Heute erreichte uns ein Leserbrief zu den Themen Green Deal, Farm to Fork und der Agrarwende, warum Protestieren die Landwirte dagegen?

Und was bedeuten diese Maßnahmen für die Zukunft der Landwirte?

Die Arbeitstitel klingen ja erst mal toll. Wer die Inhalte nicht kennt und schon gar nicht die Auswirkungen und weiteren Folgen begreift, verknüpft solche Arbeitstitel mit Attributen wie: Klimafreundlich, Umweltschonend, Nachhaltig, Sicher und Tierfreundlich – Lauter tollen Sachen. Also alles Prima?

Eben nicht.

Im Bereich Landwirtschaft geht es in zahlreichen Punkten um Extensivierung. Sei es ein weiteres Stück weniger Düngung, einschneidende Beschränkungen und Auflagen beim Pflanzenschutz, Zwang zu mehr Stilllegungen, mehr Schutzgebiete oder ein sehr ambitionierter Zielkorridor für den Bio Anteil. 

Zweifelsohne wird das auf den hiesigen Flächen auch einen gewissen Effekt bedeuten. Mal der ein oder andere Schmetterling hier, mal einige Liter Diesel (Emission) eingespart da – Da kann sich dann die Politik mit brüsten.

Wo ist da das Problem?

Dass nicht entscheidend ist, wonach sich der Titel eines Maßnahmenbündels anhört, sondern was es unterm Strich bewirken wird.

Denn: Nicht das Erzählte reicht, sondern das Erreichte zählt!

Die genannten Maßnahmen haben allesamt einen gemeinsamen Haken: Sie alle führen zu weniger erzeugter Nahrung!

Laut ersten Folgenabschätzungen zum Beispiel des Instituts für Agrarökonomie der Universität Kiel sind Einbrüche der EU-Nahrungsproduktion von etwa 20% zu erwarten. Da geht es gleich mal um viele Millionen Tonnen.

Es wird aber deswegen kaum jemand in der EU auf 20% seiner Nahrung verzichten oder dem Haustier weniger zu fressen geben. Nein. Der Bedarf wird annähernd konstant bleiben.

Also werden die hier durch den „Green Deal“ aufgerissenen Produktionslücken zwangsläufig gestopft werden müssen. Und zwar durch IMPORTE. Die Mengen die dazu gebraucht werden, liegen aber in den Ländern nicht auf Vorrat herum, sondern müssen dort dann erzeugt werden. Und zwar ZUSÄTZLICH zur schon jetzt laufenden Erzeugung.

Zum einen sind damit die im „Green Deal“ angepriesenen Einspareffekte bei Emissionen und sonstigen Umweltauswirkungen restlos dahin. Einfach nur woanders hin verlagert. Null Effekt (Außer, dass sogar noch erhebliche Emissionen für den Transport zu uns dazu kommt).

Zum anderen fehlt für die ZUSÄTZLICHE Mehrproduktion freie Fläche. So gut wie alle ackerbaulich nutzbare und freie Fläche der Welt ist bereits Acker.

Will man die Erzeugung nennenswert ausdehnen, müssen neue Anbauflächen frei gemacht werden. Klingt vielleicht harmlos, ist es aber nicht. Es heißt nämlich zwangsläufig, dass diese (unberührten) Flächen der Natur abgenommen werden. Allem voran da, wo heute Regenwald steht. Der Artenreichste Lebensraum überhaupt und das Zünglein an der Waage, wenn es drum geht, ob Klimaschutz gelingen kann, oder nicht.

An den Jahr für Jahr neuen Rekorden bei der Brandrodung am Amazonas sind wir schon heute mit schuldig. Mit dem „Green Deal“ wird sich das Rodungstempo enorm beschleunigen. Es geht nicht um ein paar einzelne Bäume, sondern viele Millionen Hektar Regenwald.

Die plakativen paar Schmetterlinge und paar Liter Diesel hierzulande, die sich die Politiker auf die Fahnen schreiben möchten, werden also erkauft mit massiver Brandrodung, Lebensraumverlust, Umweltzerstörung, Emission usw. woanders auf der Welt. Plus die klimaschädlichen Transporte (schwerölbetriebene Frachter) nach Europa. Die Schäden, die der „Green Deal“ zwangsläufig in der Welt anrichtet, übersteigen die postitiven Aspekte innerhalb der EU bei weitem.

Unterm Strich folglich eine erhebliche Verschlechterung für Klima, Umwelt, Artenschutz usw. Die sozialen Aspekte (zerstörte Existenzen hier, ausgebeutete Landarbeiter in Übersee…) kämen noch oben drauf.

Zudem wird unser aller Essen durch mehr Importe im Schnitt schlechter, da die restliche Welt in Punkto Standards der EU meilenweit hinterher hinkt. Siehe Gentechnik, eingesetzte Planzenschutzmittel, Rückstansgehalte, Hormone, Antibiotika, fehlende Betäubung beim Schlachten, mangelhafte Hygiene, gänzlich fehlende Kontrollen uvm.

Außerdem: 

Die Landwirtschaft ist ja nicht nur Emittent. Die Pflanzen auf den Anbauflächen nehmen auch gewaltige Mengen CO2 aus der Atmosphäre auf und binden sie. Nur 2 Branchen nehmen mehr CO2 auf, als sie emittieren. Forstwirschaft und Landwirtschaft. Zauberwort: Photosynthese. Und je höher die Erntemengen, desto mehr CO2 wird gebunden.

Fatal, wenn jede Tonne eingesparte Emission durch weniger eingesetzten Diesel und Dünger dann so viel weniger Photosyntese bedeutet, dass 5 Tonnen CO2 weniger gebunden werden.

Es ist geradezu absurd, die Landwirtschaft zu erheblich weniger (eigentlich doch erwünschter) CO2 Bindung zu zwingen.

Aber diese Effekte werden im „Green Deal“ nicht berücksichtigt oder eben gezielt verschleiert.

Am Ende heißt es dann: „Seht her, während anderswo die Emissionen stiegen, haben wir in der EU einen Rückgang der Emissionen erreicht“. Der blanke Hohn.

Würden „Green Deal“ und Co unterm Strich der Umwelt, dem Klima und den Tieren wirklich helfen, wären wir Bauern (niemand sonst ist derart angewiesen auf intakte Umwelt, stabiles Klima und gesunde Tiere) damit irgendwie zu versöhnen, selbst wenn unsere Arbeit noch schlechter vergütet wird und reihenweise Betriebe geopfert werden. 

Da das Paket aber, wenn man objektiv ALLE AUSWIRKUNGEN mit einbezieht, ALLEN schadet, also der Umwelt, dem Klima, den Tieren, den Menschen und dem Bauernstand, ist der „Green Deal“ UNBEDINGT ABZULEHNEN.

Nicht weil wir gegen Klimaschutz, Umweltschutz, Tierschutz und Nachhaltigkeit sind, SONDERN WEIL WIR DAFÜR SIND.

Das Paket darf so keinesfalls durchgewunken werden. Auch bringen kleine Anpassungen oder „Schweigegeld“ für direkt betroffene Gruppen wie die Landwirte nichts. Denn schon die grundsätzliche Richtung ist völlig verkehrt. Das Paket schadet dem gesamten Planeten!

Gerner Andreas
Stadtlauringen/Birnfeld

Lesermeinungen sind die persönliche Meinung der Schreiber und entsprechen nicht unbedingt der Auffassung der Redaktion.

Bildquelle: ML-Archiv