Die FREIEN BAUERN, Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, haben der Bundesregierung mangelnde Ernsthaftigkeit beim Bürokratieabbau bescheinigt.
„Wer zeitgleich ein System der satellitengestützten Überwachung und digitalen Auswertung unserer Arbeit auf den Flächen installiert und uns zwingt, dessen oft falsche Ergebnisse durch georeferenzierte Fotos mit dem Landwirtschaftsamt abzugleichen und richtigzustellen, hat schon im Ansatz missverstanden, worum es geht“, kritisiert Alfons Wolff, Bundessprecher der FREIEN BAUERN:
„Bürokratieabbau heißt doch nicht, das bestehende Übermaß an Regelungen und Kontrollen noch technisch zu optimieren, sondern wir müssen gerade die Regelungs- und Kontrolldichte deutlich verringern, den Betrieben mehr Vertrauen entgegenbringen, Eigenverantwortung stärken.“
Landwirte seien für ihren Beruf ausgebildet und bräuchten keine kleinteiligen Vorschriften, argumentiert der 63jährige Ackerbauer aus dem sachsen-anhaltinischen Hohenthurm:
„Wir wissen selber besser als jeder Sachbearbeiter, wie wir unsere Böden unter den jeweiligen Witterungsbedingungen bewirtschaften, unsere Pflanzen und Tiere bedarfsgerecht versorgen.“
Bäuerliche Familienbetriebe würden in Generationen denken, Nachhaltigkeit sei daher selbstverständlich und das dem bürokratischen Regelungs- und Kontrollwahn zugrunde liegende Misstrauen unbegründet.
„Wer verstehen will, was viele Berufskollegen gegen die herrschende Agrarpolitik aufbringt, muss nur die aktuellen Informationen zum Agrarantrag lesen“, verweist Wolff auf das in vielen Bundesländern bereits installierte digitale Kontrollsystem:
„Mitten in der Ernte, wenn wir manchmal vor lauter Arbeit nicht in den Schlaf kommen, sollen wir einmal wöchentlich ins digitale Postfach schauen, ob aus dem Weltall Vorwürfe gegen uns vorliegen, und müssen diese innerhalb von zwei Wochen mit georeferenzierten Fotos der Flächen widerlegen – sonst gilt die Satellitenauswertung als Kontrollergebnis, mit möglicherweise erheblichen Konsequenzen.“
Wenn man dann endlich, müde und verschwitzt in der Mittagspause, jemandem auf dem Amt erreicht, ist der zuständige Sachbearbeiter drei Wochen im Urlaub. Die im Aufbau befindliche Satellitenüberwachung der Feldarbeit sei Ausdruck maximaler Verachtung bürokratischer Despoten gegenüber der Landwirtschaft und dürfe keinesfalls hingenommen werden, meinen die FREIEN BAUERN. Gegen das juristisch schwächste Glied in der Kette der totalen Überwachung, die Pflicht zur Nutzung der FotoApp zur Übersendung georeferenzierter Fotos, hat die Organisation daher inzwischen Klage beim Verwaltungsgericht Potsdam eingereicht.
Der von Bundesfinanzminister Christian Lindner am 15. Januar vor dem Brandenburger Tor angekündigte Bürokratieabbau sei bisher jedenfalls eine Worthülse geblieben. Wolff:
„Uns fehlt kein neues smartes Management-Programm auf dem Handy, uns fehlt die Taste fürs Löschen.“
Die FREIEN BAUERN hätten in der Vergangenheit immer wieder konstruktive Vorschläge gemacht – von einer Aussetzung und Evaluierung der seit 2017 in Kraft getretenen Verschärfungen bei Düngung, Pflanzenschutz und Tierhaltung bis zu einer Bagatellgrenze für kleinere Betriebe, unterhalb derer Aufzeichnungspflichten und Routinekontrollen entfallen. An solchen tatsächlich wirksamen Maßnahmen für weniger Bürokratie bestehe auf Seiten der Bundesregierung offensichtlich überhaupt kein Interesse, bedauert Wolff.
Quelle: Freie Bauern
Bildquelle: Freie Bauern
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