Sie sind unerlässliche Helfer, die den Boden lockern und fruchtbar machen: die Regenwürmer. Seit Jahrzehnten forscht die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) daher zu diesen Nützlingen. In Feldversuchen und auf zahlreichen Boden-Dauerbeobachtungsflächen in ganz Bayern werden die Regenwürmer gezählt, gewogen und ihre Arten bestimmt. Mit dem Wissen berät die LfL Landwirte, damit ihr Boden gesund und fruchtbar bleibt. Nun ist den LfL-Forschern eine kleine Sensation geglückt: Völlig unerwartet haben sie in Niederbayern eine weltweit neue Regenwurmart entdeckt. Sie ist endemisch, kommt also bislang nur in Bayern vor. Der bayerische Regenwurm hat den Namen Helodrilus bavaricus bekommen.

Das LfL-Forschungsteam auf der Suche nach dem Helodrilus bavaricus (Foto: Roswitha Walter, LfL).

Der Traum vieler Biologen, die Entdeckung einer neuen Art, ist den LfL-Fachleuten in der Nähe von Rotthalmünster gelungen. Dort bewirtschaftet ein Landwirt seit fünf Jahren einen Acker mit Direktsaat. Mit diesem bodenschonenden Bearbeitungsverfahren füttert und hegt er die Regenwürmer. Er wollte wissen, wie sich die Tiere durch seine gute Pflege entwickeln, zumal sein Acker Teil eines Landschaftslabors im bundesweiten FInAL-Projekt zur Förderung von Insekten in Agrarlandschaften ist. So untersuchte das Bodentier-Team der LfL unter Leitung der Biologin Roswitha Walter Ende April 2024 seinen Acker.

Der Fundort in Niederbayern im November 2024 (Foto: Roswitha Walter, LfL).

Bereits auf dem Feld wurde klar: es gibt dort viele, ja sehr viele Regenwürmer, etwa 600 pro Quadratmeter. Dieser Wert ist um das Vierfache höher als der bayerische Durchschnitt für Äcker. Dann wurden die Regenwürmer im Labor gewogen und die Arten unterm Mikroskop bestimmt. In Deutschland sind insgesamt 50 Regenwurmarten bekannt, in Rotthalmünster wurden acht Regenwurmarten identifiziert. In der Regel sind es auf einem Acker etwa vier bis fünf Arten. Doch einige Tiere, die auf dem niederbayerischen Acker gefunden wurden, waren dem LfL-Team unbekannt. In keinem Bestimmungsschlüssel werden die morphologischen Merkmale der Tiere aufgeführt.

Eine Probestelle zur Regenwurmerfassung am Fundort in Niederbayern (Foto: Veronika Fick-Haas, LfL).

Also zogen die LfL-Forscher Taxonomen zu Rate, das sind Experten, die sich mit der Systematik von Regenwürmern und deren Einordnung auskennen. Zuerst wurde Dr. Norbert Höser hinzugezogen, dann zwei Taxonomen aus Ungarn, Prof. Csaba Csuzdi und Prof. Dr. Timea Szederjesi. Diese haben nun die bislang unbekannte Regenwurmart systematisch klassifiziert, erstmals beschrieben und ihr den Namen Helodrilus bavaricus verliehen – der bayerische Regenwurm.

Eine Probestelle zur Regenwurmerfassung am Fundort in Niederbayern (Foto: Veronika Fick-Haas, LfL).

Ausgewachsene Tiere der neuen Art sind nur wenige Zentimeter groß und blassrosa gefärbt. Ihrem Aussehen nach ist es ein flachgrabender Regenwurm. Doch warum wurde die Art erst jetzt gefunden? Ist es die unscheinbare Erscheinung oder eine versteckte Lebensweise? Nein, sagen dazu die Regenwurmforscher, denn die Gattung Helodrilus ist schon sehr alt. Vielmehr wird angenommen, dass es sich um ein Eiszeitrelikt handelt, die Art also nur innerhalb eines kleineren eisfreien Areals in Südbayern überleben konnte.

Ein Forscher der LfL bei der Erfassung der Regenwürmer im Feld bei Rotthalmünster (Foto: Roswitha Walter, LfL).

Erhebungen zu Regenwürmern sind sehr zeit- und arbeitsaufwändig. Es werden viele fleißige Hände benötigt. Im Vergleich zur oberirdischen Fauna ist der Kenntnisstand über versteckt im Boden lebenden Arten bei weitem nicht so gut. Nun ist es interessant zu klären, wie klein oder groß das Verbreitungsgebiet von Helodrilus bavaricus in Südbayern ist. Hier wollen die Forscher am LfL-Institut für Agrarökologie in den nächsten Jahren mehr Licht in das Dunkel im Boden bringen.

Quelle: LFL

Bildquelle: LFL


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