Gemeinsam mit dem Hessischen Verband für Schafzucht und –haltung e.V., der Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft e.V. und dem Verband Ökologischer Landbau in Hessen e.V. hat der HZZV eine Stellungnahme gegenüber dem HMUKLV zum übersandten Entwurf des Wolfsmanagementplans abgegeben und darüber hinaus ergänzend auf weitere Punkte hingewiesen, die vor einer Einführung des Wolfsmanagementplans nach Ansicht des HZZV zwingend zu klären sind.

Stellungnahme des Hessischen Ziegenzuchtverbandes e.V. (HZZV) zum übersandten
Entwurf des Wolfsmanagementplans

Durch den Hessischen Ziegenzuchtverband e.V. (HZZV), wurde mit Datum vom 11.03.2021
Stellungnahme zum Entwurf des Wolfsmanagementplans genommen und Änderungsbedarf
deutlich gemacht.

Vorwegzustellen ist, dass der zur Stellungnahme eingeräumte Zeitraum – von nicht einmal
vollständig drei Arbeitswochen – für ausschließlich ehrenamtlich organisierte Verbände kritisch anzusehen ist und eine vollständige Beteiligung und Einbindung der Mitglieder somit nicht möglich war.

Auch wenn eine laufende Fortschreibung generell angedacht ist, ist aufgrund der weitreichenden Konsequenzen des Managementprogramms eine ausreichend Zeit zur Prüfung und Stellungnahme notwendig.

Der HZZV sieht es zudem kritisch, dass die Entwurfsfassung offenkundig nur einem begrenzten Kreis von Verbänden, nicht aber der ebenso betroffenen Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

Entscheidend für die dauerhafte Sicherung sowohl eines Wolfsbestandes als auch der
Weidetierhaltung ist die Akzeptanz aller direkt Betroffener.

Nicht zur Vertrauensbildung trägt zudem bei, dass im Vorwort des Wolfsmanagementplans nur die Anzahl der territorialen Wölfe herausgestellt wird. Für den Umgang mit dem Wolf, als auch die Etablierung der Art sind durchwandernde Individuen ebenso relevant. Aktuelle Auswertungen weisen darauf hin, dass durch wandernde Einzelindividuen im Verhältnis häufiger Nutztierrisse erfolgen als durch territoriale Rudel. Auch die dargestellte Anzahl wird seitens des HZZV als fraglich erachtet, da bspw. die Tiere GW1409f sowie der bereits im Dezember genetisch nachgewiesene Rüde GW1939m gemeinsam mittels Fotofalle nachgewiesen wurden. Eine Rudelbildung ist somit zu erwarten.

Aus Sicht des Hessischen Ziegenzuchtverbandes besteht im vorgelegten Entwurf des
Wolfsmanagementplans deutlicher Überarbeitungsbedarf:

  • Irreführende Aussage zu Wolfsangriffen auf Schafe und Ziegen
    Die besondere Gefahr von Wolfsübergriffen auf Schaf- und Ziegenbestände wird zwar
    dargestellt, allerdings ein irreführender Eindruck zur Kausalität erweckt. So wird im
    Vorwort wörtlich ausgeführt „können Ziel von Wolfsangriffen werden, wenn der
    Herdenschutz unzureichend ist“.
    Im Kontext der weiteren Ausführungen mit Aussagen zum Grundschutz wird so der
    Eindruck erweckt, dass ein Angriff nur bei nicht vorhandenem Grundschutz denkbar wäre.
    Dies ist nicht korrekt und wird im Weiteren selbst wiederlegt. Darüber hinaus wird hier
    anscheinend der Begriff des Angriffs mit einem erfolgten Riss gleichgesetzt.
    Eine missverständliche Aussage in dieser Art führt auch zu den immer wieder gegenüber
    durch Risse betroffenen Weidtierhaltern geäußerten Anschuldigungen, dass diese ihrer
    Verpflichtung zum ausreichenden Schutz ihrer Tiere nicht nachgekommen seien. Eine
    neben dem Schaden und nicht ausgleichbaren Aufwand hierdurch zusätzlich entstehende
    psychische Belastung ist nicht hinnehmbar. Zudem sind sämtliche der dargestellten
    Herdenschutzmaßnahmen bereits durch Wölfe überwunden worden.
    Um hier Klarheit und Rechtssicherheit zu schaffen, fordert der HZZV eine Positivdefinition
    eines zureichenden, d.h. ausreichenden Schutzniveaus aufzunehmen! Soweit der im
    Weiteren angeführte Grundschutz als solches erachtet wird, sollte dies im
    Managementplan wörtlich ausgeführt werden.
  • Irreführende Aussagen zur Schaf- und Ziegenprämie
    Die im Managementplan mehrfach enthaltenen Aussagen zur Schaf- und Ziegenprämie sind irreführend. So wird ausgeführt „Mit dem Aufwand für diesen Schutz lassen wir
    Schäferinnen und Schäfer nicht alleine: wir honorieren den Aufwand der Haltung als eines
    von wenigen Bundesländern mit einer Schaf-/Ziegenprämie“. Ziel der vorgenannten Prämie ist eine Honorierung der Ökosystemdienstleistung und Existenzsicherung der schaf- und
    ziegenhaltenden Betriebe aufgrund Ihrer großen Bedeutung für umfangreiche Flächen mit
    Schutzstatus. Dies hat keinerlei Bezug zum Wolfsmanagement, insbesondere aber stellt die
    Schaf- und Ziegenprämie keine Aufwandsentschädigung für Maßnahmen des Herdenschutzes dar.
    Im Managementplan sollten daher Kausalitäten und Zusammenhänge klar
    wiedergegeben werden.

