Pressemitteilung von LSV Deutschland im O-Ton:

1,2 Cent je Kilogramm Milch für die Haltungsformen der Stufe 2. Allerdings – Achtung! – nur für die tatsächlich im Laden verkaufte Ware. So entschied jetzt die Elefantenrunde der QM-Gremien. „Damit werden die gleichen Fehler, die man bereits bei der GVO Milch gemacht hat nicht nur wiederholt sondern noch übertroffen! Wieder eine Entscheidung zu Lasten der deutschen Milchbauern UND der Bevölkerung! Denn die erwartet zu Recht, hier produzierte Milch und aus ihr verarbeitete Milchprodukte auch im Laden finden zu können.“, kommentiert LSVD-Milchexperte Jann Harro Petersen. Wie konnte es so weit kommen?

Das Konstrukt QM-Milch

Seit Juni 2020 ist der BVLH (Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels e.V.) ein Kernmitglied in den Gremien des QM-Milch e.V.. Um diesen Posten zu ergattern liebäugelte man seitens des Lebensmitteleinzelhandels mit einer Tierwohl-Zertifizierung durch die DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e.V.). Ziel der Zusammenarbeit: das seit zwei Jahrzehnten installierte QM-Zertifizierungssystem nun endlich auslobungsfähig zu machen. In  einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 20.05.2020 hieß es noch: „Die Unterzeichner der Absichtserklärung sind sich einig, dass der höhere Aufwand angemessen im Einkauf von Rohmilch und Milchprodukten berücksichtigt werden muss. Die Vertreter der Wertschöpfungskette Milch freuen sich auf eine enge Zusammenarbeit”.

Man kann sich nur verwundert die Augen reiben, wenn man sich vor Augen führt wer nun dieses  „Ergebnis” für die Landwirte erwirkt hat. Vorstandsvorsitzender ist Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands (DBV e.V.). Weitere Mitglieder des Vorstands sind: Dr. Torsten Memmert, Geschäftsführer des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV e.V.), Eckhard Heuser Hauptgeschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes (MIV e.V.) und Franz Martin Rausch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband des Deutschen Lebensmitteleinzelhandels (BVLH). Stimmberechtigte Mitglieder im Fachbeirat werden in Anzahl gestellt vom BVLH 3,  DBV 6,  DRV 3, MIV 3 sowie fünf weiteren Mitglieder mit Stimmrecht der Regionalstellen. 

„Angesichts dieser Stimmenverhältnisse ist es kaum nachvollziehbar warum ein derart schlechtes Ergebnisse erzielt wurde. Beruhten doch die 1,2 Cent auf einem von der Edeka indizierten Gegengutachten, während die Verarbeiter ihrerseits mit 3,2 Cent ins Rennen gegangen sind, die aus heutiger Sicht auf veralteten Daten beruhten.“, heißt es aus der Fachgruppe Milch weiter.

Die aktuelle Milchmarkt-Situation

Die Einführung der 1,2 Cent auf verkaufte Ware geschieht in einen aktuellen Milchmarkt, der  eine Rohstoffverwertung über Butter und Magermilchpulver weit jenseits der 50 Cent ab Hof ohne Mehrwertsteuer, ohne GVO und ohne irgendeine Nachhaltigkeitszertifizierung ermöglicht. Diese Tatsache zeigt die gesamte Dysfunktionalität des aktuellen Systems auf eindrucksvolle Weise auf. Die ausbeuterische Preispolitik der Lebensmitteleinzelhändler sorgt lediglich für eine sich verstärkende Exportorientierung der Milchverarbeiter. Das daraus resultierende Vakuum an heimischen Milchprodukten wird wiederum durch Importe gefüllt.

Vergütung für Erzeuger reformieren!

Selbstverständlich sind die deutschen Landwirtinnen und Landwirte bereit, höhere Standards umzusetzen – so diese entsprechend vergütet werden, und zwar aufgeschlagen on top auf eine zu definierende Preisbasis. Es ist dringend angezeigt, diesen groben Unfug abzubrechen und Verhandlungen im Sinne der Erzeuger aufzunehmen.

Ein weiteres Marktversagen wurde den Milchbauern in der letzten Woche vor Augen geführt mit der Bekanntgabe der sogenannten Trinkmilch-Abschlüsse, die eine Erhöhung von lediglich Null bis drei Cent beinhalten und ebenfalls von einem nicht funktionierenden System, im Sinne der Landwirte, innerhalb Deutschlands zeugen. „Ob man von Seiten der Verarbeiter nicht willens oder nicht in der Lage war, marktkonforme Abschlüsse zu tätigen bedarf dringend einer genauen Analyse und daraus folgend Konsequenzen um dieses sich ständig wiederholende Possenspiel nachhaltig abzustellen.“, findet Jann Harro Petersen.

Politik muss Forderungen flankieren und Rahmenbedingungen schaffen!

Politisch flankiert werden müssen diese Reformen zunächst durch eine Zerschlagung des Oligopols der vier großen LEH sowie der Abschaffung der Handelsmarken. Nur so kann sichergestellt werden, dass es auch tatsächlich Abbruch-Optionen gibt für die Anbieter. Des Weiteren ist es dringend angezeigt, sich die Sektorstrategien Milch noch einmal vorzunehmen und alle notwendigen Schritte hieraus abzuleiten. Hier dürfte weniger ein Erkenntnisproblem als vielmehr ein Umsetzungsproblem vorliegen. 

Ein weiter so kann und darf es nicht geben wenn die Milchviehhalter nicht das gleiche Schicksal ereilen soll wie die schweinehaltenden Berufskollegen!

Wir kämpfen für die Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland, für unsere Höfe, unsere Familien, unsere Existenzen.
LSV Deutschland – wir denken in Generationen!

Quelle: LsV Deutschland

Bildquelle: Moderner Landwirt-Archiv


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