Die FREIEN BAUERN, Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, haben Bundesfinanzminister Christian Lindner vorgeworfen, durch sein Veto eine marktwirtschaftliche Reform der Milchlieferbeziehungen und damit eine Stärkung der Milcherzeuger in der Wertschöpfungskette zu blockieren.
„Alle Vertreter der Liberalen, mit denen wir das Thema in den vergangenen sieben Jahren erörtert haben, waren ausdrücklich für mehr Wettbewerb auf dem Milchmarkt, insbesondere die Agrarpolitiker der FDP haben uns dies immer wieder versichert, aber seit einiger Zeit will niemand mehr mit uns darüber reden“, wundert sich Peter Guhl von der Bundesvertretung der FREIEN BAUERN.
Nach ihm vorliegenden internen Informationen verhindere momentan vor allem das Machtwort des Parteivorsitzenden, dass die Bundesregierung eine Verordnung zur Einführung von Marktwirtschaft für den Rohstoff Milch beschließen kann, so der 58jährige Milchviehhalter aus dem mecklenburgischen Vorderhagen:
„Hier geht es einzig und allein um die großen Molkereikonzerne, die keinen Wettbewerb wollen. Lindner mischt sich ein in einen Bereich, der ihn überhaupt nichts angeht, stellt sich schützend vor das Großkapital und schadet unserer Landwirtschaft.“
Die FREIEN BAUERN fordern seit langem eine Umsetzung des Artikels 148 der Europäischen Marktordnung, nach der für alle Milchlieferungen vorab Verträge mit konkret bezifferten Mengen und Preisen abzuschließen sind. Derzeit müssten die Milchviehhalter ihre gesamte Milch an jeweils nur eine Molkerei liefern, die nachträglich den Preis festlegt, kritisiert Guhl:
„So etwas gibt es nirgendwo sonst in unserer Wirtschaft – wir produzieren ins Ungewisse, alle anderen bedienen sich, und am Ende müssen wir nehmen, was übrig bleibt.“
Diese Praxis aus dem Genossenschaftswesen des 19. Jahrhunderts sei nicht mehr zeitgemäß und benachteilige einseitig die Milchviehhalter, meint Guhl. Mit einer Vertragspflicht hingegen wären die Molkereien gezwungen, sich selber um den Einkauf des Rohstoffs Milch zu kümmern, Angebot und Nachfrage würden den Preis regeln und damit die Produktion ins Gleichgewicht bringen:
„Vielleicht muss jemand dem Chef der Liberalen nochmal erklären, wie Marktwirtschaft funktioniert.“
Dass ausgerechnet der Bundesvorsitzende der FDP das erste und bisher einzige Reformvorhaben der Ampelkoalition blockiert, das mittelfristig die ökonomische Lage von Landwirten verbessern würde, dürfe deshalb nicht hingenommen werden, argumentieren die FREIEN BAUERN. Guhl:
„Der Finanzminister war treibende Kraft hinter den Steuererhöhungen, er verantwortet in letzter Konsequenz die Streichung des Agrardiesels – und jetzt stellt er sich mit seiner geballten Inkompetenz dagegen, dass wir Milchviehhalter am Markt bessere Einkommen erzielen können, um die Steuerlast zu tragen.“
Diese Verweigerungshaltung sei wirtschaftsfeindlich, sie verrate liberale Prinzipien und werfe zudem Zweifel auf, ob die Partei in der Agrarpolitik noch handlungsfähig sei, moniert der Landwirt:
„Es ist sicherlich verdienstvoll, das eine oder andere grüne Hirngespinst zu verhindern, aber es reicht nicht aus. Wo bleibt der positive Gestaltungswille der FDP? Lindner ist untragbar geworden.“
Quelle: Freie Bauern
Bildquelle: Freie Bauern
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