    Eine Entschädigung für den zusätzlichen Aufwand beim Zäunen stellt hingegen die ebenfalls angeführte Herdenschutzprämie dar. Die Erhöhung in 2021 wird begrüßt. Hinsichtlich der Wirksamkeit ist allerdings anzumerken, dass die Zäunung einer Fläche von 1 ha im günstigsten Fall mit einer Zaunlänge von minimal 400 m möglich ist, der Betrag nach Erhöhung entspricht somit einer Aufwandserstattung von 15 ct je m Zaun. Dem gegenüber steht nach Untersuchungen des KTBL ein doppelter Zeitaufwand beim Zäunen. Im Normalfall liegen die Zaunlängen zudem aufgrund Parzellenzuschnitt und eher
    kleinräumigen Strukturen bei den Weideflächen erheblich darüber. Hinzu kommen deutlich
    erhöhter Kontroll- und Dokumentationsaufwand. Der tatsächliche Aufwand wird daher bei
    Weitem nicht ausgeglichen.
  • Aussagen zum Grundschutz und Verweis auf Cross-Compliance- Anforderungen
    Im Managementplan wird ein Schutzniveau als Mindestanforderung für die Einzäunung
    beschrieben und postuliert, dass dieser Grundschutz dazu geeignet sei, „die überwiegende
    Zahl der Übergriffe von Wölfen auf Nutztiere im Voraus zu vermeiden.“ Die Aussage kann
    aus fachlicher Sicht nicht nachvollzogen werden, Belege hierzu existieren nicht.
    Weder in Hessen noch bundesweit werden Zahlen zu abgewehrten, d.h. abgebrochenen
    Wolfsangriffen erfasst. Die Aussage ist somit als Vermutung anzusehen. Zudem werden in
    verschiedenen Bundesländern abweichende Mindestanforderungen gestellt (bspw. 105 cm an Stelle 90 cm Mindestzaunhöhe).
    Der Verweis auf die Anforderungen der Regelungen gemäß Cross-Compliance irritiert bei
    Aussagen zu einem landesweit ausgeprägten Grundschutz. Die dortigen Anforderungen
    entwickeln aufgrund ihres Rechtscharakters keine Allgemeinverbindlichkeit und greifen
    beispielsweise für Hobbyhaltungen nicht. Wenn damit eine Sanktionierungsmöglichkeit
    zum Ausdruck gebracht werden soll, stellt sich die Frage, ob echtes Interesse an einer
    konstruktiven Zusammenarbeit mit den Weidetierhaltern besteht.
    Eine allgemeingültige rechtliche Grundlage wird nicht gegeben. Das faktisch machbare
    sowie der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wären zudem zu beachten. In der Praxis ist eine
    Vielzahl von Fällen bekannt, wo aufgrund topografischer Gegebenheiten, Bewuchs oder
    Untergrundverhältnissen der benannte Mindestschutz nicht möglich ist.
  • Unklare Aussagen zur Entschädigung und Schadensregulierung
    Dass neben den materiellen Schäden auch die psychische Belastung des Tierhalters
    anerkannt wird, war seitens der tierhaltenden Verbände länger gefordert, insofern ist es
    erfreulich, dass dies nun nicht länger in Abrede gestellt wird.
    Der Ansatz neben den reinen Tierverlusten, auch weitere Verluste wie Schäden durch auf
    Wolfsangriffe zurückzuführende Fehlgeburten bzw. Aborte einschließlich der erforderlichen
    Tierarztkosten sowie Medikamentenkosten abzudecken, muss eine Selbstverständlichkeit
    sein. Für den konkreten Fall stellt sich jedoch die Frage, wie der Nachweis der Kausalität
    erbracht werden kann. Andere Bundesländer haben diesen Sachverhalt bereits erkannt und
    in ihren Regelungen einen Entschädigungsanspruch aufgenommen, wenn der Wolf als
    Verursacher nicht auszuschließen ist. Der HZZV fordert die Umkehr der Beweislast auch in
    Hessen umzusetzen! Nicht berücksichtigt ist bislang überdies ein deutlich erschwertes
