Mit der Ankündigung von EU-Agrarkommissar Christophe Hansen am 29.07.2025, die EU-Verordnung zur Weidehaltung zu öffnen, kam es zu einem entscheidenden Durchbruch einer Erfolgsgeschichte bäuerlichen Widerstands: Die Agrarministerkonferenz (AMK) kann jetzt ein geändertes Weidepapier erarbeiten.
Die Interessengemeinschaft „Kein Zwang zur Weide“ begrüßt die aktuelle Ankündigung von EU-Agrarkommissar Christophe Hansen, die EU-Öko-Verordnung zur Weidehaltung noch in diesem Jahr zu öffnen. Damit soll laut Hansen den Co-Gesetzgebern die Möglichkeit gegeben werden, gezielte und praxisnahe Änderungen zu erarbeiten.
„Dieser Schritt ist ein großer Erfolg für unsere bäuerlichen Familienbetriebe! Er wurde nur möglich durch unsere monatelangen, hartnäckigen Aktionen und die gegenseitige Unterstützung durch Hubert Heigl als starker Partner gemeinsam mit Naturland sowie des Bayerischen Bauernverbandes mit seinem Präsidenten Günther Felßner, der sich immer mit Nachdruck für eine faire Lösung eingesetzt hat.“, betont Jens-Martin Keim, Sprecher der IG.
Die IG „Kein Zwang zur Weide“ hat seit Jahresbeginn intensiv für eine Änderung des fehlerhaften Weidepapiers gekämpft – im Interesse der vielen, unmittelbar betroffenen Bio-Familienbetriebe, die durch die derzeitige Auslegung des fehlerhaften Weidepapiers massiv gefährdet sind.
Mit zahlreichen – leider immer wieder vergeblichen – Anträgen an das bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) versuchte die IG, auf die unhaltbare Situation hinzuweisen.
Nach den ersten, unsicheren und zu bürokratischen Vorschlägen des StMELF Anfang Januar (Einzelausnahmen durch Härtefallregelungen und verlängerte Fristen) – erreichten die IG keine Antworten mehr trotz wiederholter Anfragen, Anträge und Bitten der betroffenen Bio- Familienbetriebe. Ohne Resonanz verliefen leider auch die medienwirksamen Mahnwachen und der Trauermarsch vom Maximilianeum (Bayerischer Landtag) quer durch die Münchener Innenstadt zum Ministerium.
Zur Erinnerung: Bereits im März dieses Jahres hatte die IG ein fundiertes Positionspapier mit Kernforderungen erstellt, die jetzt in die von EU-Kommissar Hansen zugesagte Änderung der EU-Verordnung einfließen sollen.
Jens-Martin Keim, Sprecher der IG betont: „Unterstützung fanden wir weder beim StMELF noch bei Bioland – dort wurden Anträge zur Überarbeitung der Bioland Weiderichtlinie auf der Bundesdelegiertenversammlung Anfang März nicht zugelassen. Erst die Unterstützung von Naturland und dessen Vorsitzendem Hubert Heigl sowie vor allem vom Bayerischen Bauernverband (BBV) unter dessen Präsidenten Günter Felßner brachte Bewegung in die Sache. Ihnen gilt unser ausdrücklicher Dank.“
Jetzt sind AMK und StMELF gefordert – keine Minimallösung mit Härtefällen!
Doch die Gefahr ist groß, dass das StMELF und andere Länder-Ministerien erneut lediglich Härtefallregelungen und Fristverlängerungen einarbeiten wollen. Damit würden die IG-Forderungen nicht umgesetzt und die Betriebe blieben ohne Planungssicherheit.
„Die AMK – und vor allem das für uns zuständige Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) – müssen diese Gelegenheit nutzen, die Forderungen der IG und das von BBV und Naturland modifizierte „Weidepapier 2.0“ als Mindeststandard in die anstehenden Änderungsentwürfe einzuarbeiten. “, betont Jens-Martin Keim, Sprecher der IG.
Forderungen der IG:
Klare Mindestbedingungen im Sinne des Tierwohls und der Praxis.
Die IG stellt klar: Die Änderungen müssen in einem großzügigeren Rahmen verankert werden, um den unterschiedlichen Betriebsstrukturen und regionalen Gegebenheiten mit hoher Flexibilität gerecht zu werden.
Wesentliche Punkte sind insbesondere, aber nicht abschließend:
- Wegfall des pauschalen Weidezwangs für alle Tiergruppen. Stattdessen: mindestens eine Tiergruppe pro Betrieb muss Weidezugang erhalten, angepasst an Hofstruktur, Region und Tierschutz.
- Anerkennung von zertifizierten Alternativen wie Ausläufen, Ganzjahreslaufställen oder Hybridmodellen als gleichwertige Lösungen zum Weidegang – sofern Tierwohl und Bewegungsfreiheit gewährleistet sind.
- Berücksichtigung von Klima- und Wetterextremen. Flexibilität statt starrer Kalenderlogik: Hitzetage, Dürre, Starkregen oder Frost müssen berücksichtigt werden.
- Praxisgerechte Regelungen zur Standort- und Betriebssicherheit. Straßenquerungen, Bahnlinien, Hanglagen und Schutzgebiete dürfen keine unkalkulierbaren Risiken für Tiere und Menschen darstellen.
- Verbindliche Planungssicherheit für Betriebe. Keine reinen Härtefallregelungen als bloße Ausnahmen, die Betriebe in jahrelanger Unsicherheit lassen.
- Einfachere Dokumentationspflichten. Bürokratieabbau: Ein klarer, nachvollziehbarer Fahrplan statt komplizierter
Jetzt handeln!
„Wir danken unserem Ministerpräsidenten Dr. Markus Söder ausdrücklich, der uns seine persönliche Unterstützung zugesagt und damit diese Thematik zur Chefsache erklärt hat. Er hat Wort gehalten! Wir vertrauen auf seine bekannten Führungsqualitäten und gehen davon aus, dass die bisher zurückhaltende Staatsministerin Michaela Kaniber nunmehr auf der Grundlage dieser Mindestanforderungen eine klare Position in der AMK bezieht. Und damit für die Bio-Betriebe in Bayern nach dieser neuen Maßgabe proaktiv eintritt. Denn wir dürfen nicht vergessen: Es geht um den Erhalt hunderter Bio-Familienbetriebe in Süddeutschland, um Planungssicherheit und Tierwohl. Nur mit einem klaren politischen Signal aus Bayern wird die AMK einen geforderten, tragfähigen Änderungsentwurfvorlegen.“, erklärt Keim.
»Wir haben mit unseren Aktionen eine Tür aufgestoßen – jetzt muss Bayern mit aller Kraft vorangehen.«
Die IG weist ergänzend darauf hin, dass ein Verwässern der Forderungen nicht nur den Bio-Betrieben schaden, sondern auch den Importdruck erhöhen würde:
„Wenn heimische Biomilchproduktion wegbricht, müssen Molkereien mehr importieren – das kan nicht im Sinne von Bayern und Deutschland sein“, so Keim abschließend.
»Unsere Bio-Familienbetriebe brauchen echte Planungssicherheit, keine Minimallösungen.«
Quelle: IG „Kein Zwang zur Weide“
Bildquelle: Moderner-Landwirt Archiv
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