Seit 26.05.2020 können die Empfänger der Agrarsubventionen auf der Website der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) abgerufen werden. Es geht wie immer um einen Batzen Steuergeld, nämlich 6,7 Milliarden Euro, die den Bauern, aber auch vielen anderen Begünstigten, für ihre erbrachten Leistungen 2020 in Deutschland ausbezahlt wurden.

Europaweit summierten sich die Agrarsubventionen auf 54,5 Milliarden Euro, d.h. die EU pumpte 38 % ihres Haushaltsbudgets in die Förderung des Landwirtschaftssektors. Umgerechnet 122 Euro wanderten von jedem einzelnen Staatsbürger in den Agrar-Fördertopf.

Aufgrund der Europäischen Transparenzinitiative sind seit 2012 alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, bis spätestens 31. Mai jeden Jahres, Informationen über die Empfänger (Namen und Ort) von EU-Agrarzahlungen (Höhe und Zweck) für das zurückliegende EU-Haushaltsjahr im Internet zu veröffentlichen. Außerdem müssen seit 2015 die zuständigen Behörden neben den juristischen auch die natürlichen Empfänger publizieren. Zwischendurch hatte der Europäische Gerichtshof die Nennung der Zahlungen an natürlichen Personen ausgesetzt, um eine Neiddebatte in den Kommunen zu verhindern.

Ziel der jährlichen Veröffentlichung der Empfänger-Liste seitens der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) ist es der Bevölkerung gegenüber transparent darzustellen, wie die Gemeinschaftsmittel im Agrarbereich genau verwendet werden. Neben der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der EU-Agrarfonds soll auch der sorgsame Umgang mit öffentlichen Mitteln sowie der Nutzen der Landwirtschaft für die Gesellschaft aufgezeigt werden.

Schnell wird ersichtlich, dass die Empfänger der millionenschweren Beträge nicht einzelne Bauern, sondern neben der öffentlichen Hand insbesondere landwirtschaftliche Großbetriebe im Osten Deutschlands sowie diverse andere Unternehmen sind. Insgesamt erhielten laut der BLE-Datenbank in 2020 genau 180 Empfänger über eine Million Euro.

Heraussticht das Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW), der mit 13.506.933,16 Euro im Ranking auf Platz 1, gefolgt vom Landesamt für Umwelt (LfU) mit 10.487.503,63 €  auf Platz 2 der Top-Empfänger rangiert.

Die größte Summe bei den Unternehmen erhielt wieder die Landgard Obst & Gemüse GmbH & Co. KG mit 6.043.541,88 Euro, gefolgt von der Elbe-Obst Erzeugerorganisation r.V. mit 5.028.320,61 Euro.

Die EU-Gelder, die von 2014 bis 2020 zur Verfügung stehen, stammen aus zwei Agrarfonds: dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL, auch als 1. Säule der GAP bezeichnet) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER, auch als 2. Säule der GAP bezeichnet).

Während die Direktzahlungen in Form von entkoppelten Betriebsprämien – also unabhängig von Art und Umfang der landwirtschaftlichen Produktion ist – aus dem EGFL (jährlich rund 5 Milliarden) hauptsächlich an Landwirte und Unternehmen ausbezahlt werden, dienen die Mittel aus dem ELER-Topf (jährlich 1,5 Milliarden Euro) der ländlichen Entwicklung sowie der Förderung einer nachhaltigen und umweltschonenden Bewirtschaftungsweise. Damit richten sich diese Fördermaßnahmen auch an viele andere Akteure im ländlichen Raum wie Kommunen und lebensmittelverarbeitende Betriebe. So fließt beispielsweise den Landkreisen an den Küsten große Summen für den Deichschutz zu. Auch Biobetriebe erhalten, für ihre gesellschaftlich relevanten Leistungen, aus der 2. Säule ihre Fördergelder.

Im Durchschnitt machen die Zahlungen der 1. Säule etwa 40 Prozent des Einkommens der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland aus. Seit 2015 greifen zusätzliche Ökologisierungs-Vorgaben wie die Diversifizierung des Anbaus oder der Erhalt von Grünland. Werden die sog. Greening-Auflagen nicht eingehalten, droht der Verlust von einem Drittel der Direktzahlungen. Schwerpunkte liegen auf der Förderung von Junglandwirten und kleinen sowie mittleren Betrieben. In Deutschland werden für die ersten 30 Hektar je 50 Euro mehr Direktzahlungen und für weitere 16 Hektar je 30 Euro zusätzlich gezahlt.

Laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) betrugen die Direktzahlungen 2019 im Schnitt 281 Euro pro Hektar. Das heißt, während ein Hof mit 50 Hektar jährlich nur ca. 14.000 Euro Einkommensstütze erhält, bringt es ein Großbetrieb von 5.000 Hektar auf immerhin 1,4 Millionen Euro.

Dennoch bleibt festzuhalten, dass 99,6 Prozent der Antragsteller in Deutschland jährlich weniger als 300.000 Euro Direktzahlungen aus Brüssel erhalten haben und große Ackerbaubetriebe mit einem hohen Eigenlandanteil und einer vergleichsweise geringen Wertschöpfungsintensität je Hektar von den entkoppelten Zahlungen (Flächenprämien) bis heute noch besonders profitieren.

Wie schnell zu erkennen ist, sind die Empfänger der millionenschweren Beträge nicht einzelne Landwirte, sondern neben der öffentlichen Hand insbesondere landwirtschaftliche Großbetriebe im Osten Deutschlands sowie diverse andere Unternehmen.