    Tierhandling nach Wolfsangriffen, selbst wenn diese nicht erfolgreich waren und keine Risse
    erfolgten.
    Die Anforderung eines genetischen Nachweises als Grundlage für einen Schadensausgleich,
    führt zu erheblichen Nachteilen für betroffene Weidetierhalter. In vielen Fällen ist durch
    Witterungsbedingungen, Querkontaminationen, Zeitdauer bis zur Probennahme,
    fehlerhafte Probennahme oder –konservierung, also Einflüssen, die nicht durch den
    geschädigten Tierhalter zu vertreten sind, ein genetischer Nachweis nicht oder nicht sicher
    möglich.
    Der HZZV fordert daher, dass ein Schadensausgleich in allen Fällen erfolgt, in denen
    aufgrund der Umstände (Bissspuren, Art der Öffnung des Kadavers, Spuren in der
    Umgebung u. ä.) von einem Wolfsangriff auszugehen ist!
  • Unklare Aufgabenverteilung
    Die als Voraussetzung für einen Schadensausgleich genannte Anforderung eines amtlichen
    genetischen Nachweises widerspricht der skizzierten Aufgabenverteilung, wonach zunächst
    Wolfsberater die Begutachtung von potentiellen Wolfsrissen vornehmen und ebenso DNAProben nehmen.
    Eine Wahrnehmung dieser Aufgabe durch ehrenamtliche Wolfsberater würde somit zwar
    der Zuständigkeitsdefinition entsprechen, aber einen Schadensausgleich durch
    „nichtamtlichen“ Nachweis unmöglich machen. Soweit die Aussage nur auf die
    Laboranalytik bezogen ist, ist unklar, wieso der labortechnische Nachweis ausschließlich
    durch das wildtiergenetische Labor der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft
    erfolgen soll. Dies kann nicht nur zu Verzögerungen und Kapazitätsengpässen führen,
    sondern ist auch wettbewerbsrechtlich fraglich. Der HZZV fordert daher die Zulassung
    weiterer Labors und Untersuchungsstellen!
    Bei der Abwicklung mit ehrenamtlich Tätigen ist zudem eine ausreichende und zeitnahe
    Erreichbarkeit sicherzustellen. Durch etwaige hierdurch bedingte Verzögerungen in der
    Rissbegutachtung und der damit einhergehenden Unmöglichkeit des Nachweises dürfen
    nicht zu Lasten des geschädigten Tierhalters gehen.
    Das Vorgehen und die Meldewege im Falle eines Nutztierrisses sind nicht deutlich
    erkennbar. Für betroffene Weidetierhalter bedeutet ein Riss nicht nur einen Schaden
    sondern auch eine erhebliche Stresssituation. Das notwendige Vorgehen sowie die
    korrekten Ansprechpartner sollten daher für diesen Fall deutlicher herausgestellt werden.
    Seitens des HZZV wird eine Aufbereitung ähnlich der Fallkonstellation des Auffindens eines
    verletzen Wolfes empfohlen. Dabei erstaunt, dass für diesen seltenen Fall eine detaillierte
    Darstellung aufgenommen wurde, die deutlich häufigeren Fallkonstellationen jedoch nicht
    abschließend klar wiedergegeben wurden.
  • Unzureichende Unterstützung beim erweiterten Herdenschutz
    Bei Überwindung des Grundschutzes werden im Managementplan Maßnahmen zum
    erweiterten Herdenschutz empfohlen. Ebenso wird dargelegt, dass die Maßnahmen eine
    erhebliche Mehrbelastung für die Weidetierhalter bedeuten. Aufgrund der wirtschaftlichen
    Rahmenbedingungen und angespannten Situation vieler Betriebe sei dies nicht leistbar und
    hierdurch werde die Leistung der Schaf- und Ziegenhaltung in der Landschaftspflege in
    Frage gestellt. Für den HZZV ist es daher umso unverständlicher, dass trotz des Erkennens
    dieser Situation nur ein Fördersatz in Aussicht gestellt wird und aufgrund der gewählten
