Die Schwarzmüller Gruppe gründet ein Innovations- und Zukunftszentrum. Aufgebaut wird es vom bisherigen Leiter des Innovations- und Technologiebereichs beim Innviertler Luftfahrtspezialisten FACC, DI Dr. Christoph Schöndorfer. Er sieht es als eine seiner Hauptaufgaben, die Zukunftsfähigkeit der Transportwirtschaft im Sinne von Effizienz, Wirtschaftlichkeit und ökologischer Verträglichkeit voranzutreiben. Schöndorfer nimmt die Arbeit mit März 2021 auf. Das Innovations- und Zukunftszentrum werde außerhalb der hauseigenen Entwicklungsabteilung angesiedelt und habe die Aufgabe, langfristige Perspektiven aufzuzeigen.

Diese sollen sich dezidiert nicht an den etablierten Lösungen der Branche orientieren, betonte CEO Roland Hartwig heute, Mittwoch, 10.Februar, bei der Bekanntgabe des neuen Projektes in der Konzernzentrale Hanzing in Freinberg bei Schärding.

Für Hartwig steht der Nutzfahrzeugbau vor einer entscheidenden Phase. Der LKW werde mittelfristig völlig neu definiert, nicht nur beim Antrieb, sondern auch bei der Steuerung und letztendlich in seinen Gesamtfunktionen. Der Anhänger werde zwar weiterhin existieren, weil die Transportgüter eine Plattform für die Bewegung von A nach B benötigen. Aber wie genau dieses Transportgefäß angesichts der sich abzeichnenden Veränderung der Zugmaschine aussehen werde, könne heute noch niemand sagen. „Wir wollen als führender Premiumhersteller in Europa vorangehen und mit Nachdruck Antworten für morgen entwickeln“, begründete Hartwig seine Entscheidung. Das neue Zentrum stehe auf eigenen Beinen und arbeite anders als die hauseigene Entwicklungsabteilung. Letztere konzentriere sich auf Innovationen, die rasch in den Markt gebracht werden können und die Qualität der Fahrzeuge laufend verbessern. Dabei setze sein Unternehmen in vielen Fahrzeugsegmenten die Standards, erläuterte Hartwig. Beispielsweise biete Schwarzmüller als einziger Hersteller in allen Produktgruppen Leichtbau- Fahrzeuge an. Das Innovations- und Zukunftszentrum hingegen frage sich, welche Lösungen es in fünf bis zehn Jahren geben könnte. Die Vorgabe sei, disruptiv zu denken, die etablierten Wege zu verlassen und ganz neue Zugänge zu finden.

Erfahrungen aus der Luftfahrtindustrie


Der Leiter des neuen Zentrums betonte, es sei eine seltene Chance, eine derartige
Einrichtung von der grünen Wiese weg zu planen. Wenn ein innovatives und leistungsfähiges Unternehmen wie Schwarzmüller sich dafür entscheide, sei der Erfolg vorprogrammiert. Er bringe unter anderem die Erfahrungen aus der Luftfahrtindustrie mit, die in den vergangenen Jahren einen fundamentalen Paradigmenwechsel von etablierten Lösungen aus Metall hin zu völlig neuen Materialien und Prozessen vollzogen hat. Auch beim Bau von Anhängern werde
man neue Möglichkeiten identifizieren.

Bionische Strukturen bergen Potenziale


Schöndorfer will sich um verschiedene Bereiche kümmern. Industrieller Leichtbau mit neuen Materialien sei ein naheliegender Ansatz, weil Schwarzmüller hier schon sehr stark agiere. Die Chancen liegen beispielsweise in der Übertragung bionischer Strukturen, die in dieser Branche größtenteils noch keine Anwendung finden. Einen enormen Schub erwartet Schöndorfer bei der Nutzung der Telematik und durch völlig neue Ansätze in der Sensorik. „Die Anhänger können noch viel intelligenter werden. Damit werden sich heute noch ungeahnte Servicemöglichkeiten und Geschäftsmodelle entwickeln – für den Nutzer und Betreiber genauso wie für uns als Produzenten.“ Schwarzmüller wird 2021 als erster Hersteller alle Fahrzeuge mit telematischen Systemen ausliefern. Aber auch mit der Produktionsoptimierung wird sich Schöndorfer beschäftigen, hier eröffnet die Quanteninformatik neue Wege zur Planung. Schöndorfer wird sein Team interdisziplinär aufbauen, weil aus der Auseinandersetzung der verschiedenen Disziplinen und durch die Betrachtung von Problemstellungen aus unterschiedlichen Perspektiven die tragfähigsten Konzepte entstehen.

Christoph Schöndorfer ist gebürtiger Schärdinger. Nach der Matura in seiner Heimatstadt studierte er an der Technischen Universität Wien Physik, wo auch seine berufliche Laufbahn begann. Anschließend entwickelte er in der Privatwirtschaft Lösungen zur regenerativen Energiegewinnung, vor allem durch Photovoltaik. In diesem Bereich gründete er erfolgreich das Start-up Smart Flower Energy Technology, aus dem er 2014 ausgeschieden ist. Ab 2011 war er Geschäftsführer des Techno-Z Ried. Gemeinsam mit der Rieder FACC Operations GmbH baute er ab 2013 das Prüf- und Testzentrum CoLT auf und fungierte ab 2018 bei FACC als Head of Innovation.


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