Robert Habeck sagte vor kurzen zu der Nahrungsmittelsicherheit lapidar „das wird schon reichen“!
Die Politik muss jetzt angesichts des Krieg in der Ukraine umdenken, wir brauchen nun kluge und vorausschauende Entscheidungen von unserer Regierung.
Wir bekamen dazu einen Leserbrief von Ulrich Knippenberg zugesandt:
Am 27.02.2022 hat unser Bundeskanzler in der einberufenen Sondersitzung mehrfach von einer Zäsur, von einer Zeitenwende gesprochen. Das undenkbare ist geschehen, das was vor 14 Tagen niemand für möglich gehalten hat ist eingetreten:
Wir haben Krieg in Europa!
Vor diesem Hintergrund machen mir folgende Zahlen und Entwicklungen noch mehr Sorgen als vorher schon:
Binnen nur zwei Jahren ist unsere Selbstversorgungsquote mit Lebensmitteln von 88% auf 80% gesunken.
Entscheidungen und Entschlüsse, die dieses weiterhin massiv befeuern, sind dringen auf den Prüfstand zu stellen, und derer haben wir mehr als genug!
Die kommende GAP-Reform (Gemeinsame-Agrarpolitik) bringt allen Betrieben eine Zwangsbrache auf mindestens 4% Ihrer Ackerfläche.
An Dekadenz kaum zu überbieten, lassen wir 4% unserer fruchtbaren Böden mitten am Verbraucher brach liegen, und importieren statt dessen noch mehr Lebensmittel.
80% – 4% „Zwangsbrache“ = 76%
Im Würfelspiel um die Roten Gebiete, Themenbereich Düngeverordnung, zeigt sich die Schwäche unseres föderalen Systems im Zusammenspiel mit den Technokraten der EU schonungslos. In der anstehenden Reform der Reform der Reform der Düngeverordnung 2017, bei der keiner mehr durchblickt, gefühlt jeder mit dem Finger auf den anderen zeigt und niemand Verantwortung für das Kernproblem, die fehlende Fachlichkeit, Nachvollziehbarkeit und Datengrundlage übernehmen will, wird davon ausgegangen das sich die so genannten „roten Gebiete“ in NRW ungefähr verdoppeln werden. In diesen Bereichen darf nur noch 20% UNTER dem errechneten Bedarf der jeweils angebauten Kultur gedüngt werden, angeblich um das Grundwasser zu schützen. Eine Bewertung ALLER ANDERER Einträge erfolgt bis heute nicht! Noch kompensieren die Böden die Ertragsdepressionen zum Teil, degenerieren aber natürlich mittelfristig.
76% – 5% „Düngeverordnung“ = 71%
Im Green Deal, wie auch im aktuellen Koalitionsvertrag wurde ein klares Ziel definiert: 30% Ökolandbau, Reduktion der eingesetzen Pflanzenschutzmittel um 50%. Bei einem aktuellen Anteil von 9,6% Biolandwirtschaft, welche entsprechend der Nachfrage nach und nach gewachsen ist, will man nun also 20,4% der Betriebe in eine andere Bewirtschaftungsart drängen. Im Ökolandbau wird auf der gleichen, nicht vermehrbaren Fläche etwa die Hälfte geerntet wie im konventionellen Anbau…
71% – 10,2% „Zwangsbio“ = 60,8%
Auf der verbleibenden Fläche sollen 50% der Pflanzenschutzmaßnahmen entfallen. Schon lange Jahre setzen Praktiker nicht nur aufgrund geltender Gesetze, sondern logischerweise auch aus wirtschaftlichen Gründen, nur das nötigste an Pflanzenschutzmitteln ein. Wer möchte schon von knappen Margen unnötige Ausgaben bestreiten? Das Ausbildungsniveau und die verfügbare Technik in dem Bereich kann man weltweit auf absolutem Top-Level einordnen. Die zu erwartenden Auswirkungen sind schwer abzuschätzen, je nach Kultur und Jahr kann das von kaum Ertragsdepressionen bis zum Totalausfall der Kultur gehen, auch werden wohl einige Kulturen aus Deutschland verschwinden und dann in anderen Teilen der Welt angebaut.
60,8% – 10% „PSM-Verzicht“ = 50,8%
Wenn man jetzt noch bedenkt, das in Deutschland JEDEN TAG 60 ha fruchtbaren Ackerlands für immer unter Beton und Asphalt verschwindet, so halte ich es für durchaus realistisch das wir in nicht all zu ferner Zukunft von 83,24 Millionen Einwohnern für über 40 Millionen Menschen auf importierte Lebensmittel angewiesen sind, statt „nur“ für gut 15 Millionen wie es heute der Fall ist.
Wohin uns eine all zu große Abhängigkeit von Importen bringt, sieht man seit einigen Tagen mehr als deutlich in der Energiepolitik- unsere Argumente sind schwach, wir sind erpressbar.
Als Landwirtschaftlicher Betrieb ist es uns egal, wir können Nahrungsmittel produzieren, oder Energie, oder auch Blühflächen.
Das ehemalige Selbstverständnis, das wir für die sichere Versorgung unserer Bevölkerung zuständig sein, ist nach Jahren der Belehrung wie wir was zu tun und zu lassen haben, in einem Dickicht aus fachlich kaum haltbaren Auflagen und in einem Meer aus Dokumentationspflichten abgesoffen.
Bei knappen Margen sage ich es mittlerweile ganz emotionslos – gemacht wird, was sich lohnt.
Über die möglichen Konsequenzen haben wir lange genug versucht zu diskutieren, und haben seit Jahren bei Medien, Politik und auch Teilen der Gesellschaft immer wieder auf Granit gebissen.
- Vielleicht, denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, können wir ja noch was an dieser Dystopie ändern?
- Vielleicht ist es an der Zeit, das gut Ausgebildete Fachleute auf Ihrem Grund und Boden wieder so etwas wie Unternehmertum leben können, statt sich von Menschen die Roggen nicht von Weizen unterscheiden können Ihren Job erklären zu lassen?
- Vielleicht können wir mal mit den Ideologischen Geschichten von der ach so klimafreundlichen Veganen Ernährung aufhören, und den Menschen erklären das weite Teile der Landwirtschaft nicht ohne Vieh funktionieren, da Futtergetreide nun mal Futtergetreide ist und bleibt, und viele Böden nichts anderes hergeben?
- Vielleicht können wir mal Anfangen, über Pflanzenschutz zu sprechen, statt über „Pestizide“, und mal unvoreingenommen die Vorteile in Relation zu möglichen Schäden setzen?
- Vielleicht können wir den bestehenden Biobetrieben die Möglichkeit lassen, ihre wachsende Kundschaft zu bedienen, statt sich auf Angebotsseite auf einmal dem dreifachen Angebot konfrontiert zu sehen?
- Vielleicht sprechen wir mal über fachlich korrekte Düngung, statt irgendwelche Nitratprobleme im Grundwasser herbei zu diskutieren, ohne überhaupt ansatzweise zu ergründen woher das Problem stammt?
- Vielleicht…
Ulrich Knippenberg
Lesermeinungen sind die persönliche Meinung der Schreiber und entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion.
Bildquelle: BLE
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