    Formulierung „bis zu“ davon ausgegangen werden muss, dass Restkosten beim Tierhalter
    verbleiben. Hier wird die vollständige Übernahme der Kosten für alle Maßnahmen des
    erweiterten Herdenschutz gefordert!
    Zu begrüßen ist, dass die Problematik verfügbarer zeitlicher und personeller Ressourcen bei
    auftretender Notwendigkeit erweiterter Herdenschutzmaßnahmen erkannt wurde. Die
    Abwicklung über den Maschinenring scheint jedoch eher ein theoretischer Lösungsansatz
    zu sein. Bereits aufgrund des vorgegebenen Umkreises von 15 km kann nicht davon
    ausgegangen werden, dass dort dauerhaft derartige Kapazitäten auf Vorrat bereitgehalten
    werden können. Zudem können die Arbeiten zeitgleich mit anderen Arbeitsspitzen wie
    Aussaat oder Ernte auftreten. Am Beispiel der durch die Maschinenringe gestellten
    Betriebshelfer für den Krankheitsfall wird dies sehr deutlich, hier bestehen praktisch keine
    freien Kapazitäten. Losgelöst hiervon ergibt sich die Fragestellung der Kostenträgerschaft,
    eine erfolgreiche Realisierung ist nur bei einer vollständigen Kostenübernahme durch das
    Land möglich.
    Die dargestellten Schwierigkeiten beim Einsatz von Herdenschutzhunden werden seitens
    des HZZV ebenso gesehen. Dennoch verwundert, wieso die Anschaffung von
    Herdenschutzhunden auf Herden über 250 Schafe beschränkt wird. Damit steht das
    Instrument des Herdenschutzhundes für die Ziegenhalter aber auch andere Weidetierhalter nicht zur Verfügung.
  • Management auffälliger Tiere
    Es ist zu begrüßen, dass in der Auflistung der Maßnahmen bei auffälligen Wölfen die
    gesamte Breite der rechtlich gegebenen Möglichkeiten im Managementplan vorgesehen ist
    und auch die Entnahme in Betracht gezogen wird. Die im Managementplan hierfür
    benannten Anforderungen erschließen sich jedoch nicht aus den gesetzlichen Vorgaben,
    wonach dies zur Abwendung ernster land-, forst-, fischerei- oder wasserwirtschaftlicher
    oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden möglich ist und ernste wirtschaftliche
    Schäden auch vorliegen können, wenn durch zumutbare Herdenschutzmaßnahmen
    geschützte Weidetiere gerissen werden.
    Die Norm bezieht sich insofern nur auf das Vorhandensein eines Schutzes, trifft aber keine
    Aussagen wie dieser überwunden wird. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass die Art und
    Weise wie der Herdenschutz überwunden wurde von Relevanz sein soll. Die im
    Managementplan enthaltene Aussage, ein Schaden am Zaun könnte durch in Panik
    geratene Weidetiere verursacht sein und somit nicht durch den Wolf verursacht sein, womit
    eine wesentliche Voraussetzung für das Vorliegen eines begründeten Einzelfalls und somit
    der Ausnahmegenehmigung fehle, ist bereits denklogisch falsch, da soweit die Panik der
    Herde durch den Beutegreifer verursacht war, dieser zwar nur mittelbar, aber dennoch den
    Schaden verursacht hat.
  • Der HZZV bittet daher um Klarstellung und rechtskonforme Ausführung der
    Voraussetzungen für eine Entscheidung nach §45 Abs. 7 Satz 1, Nr. 1 BNatSchG!
    Der HZZV hofft auf eine offene und sachliche Auseinandersetzung mit den benannten
    Änderungsnotwendigkeiten damit ein konstruktiver, gleichberechtigter Ausgleich aller Interessen erreicht werden kann!

Quelle: Hessischer Ziegenzuchtverband e.V. 

Bildquelle: ML-Archiv


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