Top-Empfänger (> 2.5 Mio. Euro)

  • 1) Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW): 13.506.933,16 €
  • 2) Landesamt für Umwelt Potsdam (LfU): 10.487.503,63 €
  • 3) Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern: 10.480.718,38 €
  • 4) Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN): 8.763.289,59 €
  • 5) Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft: 7.944.495
  • 6) Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: 7.308.519,57 €
  • 7) Stadt Ahaus: 6.487.448,70 €
  • 8) Landgard Obst & Gemüse GmbH & Co. KG: 6.043.541,88 €
  • 9) Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz: 5.615.124,47 €
  • 10) Elbe-Obst Erzeugerorganisation r.V.: 5.028.320,61 €
  • 11) Landesbetrieb für Küstenschutz Nationalpark und Meeresschutz: 5.005.564,41 €
  • 12) Mecklenburger Ernte – Erzeugerorganisation für Obst und Gemüse: 4.893.398,64 €
  • 13) Erzeugergroßmarkt Langförden-Oldenburg eG: 4.439.688,78 €
  • 14) Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg: 4.367.269,89 €
  • 15) Vitfrisch Gemüse-Vertrieb eG: 4.236.974,07 €
  • 16) Landkreis Wittenberg: 4.227.787,49 €
  • 17) Landesbetrieb Forst Brandenburg: 4.154.963,78 €
  • 18) Wasser- und Bodenverband „Untere Elde“: 4.121.751,63 €
  • 19) Burgenlandkreis: 4.057.727,92 €
  • 20) Staatliches Bau- und Liegenschaftsamt Rostock: 3.815.854,49 €
  • 21) Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft: 3.507.913,90 €
  • 22) Stadt Borken: 3.425.677,01 €
  • 23) Landkreis Anhalt-Bitterfeld: 3.415.329,29 €
  • 24) Wasser-und Bodenverband Oberland Calau: 3.167.409,29 €
  • 25) EO Spargel & Beerenfrüchte GmbH: 3.133.830,92 €
  • 26) Stadt Bocholt: 2.896.509,71 €
  • 27) Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt: 2.877.233,63 €
  • 28) Gemeinde Hohe Börde: 2.775.081,91 €
  • 29) Agrargenossenschaft „Rhönperle“ eG: 2.614.151,39 €
  • 30) Landesforst Mecklenburg-Vorpommern: 2.613.265,87 €
  • 31) Gartenbauzentrale Papenburg eG: 2.609.938,60 €
  • 32) Marktgemeinschaft Altes Land GmbH: 2.604.983,16 €
  • 33) Salzlandkreis: 2.588.385,05 €

Ziel der jährlichen Veröffentlichung der Empfänger-Liste ist es der Öffentlichkeit gegenüber transparenter darzustellen, wie die Gemeinschaftsmittel im Agrarbereich Verwendung finden. Das betrifft sowohl die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der EU-Agrarfonds als auch den sorgsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln. Zudem soll mit der Offenlegung der Nutzen der Landwirtschaft für die Gesellschaft aufgezeigt werden. Da jeder Bürger umgerechnet 114 Euro pro Jahr in den Fördertopf zwangsläufig einbezahlt, hat die minutiöse Auskunftspflicht wohl auch ihre Berechtigung.

Jeder kann zwar selbst recherchieren, wer in Deutschland welchen Betrag aus Brüssel genau erhalten hat. Zumal die Suchmaske auf agrar-fischerei-zahlungen.de bis heute aber nicht ganz einfach zu handeln ist, hat Proplanta die aktuellen Daten des BLE jetzt detailliert ausgewertet und die Empfänger der Agrarsubventionen ebenfalls mit einer Karte anschaulich veröffentlicht.

Ob die Direktzahlungen in der Summe betrachtet tatsächlich eine einkommensstabilisierende Wirkung auch auf bäuerliche Betriebe besitzen – wie es das BMEL regelmäßig gegenüber den zahlreichen Kritikern rechtfertigt – lässt sich jedenfalls nicht klar beantworten. Das Johann Heinrich von Thünen-Institut kommt beispielsweise je nach Betrachtungszeitraum, Region, Pachtanteil und Untersuchungsansatz zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen.

Jedenfalls wenn Pachtpreise von subventioniertem Land höher ausfallen als ohne Subventionen bzw. Landwirte nicht gleichzeitig Bodeneigentümer sind, wäre zumindest das Ziel einer Einkommensstützung so gut wie nicht zu realisieren. Da in Deutschland rund 60 Prozent der Flächen als Pachtland bewirtschaftet werden legt jedoch nahe, dass verhältnismäßig geringe Subventionen an Kleinbetriebe geradezu verpuffen.

Umgekehrt bleibt festzuhalten, dass große Ackerbaubetriebe mit einem hohen Eigenlandanteil, viel Fläche sowie einer relativ geringen Wertschöpfungsintensität je Hektar von den entkoppelten Zahlungen (Flächenprämien) umso stärker profitieren.

Es ist wenig verwunderlich, dass trotz aller Transparenz die Debatte um das viele Geld, von dem aber nur wenige Betriebe profitieren, nach wie vor nicht abreißt. Ab 2021 soll der Agraretat auch noch gekürzt werden. Neuer Unmut dürfte damit vorprogrammiert sein, zumal die Corona-Krise Ihre Schatten vorauswirft.

Quelle www.proplanta.de

Bildquelle: ML-Archiv