Ein altes Vorurteil lautet: „Die Landwirtschaft verschmutzt die Gewässer“.
Doch moderne Umweltforensik zeigt ein anderes Bild.
Der Umweltgeologe Prof. Dr. Tobias Licha weist nach, dass die größten Belastungen in vielen Regionen nicht aus der Landwirtschaft stammen, sondern aus undichten Abwasserkanälen, überlasteten Regenrückhaltebecken und anderen städtischen Quellen.
Mithilfe hochentwickelter Umweltforensik können Forschende heute viel präziser nachvollziehen, woher Verunreinigungen tatsächlich stammen – und oft zeigt sich: Städtische Quellen – nicht landwirtschaftliche Betriebe – sind deutlich relevanter als lange angenommen.
Einer der führenden Experten auf diesem Gebiet ist Prof. Dr. Tobias Licha, Umweltgeologe an der Ruhr-Universität Bochum. Im Gespräch mit den FREIEN BAUERN erläutert er, wie seine Arbeit funktioniert und warum landwirtschaftliche Betriebe durch präzise Analysen häufig entlastet werden.
„Unsere Arbeit erinnert manchmal an ‚CSI: Miami‘“
Prof. Licha beschreibt seine Arbeit mit einem Augenzwinkern als naturwissenschaftliche Detektivarbeit:
„Richtig, es erinnert ein wenig an ‚CSI: Miami‘. Nur dass ich nicht nach Verbrechern suche, sondern danach, wie viel Verschmutzung aus der Landwirtschaft stammt und wie viel aus städtischen Quellen.“
In den 1990er Jahren sei jedoch – ohne wissenschaftliche Basis – politisch festgelegt worden, dass vor allem landwirtschaftliche Betriebe verantwortlich seien. Viele NGOs hätten sich daraufhin auf diesen vermeintlichen „Hauptverursacher“ fokussiert, andere Quellen aber kaum betrachtet.
„Die größten Verursacher? Oft städtische Quellen – nicht die Bauern“
Eine pauschale Prozentzahl könne man laut Licha nicht nennen:
„Es hängt immer vom jeweiligen Einzugsgebiet ab.“
Doch überall zeige sich ein wiederkehrendes Muster:
- Undichte Abwasserkanäle
- Überlastete Regenrückhaltebecken, die faktisch zu Regenüberlaufbecken geworden sind
- Unzureichend ausgebaute städtische Infrastrukturen
Dies seien zunehmend relevante Verschmutzungsquellen.
„Das ist ein Missstand. Kein Landwirt würde einfach seine Jauchegrube in ein Gewässer leiten. Bei Kommunen aber gelten viele Altanlagen quasi als Gewohnheitsrecht.“
Fallbeispiel: Hühnerhof unter Verdacht – Umweltforensik bringt die Wahrheit ans Licht
Besonders deutlich wird der Nutzen präziser Analytik an einem Fall auf der Schwäbischen Alb. Dort geriet ein Hühnerhof mit 40.000 Tieren in den Fokus, nachdem in der Gallusquelle E. coli-Bakterien nachgewiesen worden waren.
Die lokale Bevölkerung – rund 4000 Menschen – war überzeugt:
➡️ Der Hühnerhof ist schuld.
➡️ Der Betrieb müsse schließen.
Doch Prof. Lichas Team untersuchte die Proben im Detail – und fand in zwei Dritteln aller Proben Koffein.
Ein klarer Hinweis:
„Hühner halten kein Kaffeekränzchen.“
Die Ursache lag ganz woanders:
Das Regenrückhaltebecken im Gebiet war in den 1970ern für 2000 Einwohner gebaut worden. Durch Bebauung, Versiegelung und Bevölkerungswachstum wurde es überlastet und verwandelte sich in ein Überlaufbecken – Keime und Abwässer gelangten so in die Quelle.
Nach dem Umbau des Beckens war das Problem vollständig gelöst.
Der Hühnerbetrieb hatte keinerlei Schuld.
Umweltforensik schafft Fairness – und schützt bäuerliche Existenzen
Der Fall zeigt eindrucksvoll:
- Wissenschaftliche Untersuchungen verhindern falsche Anschuldigungen
- Betriebe werden entlastet
- Kommunale Fehlentwicklungen werden sichtbar
- Maßnahmen werden zielgenau – statt ideologisch – umgesetzt
„Eine genaue Untersuchung kann Betriebe entlasten und mitunter sogar vor Existenzbedrohungen schützen.“
Fazit: Die pauschale Schuldzuweisung an Landwirte ist wissenschaftlich nicht haltbar
Moderne Umweltanalytik belegt klar:
Die Landwirtschaft ist heute – dank strenger Vorgaben und guter Praxis – weit weniger Verursacher von Wasserproblemen, als oft behauptet wird.
Viele Belastungen stammen aus kommunaler Infrastruktur, urbanen Abflüssen und überholten Abwassersystemen, die dringend modernisiert werden müssten.
Umweltforensik sorgt somit für Fakten statt Vorurteile – und für mehr Fairness gegenüber landwirtschaftlichen Betrieben.
Quelle: Freie Bauern
Bildquelle: Moderner-Landwirt Archiv
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