Im Workshop „Methanverluste beim Rind über Fütterung und Zucht mindern?“ anlässlich der 75. Jahrestagung der GfE (Gesellschaft für Ernährungsphysiologie) wurde dieser Thematik mit vier Beiträgen besondere Beachtung gewidmet. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass Wiederkäuer in der Kritik stehen, in hohem Maße an der Emission klimaschädlicher Gase wie Methan beteiligt zu sein.

Biologisch betrachtet ist die Methanbildung des Rindes das Resultat einer langen und außerordentlich wirksamen evolutionären Entwicklung. Erst diese Entwicklung hat ermöglicht, dass Rinder und andere Wiederkäuer pflanzliche Nahrung verwerten können, die Menschen und andere Tiere nicht nutzen können. Dazu zählen insbesondere Gerüstkohlenhydrate (Faserstoffe) aus beispielsweise Gras oder allgemein aus Grobfuttermitteln, wodurch der Nahrungskette in beträchtlichem Umfang Ressourcen erschlossen werden. Allerdings bedeutet die Methanabgabe für den Wiederkäuer einen Verlust an Energie mit Umweltwirkung. Weiterentwickelte Methoden der Fütterung und Zucht könnten helfen, diesen Zielkonflikt zukünftig zu entschärfen.
 
Die GfE weist darauf hin, dass die Thematik bereits eine intensive Bearbeitung erfährt, viele Fragen allerdings weiterhin offen sind bzw. noch wissenschaftlich bearbeitet werden.
Der Workshop ging folgenden Fragestellungen nach:
 
PD Dr. Björn Kuhla (Institut für Ernährungsphysiologie, Leibniz-Institut für Nutztierbiologie, Dummerstorf) legte eingangs die „Grundlagen der ruminalen Methanproduktion, deren Bedeutung für den Treibhausgaseffekt und natürliche Grenzen der Methanreduktion“ dar. Im Einzelnen stellte er fest, dass Wiederkäuer aufgrund ihres quantitativen Beitrags zu den globalen Treibhausgasemissionen mit weniger als 5 Prozent der Gesamtemissionen nicht als allgemeine „Klimakiller“ bezeichnet werden dürfen. Dennoch haben Wiederkäuer Anteil an den Emissionen, der über verschiedene Ansätze um mehr als 30 Prozent verringert werden könnte. Wirksamer und erstrebenswerter scheint jedoch eine Kombination von Maßnahmen zu sein, die auf eine optimierte Fütterung zur Erhaltung der Tiergesundheit abzielt und gleichzeitig eine Reduzierung von Methanemissionen und eine verstärkte Kohlenstoffbindung im Boden anstrebt. Letzteres kann durch intelligente Weidehaltungskonzepte unterstützt werden.
 
Sehr aussichtsreiche Möglichkeiten zur „Nutzung von mittleren Infrarotspektren (MIR) der Milch zur Abschätzung der Methanemission von Kühen“ präsentierte Herr Prof. Dr. Nicolas Gengler (Gembloux Agro-Bio Tech, Universität Lüttich, Belgien). MIR-Spektren werden bereits routinemäßig, wiederholbar und in großem Maßstab zur Abschätzung der Milchzusammensetzung, aber auch zur Schätzung der Methanemissionen verwendet. Mit zuverlässigen Aussagen zu den tierindividuellen Methanemissionen könnten langfristig Management und Zucht erheblich profitieren. Voraussetzungen sind eine Standardisierung der Auswertung der MIR-Spektren und die Gewährleistung der Anwendbarkeit der Gleichungen zur Abschätzung der Methanwerte bei Verwendung von Futterzusätzen, die die Methanbildung im Vormagen beeinflussen.
 
Zur „Rolle der Genetik für die Methanemission bei Rindern“ berichtete Prof. Dr. Hermann H. Swalve (Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale). Der Fokus lag dabei auf den genetischen Einflüssen des Wirts auf das Mikrobiom des Pansens. Die Variation der Methanemissionen bei gleicher Fütterung und Leistung wird teils genetisch determiniert, die Messung der Methanemission beim Einzeltier ist sehr aufwändig. Ein erfolgreich verfolgter Ansatz ist die „Laser-Methanmessung“ in der Atemluft der Kuh, die Festlegung konkreter Merkmale ist aktuell in Diskussion. Hierbei sind auch ökonomische Aspekte und Korrelationen mit anderen Merkmalen zu beachten. Grundsätzlich ist zu hinterfragen, ob auch das Mikrobiom an sich stärker züchterisch zu bearbeiten ist und welche Zuchtstrategie die größten Erfolge verspricht.
 
Im vierten Beitrag ging Prof. Dr. Michael Kreuzer (Institut für Agrarwissenschaften, Eidgenössische Technische Hochschule, Zürich, Schweiz) auf die möglichen Maßnahmen zur „Steuerung der Methanemission durch die Fütterung“ ein. Hier scheint die Liste an Maßnahmen, die in die „Toolbox“ zur Methanreduktion aufgenommen werden sollen, recht umfangreich und die Effizienz, der Preis und die Nebenwirkungen, insbesondere auf die Leistung, variieren stark. Daher ist es auch unwahrscheinlich, dass es die eine Maßnahme gibt oder geben wird, die für alle Betriebe gleichermaßen geeignet ist. Einzelne Minderungsmaßnahmen müssen auch auf ihre Wirkungen auf andere Emissionen wie Stickstoff (z.B. Lachgas, Ammoniak oder Nitrat) untersucht werden. Einige Produkte zeigen Effekte gegen mehr als eine Emissionsart (z. B. Tannine), andere dagegen nicht (z. B. Lipide). Insgesamt ist es ratsam, die schnelle Umsetzbarkeit der Maßnahmen für Tierproduktionssysteme vor dem Hintergrund der wesentlich kürzeren Halbwertszeit von Methan in der Atmosphäre gegenüber Kohlendioxid mit zu betrachten, um entsprechend schnelle Auswirkungen auf bzw. gegen die globale Erwärmung zu erzielen.
 
Die einzelnen Beiträge wurden in den Proceedings zur 75. Jahrestagung der GfE (16. bis 18. März 2021) veröffentlicht. Diese können online unter: https://www.dlg-verlag.de/shop/proceedings-of-the-society-of-nutrition-physiology-band-30.html) erworben werden. Weitere Informationen zur GfE sind unter www.gfe-frankfurt.de zu finden.

Quelle: DLG

Bildquelle: ML-Archiv


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