für den Erhalt vielfältiger Biotopbaum-, Totholz- und Lichtwaldstrukturen nach Störungsereignissen bis zu 3.300 €/ha für 12 Jahre.
Bei Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen empfiehlt Breisameter, erst den regionalen Bedarf zu prüfen und zusammen mit der Forst- und Naturschutzbehörde die Entwicklungsziele und Maßnahmenvorschläge für eine Fläche festzulegen, die dann an das Ökokonto-Flächenkataster gemeldet werden. Am Beispiel einer Aufwertungsmaßnahme zur Erhöhung des Laubholzanteiles einer Waldfläche von 40 auf 70 Prozent als ökologische Verbesserung rechnete Breisameter vor, könnten Öko-Wertpunkte gesammelt werden, die bis zu 8,75 € pro Quadratmeter Zuschuss erbringen könnten. Für Maßnahmen zu Biotopverbund und Biodiversitätsstrategie erhalte der Waldbesitzer zwar kein Geld, jedoch könne dieser die Kosten für die Pflege der Flächen (wie Magerrasen, Moore, Waldränder, Wildwiesen, Wegränder, etc.) sparen, da diese in der Regel von den Trägern dieser Projekte, meist Kommunen, während der fünfjährigen Bindungsfrist übernommen würden.

Quelle: DLG

Bildquelle: DLG