Die bereits 2019 beschlossene Grundsteuer startet in 2022 in ihre erste heiße Phase. Rund 36 Millionen Grundstücke sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe müssen neu bewertet werden. Immobilieneigentümer und alle Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs müssen dafür im Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Oktober 2022 selbst aktiv werden und eine Grundsteuerwerterklärung auf elektronischem Wege an das Finanzamt übermitteln.

„Diese Einreichungsfrist kann agrarwirtschaftliche Betriebe vor erhebliche logistische Herausforderungen stellen“, befürchtet Agrarökonom und ETL Agrar & Forst-Leiter Benjamin Hummel, „denn sie fällt in die so wichtige Getreideernte, aber auch die Haupterntezeit von einheimischem Obst und Gemüse“.

36 Millionen Grundstücke sowie land- und forstwirtschaftliche Betriebe sind auf den Stichtag 1. Januar 2022 neu zu bewerten, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2018 die Einheitsbewertung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt hatte. Das Urteil war nicht überraschend, denn die bisherige Berechnung basiert auf Grundstückswerten – den sogenannten Einheitswerten – aus 1964 für Grundstücke im ehemaligen Westteil und sogar 1935 für Grundstücke im ehemaligen Ostteil Deutschlands. Für die Neubewertung müssen alle Immobilieneigentümer und alle Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs eine neue Steuererklärung, die Grundsteuerwerterklärung, erstellen und zwischen dem 1. Juli und 31. Oktober 2022 an das Finanzamt übermitteln. Derzeit erstellt die Finanzverwaltung die neuen Erklärungsvordrucke. Zum 1. Juli 2022 soll dann die Möglichkeit zur Erfassung und Übermittlung der Steuererklärung im ELSTER-Portal freigeschaltet werden.

„Die Kürze der Zeit für die Erstellung und Übertragung der Grundsteuerwerterklärung erfordert bereits jetzt entsprechende Vorbereitungen, denn nicht jeder hat die in der Erklärung abgefragten Angaben auch zur Hand“, betont Benjamin Hummel. Benötigt werden beispielsweise frühere Einheitswertbescheide hinsichtlich Steuernummern, Aktenzeichen oder Nummerierung der Gebäude, Grundbuchauszüge und Unterlagen zur Flächenberechnung.

Land- und forstwirtschaftliches Vermögen wird nach dem sogenannten Ertragswertverfahren bewertet. Bei der Ermittlung des Ertragswertes sind die unterschiedlichen Nutzungsarten (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau, Gärtnerei etc.) zu berücksichtigen. Hinzu kommt die Bewertung der Hoffläche und der Wirtschaftsgebäude. Bei der landwirtschaftlichen Nutzung ist nicht nur die bewirtschaftete Fläche als solche zu bewerten, sondern es ist zu berücksichtigen, ob es sich um Ackerflächen handelt und wie viele Vieheinheiten zum Betrieb gehören. Die Summe dieser einzelnen Werte ergibt den Reinertrag. Um den Grundsteuerwert zu ermitteln, ist dann der gesamte Reinertrag mit einem Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren.

„Die Bewertung von Land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ist also ziemlich komplex. Land- und Forstwirte sollten sich daher schon jetzt um Unterstützung durch spezialisierte Steuerberater kümmern, um während der Getreideernte und der Haupterntezeit von einheimischen Tomaten und Gurken sowie Obst und Wein nicht so unter Zeitdruck zu geraten“, empfiehlt Benjamin Hummel.

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Quelle: ETL AG

Bildquelle: ML-Archiv