Der heute in Berlin vorgestellte Situationsbericht zur Landwirtschaft in Deutschland zeigt nach Auffassung der bayerischen Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber die gewaltige Herausforderung im Agrarsektor. „Entweder gelingt uns bei der Frage ‚Wie und was wollen wir essen und woher soll unser Essen kommen?‘ in den nächsten zehn Jahren mehr Ehrlichkeit und konsequentes Tun in der Gesellschaft oder wir stehen vor massiven und unumkehrbaren Veränderungen in unserer Land- und Ernährungswirtschaft“, so Kaniber.
Eine Doppelmoral, die von den Bauern hier die Einhaltung immer höherer Auflagen fordere und bei Importen nur sehr begrenzt auf die dortigen Produktionsstandards achte, ruiniere am Ende den Agrarsektor in Deutschland und ganz Europa. Das führe schon jetzt dazu, dass immer mehr Betriebe hier aufgeben und gleichzeitig immer mehr Lebensmittel importiert werden müssten. „Dabei hat die Corona-Pandemie doch allen gezeigt, wie wichtig Ernährungssouveränität ist – ein Wert, der in einer globalisierten Welt und stets vollen Lebensmittelregalen aus den Augen verloren wurde. Sich selbst versorgen zu können, hat aber zwei weitere sehr bedeutende Aspekte: Es geht zum einen um die ethische Position, dass die reichen Länder nicht durch steigende Importe den Markt und damit die Preise für Lebensmittel in den weniger entwickelten Regionen der Welt anheizen dürfen. Aber es geht auch um klimapolitische Fragen, wie zum Beispiel um lange Transportwege oder Kahlschlag von Regenwäldern für Produktionsflächen“, mahnte Kaniber. Es mache ihr große Sorgen, dass der Selbstversorgungsgrad bei Nahrungsmitteln in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre von 94 auf 88 Prozent gesunken sei.
Eine Weiterentwicklung der Landwirtschaft in Deutschland und der EU zu mehr Klimaschutz, mehr Tierwohl, mehr Biodiversität und mehr Umweltstandards werde der Freistaat Bayern unterstützen und in Bayern auch mit vielerlei Hilfen begleiten. „Hierzu gibt es in der Gesellschaft einen breiten Konsens und Bayern ist dabei Vorreiter. Aber die Vorgaben aus Brüssel und Berlin müssen so gestaltet sein, dass wir keine Strukturbrüche erleiden. In Deutschland und Bayern wird beste Qualität erzeugt. Es wäre fatal, wenn wir gerade diese nachhaltige Art der Produktion überfordern und damit Betriebe zum Aufgeben zwingen würden.“
Kaniber drückte die Hoffnung aus, dass die guten Vorschläge aus der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft in der neuen Bundesregierung doch noch Gehör finden, auch wenn sie leider keine Erwähnung im Koalitionsvertrag gefunden hätten. „Mit den von den beiden Kommissionen vorgezeichneten Lösungen hätten wir die Chance, Ökonomie, Ökologie und soziale Anliegen in der Landwirtschaft langfristig zusammenzubinden und behutsam weiterzuentwickeln. So könnten wir dem Agrarstandort Deutschland eine gute Perspektive aufzeigen.“
Quelle: StEMLF
Bildquelle: ML-Archiv
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